Voraussetzungen für eine Adoption
Der Wunsch nach einem Kind ist da, die Entscheidung gefallen: Sie möchten adoptieren. Doch bevor das Kinderzimmer eingerichtet werden kann, müssen zahlreiche rechtliche Hürden genommen werden. Das deutsche Adoptionsrecht stellt strenge Anforderungen an künftige Adoptiveltern – und das aus gutem Grund. Im Mittelpunkt steht immer das Kindeswohl.
Die gesetzlichen Grundlagen für eine Adoption finden sich in den §§ 1741 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Vorschriften regeln detailliert, wer adoptieren darf, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie das Verfahren abläuft. Ohne die Erfüllung dieser Voraussetzungen wird kein Familiengericht eine Adoption aussprechen.
Altersanforderungen an Adoptiveltern
Das Gesetz schreibt ein Mindestalter für Adoptiveltern vor. Bei Ehepaaren muss ein Partner mindestens 25 Jahre alt sein, der andere mindestens 21 Jahre. Bei Einzelpersonen, die allein adoptieren möchten, gilt das Mindestalter von 25 Jahren. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Adoptiveltern über ausreichend Lebenserfahrung und Reife verfügen.
Ein gesetzliches Höchstalter existiert nicht. Allerdings spielt der Altersabstand zwischen Kind und Adoptiveltern bei der Beurteilung des Kindeswohls eine wichtige Rolle. Gerichte und Jugendämter prüfen, ob ein natürliches Eltern-Kind-Verhältnis entstehen kann. Ein sehr großer Altersunterschied kann daher im Einzelfall gegen eine Adoption sprechen, muss es aber nicht.
Persönliche Eignung und Lebensverhältnisse
Die persönliche Eignung der Adoptionsbewerber steht im Zentrum der Prüfung durch das Jugendamt. Untersucht werden die sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verhältnisse. Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern um die realistische Einschätzung, ob die Bewerber einem Kind ein stabiles und förderliches Zuhause bieten können.
Zu den geprüften Aspekten gehören die Wohnsituation, das Einkommen, der Gesundheitszustand und die Motivation für die Adoption. Auch die Partnerschaft wird beleuchtet: Wie stabil ist die Beziehung? Wie gehen die Partner mit Konflikten um? Das Jugendamt führt hierzu mehrere Gespräche und Hausbesuche durch. Diese intensive Prüfung dient ausschließlich dem Schutz des Kindes.
Praxis-Tipp: Frühzeitige Vorbereitung auf die Eignungsprüfung
Bereiten Sie sich gründlich auf die Gespräche mit dem Jugendamt vor. Reflektieren Sie Ihre Beweggründe für die Adoption ehrlich und sprechen Sie offen über Ihre Erwartungen, aber auch über mögliche Herausforderungen. Das Jugendamt schätzt Authentizität mehr als vermeintlich perfekte Antworten.
Das Kindeswohl als zentrales Kriterium
Jede Adoption muss dem Wohl des Kindes dienen. Dieser Grundsatz aus § 1741 Abs. 1 BGB ist das wichtigste Kriterium überhaupt. Die Adoption soll die Lebenssituation des Kindes verbessern und eine positive Entwicklung ermöglichen. Es reicht nicht aus, dass die Adoptiveltern gut geeignet erscheinen – die Adoption muss konkret diesem Kind nutzen.
Bei der Beurteilung des Kindeswohls fließen viele Faktoren ein: das Alter des Kindes, seine bisherigen Erfahrungen, besondere Bedürfnisse und die Frage, ob die Adoptionsbewerber diesen gerecht werden können. Bei älteren Kindern wird auch deren eigene Meinung berücksichtigt. Das Gericht holt regelmäßig ein Gutachten ein, um das Kindeswohl umfassend zu beurteilen.
Verschiedene Arten der Adoption
Adoption ist nicht gleich Adoption. Das deutsche Recht kennt verschiedene Adoptionsformen, die sich in ihren Voraussetzungen und rechtlichen Wirkungen unterscheiden. Die richtige Einordnung ist entscheidend, denn sie bestimmt das anzuwendende Verfahren und die Rechtsfolgen.
Die häufigsten Adoptionsformen sind die Minderjährigenadoption, die Stiefkindadoption und die Erwachsenenadoption. Jede Form hat ihre eigenen Besonderheiten und erfüllt unterschiedliche Zwecke. Während bei der klassischen Adoption eines fremden Kindes das vollständige Erlöschen der Beziehungen zur Herkunftsfamilie die Regel ist, kann dies bei anderen Formen anders aussehen.
Die Volladoption bei Minderjährigen
Die Volladoption ist die umfassendste Form der Adoption und gilt standardmäßig bei minderjährigen Kindern. Sie bewirkt die vollständige rechtliche Eingliederung des Kindes in die Familie der Adoptiveltern. Das Kind wird so gestellt, als wäre es leiblich in diese Familie hineingeboren worden.
Mit der Volladoption erlöschen sämtliche rechtlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern und deren Verwandten. Das Kind erhält einen neuen rechtlichen Status, oft auch einen neuen Namen. Es erbt von seinen Adoptiveltern wie ein leibliches Kind und umgekehrt. Diese vollständige Integration dient dem Ziel, dem Kind eine unbelastete neue familiäre Identität zu ermöglichen.
Offene und halboffene Adoption
Neben der rechtlichen Unterscheidung gibt es verschiedene Formen des Umgangs mit der Herkunftsfamilie. Bei einer offenen Adoption besteht weiterhin Kontakt zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern. Die Beteiligten kennen sich gegenseitig und pflegen einen mehr oder weniger intensiven Austausch.
Die halboffene Adoption stellt einen Mittelweg dar: Hier erfolgt der Kontakt indirekt, etwa über das Jugendamt als Vermittler. Briefe oder Fotos können ausgetauscht werden, ohne dass die Familien direkt in Kontakt stehen. Diese Form ermöglicht es dem Kind, seine Herkunft zu kennen, ohne dass die Adoptivfamilie ihre Privatsphäre vollständig aufgeben muss.
Beispiel: Unterschiedliche Adoptionsformen im Alltag
Familie Müller adoptiert den dreijährigen Tim. Es handelt sich um eine Volladoption mit halboffenem Kontakt. Tim erhält den Nachnamen Müller und wird rechtlich vollständig in die Familie integriert. Einmal im Jahr sendet Familie Müller über das Jugendamt Fotos und einen Brief an Tims leibliche Mutter. Diese kann ebenfalls Briefe hinterlegen, die Tim später lesen kann. So bleibt ein Bezug zur Herkunft erhalten, ohne dass direkter Kontakt besteht.
Ablauf des Adoptionsverfahrens
Das Adoptionsverfahren ist ein mehrstufiger Prozess, der sich über mehrere Monate bis Jahre erstrecken kann. Von der ersten Kontaktaufnahme bis zur rechtskräftigen Adoption durchlaufen Bewerber verschiedene Phasen. Geduld und Ausdauer sind gefragt, denn das Verfahren dient dem sorgfältigen Abwägen aller Interessen.
Der erste Schritt führt in der Regel zum zuständigen Jugendamt oder einer anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle. Diese Stellen beraten, begleiten und prüfen die Eignung der Bewerber. Ohne ihre positive Stellungnahme wird kein Gericht eine Adoption aussprechen. Die Zusammenarbeit mit diesen Institutionen ist daher von zentraler Bedeutung.
Bewerbung und Eignungsprüfung
Am Anfang steht die formelle Bewerbung bei der Adoptionsvermittlungsstelle. Erforderlich sind zahlreiche Unterlagen: Geburtsurkunden, Einkommensnachweise, polizeiliche Führungszeugnisse, ärztliche Atteste und ein ausführlicher Lebenslauf. Diese Dokumente bilden die Grundlage für die Eignungsprüfung.
Es folgen mehrere persönliche Gespräche mit den Mitarbeitern des Jugendamts. Themen sind die Motivation, die Vorstellungen vom Familienleben, der Umgang mit der Herkunftsgeschichte des Kindes und die Belastbarkeit der Bewerber. Hausbesuche ergänzen das Bild. Die Fachkräfte erstellen abschließend einen Sozialbericht, der die Eignung der Bewerber bewertet.
Vermittlung und Pflegezeit
Wird ein passendes Kind gefunden, beginnt die Vermittlungsphase. Das Jugendamt stellt einen Kontakt her und begleitet die ersten Begegnungen. Bei positiver Entwicklung kommt das Kind in die Familie – zunächst als Pflegekind. Diese sogenannte Adoptionspflegezeit dient dem Aufbau einer Beziehung und der Prüfung, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen kann.
Die Dauer der Pflegezeit variiert je nach Alter des Kindes und den Umständen des Einzelfalls. Bei Säuglingen ist sie oft kürzer als bei älteren Kindern. Während dieser Zeit beobachtet das Jugendamt die Entwicklung und unterstützt bei auftretenden Schwierigkeiten. Erst wenn sich eine stabile Bindung entwickelt hat, wird der Adoptionsantrag beim Familiengericht gestellt.
Checkliste: Erforderliche Unterlagen für die Adoptionsbewerbung
- Geburtsurkunden aller Bewerber
- Heiratsurkunde oder Nachweis der Lebenspartnerschaft
- Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis
- Ärztliches Attest über den Gesundheitszustand
- Einkommensnachweise der letzten Monate
- Ausführlicher tabellarischer Lebenslauf
- Motivationsschreiben zur Adoption
- Nachweis über ausreichenden Wohnraum
Das gerichtliche Verfahren
Der Adoptionsantrag wird beim zuständigen Familiengericht eingereicht. Zuständig ist das Gericht am Wohnsitz der Adoptiveltern. Der Antrag muss notariell beurkundet werden, was mit Kosten verbunden ist. Das Gericht prüft sodann alle Voraussetzungen der Adoption.
Im gerichtlichen Verfahren holt das Gericht Stellungnahmen ein: vom Jugendamt, gegebenenfalls von einem Verfahrensbeistand für das Kind und – je nach Sachlage – von Sachverständigen. Das Kind wird angehört, soweit es nach Alter und Entwicklungsstand möglich ist. Sind alle Voraussetzungen erfüllt und alle erforderlichen Einwilligungen erteilt, spricht das Gericht die Adoption durch Beschluss aus.
Zustimmung und Einwilligung der Beteiligten
Eine Adoption kann nicht gegen den Willen der Betroffenen erfolgen. Das Gesetz verlangt die Einwilligung verschiedener Personen, um sicherzustellen, dass alle Interessen gewahrt bleiben. Fehlt eine erforderliche Einwilligung, scheitert die Adoption – es sei denn, sie kann ausnahmsweise ersetzt werden.
Die wichtigsten Einwilligungen sind die der leiblichen Eltern und des Kindes selbst. Darüber hinaus müssen bei verheirateten Adoptionsbewerbern beide Ehegatten zustimmen. Jede dieser Einwilligungen hat eigene Voraussetzungen und kann unter bestimmten Umständen ersetzt oder als erteilt fingiert werden.
Einwilligung der leiblichen Eltern
Grundsätzlich müssen beide leiblichen Elternteile in die Adoption einwilligen. Diese Einwilligung erfolgt durch notarielle Beurkundung und kann frühestens acht Wochen nach der Geburt des Kindes erteilt werden. Diese Frist soll übereilte Entscheidungen im Wochenbett verhindern.
Die Einwilligung kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Familiengericht ersetzt werden. Dies kommt in Betracht, wenn ein Elternteil dauerhaft unbekannt, nicht auffindbar oder geschäftsunfähig ist. Auch bei einer schweren Pflichtverletzung gegenüber dem Kind kann die Einwilligung ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.
Einwilligung des Kindes
Hat das Kind das 14. Lebensjahr vollendet, muss es selbst in die Adoption einwilligen. Diese Einwilligung kann nicht durch den gesetzlichen Vertreter erteilt werden – das Kind muss persönlich zustimmen. Verweigert es die Einwilligung, scheitert die Adoption.
Bei jüngeren Kindern tritt die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters an die Stelle der eigenen Einwilligung. Dennoch werden auch jüngere Kinder angehört, soweit es nach ihrem Entwicklungsstand möglich ist. Ihre Wünsche und Vorstellungen fließen in die gerichtliche Entscheidung ein. Das Gericht berücksichtigt das Kindeswohl umfassend und hört das Kind persönlich an.
Praxis-Tipp: Umgang mit der Einwilligungssituation
Bereiten Sie ein älteres Kind behutsam auf die rechtlichen Aspekte der Adoption vor. Erklären Sie kindgerecht, was die Einwilligung bedeutet und welche Folgen die Adoption hat. Druck oder Überredung sind kontraproduktiv – das Kind muss die Entscheidung aus eigenem Antrieb treffen können.
Rechtliche Folgen der Adoption
Mit dem Ausspruch der Adoption durch das Familiengericht treten umfassende rechtliche Wirkungen ein. Das Kind wird vollständig in die neue Familie integriert – rechtlich, als wäre es dort geboren worden. Diese Wirkungen betreffen nahezu alle Lebensbereiche: vom Namen über das Erbrecht bis zu Unterhaltsansprüchen.
Die rechtlichen Folgen der Adoption sind weitreichend und dauerhaft. Sie können grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden und binden alle Beteiligten. Aus diesem Grund ist die sorgfältige Prüfung im Vorfeld so wichtig. Einmal ausgesprochen, entfaltet die Adoption ihre volle Wirkung.
Neue Verwandtschaftsverhältnisse und Namensänderung
Das adoptierte Kind wird rechtlich zum Kind der Adoptiveltern. Es wird mit ihnen und deren Verwandten verwandt, als wäre es leiblich in die Familie hineingeboren. Das bedeutet: Die Adoptiveltern werden zu Eltern, deren Eltern zu Großeltern, deren Kinder zu Geschwistern des adoptierten Kindes.
Gleichzeitig erlöschen bei der Volladoption minderjähriger Kinder alle Verwandtschaftsverhältnisse zur Herkunftsfamilie. Die leiblichen Eltern sind rechtlich nicht mehr die Eltern des Kindes. Diese Regelung dient dem Ziel, dem Kind eine eindeutige familiäre Zuordnung zu geben. Das Kind erhält in der Regel den Familiennamen der Adoptiveltern, wobei unter bestimmten Voraussetzungen auch der bisherige Vorname geändert werden kann.
Erbrecht und Unterhaltsansprüche
Im Erbrecht wird das adoptierte Kind wie ein leibliches Kind behandelt. Es hat das gesetzliche Erbrecht gegenüber den Adoptiveltern und deren Verwandten. Der Pflichtteilsanspruch steht ihm ebenfalls zu. Umgekehrt erben auch die Adoptiveltern vom Kind, falls dieses vor ihnen verstirbt.
Unterhaltsrechtlich gelten dieselben Regeln wie bei leiblichen Kindern. Die Adoptiveltern sind dem Kind zum Unterhalt verpflichtet, solange die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Umgekehrt kann das Kind später gegenüber seinen Adoptiveltern unterhaltspflichtig werden, etwa im Alter. Die Unterhaltspflichten gegenüber den leiblichen Eltern erlöschen mit der Adoption vollständig.
Beispiel: Erbfolge nach Adoption
Die zehnjährige Lisa wird von Familie Schmidt adoptiert. Familie Schmidt hat bereits einen leiblichen Sohn, Max. Nach der Adoption ist Lisa rechtlich gleichberechtigtes Kind der Familie. Verstirbt später Herr Schmidt, erben Lisa und Max zu gleichen Teilen neben Frau Schmidt. Lisas leibliche Eltern haben keinerlei Erbansprüche mehr an Lisa, und Lisa erbt auch nicht mehr von ihnen. Die erbrechtlichen Beziehungen sind vollständig auf die Adoptivfamilie übergegangen.
Besonderheiten der Stiefkindadoption
Die Stiefkindadoption ist die häufigste Adoptionsform in Deutschland. Sie liegt vor, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner das Kind des anderen Partners adoptiert. Typische Konstellation: Eine Mutter heiratet erneut, und der neue Ehemann möchte das Kind seiner Frau adoptieren.
Diese Adoptionsform unterscheidet sich in mehreren Punkten von der Adoption eines fremden Kindes. Die Beziehung zum Kind besteht bereits, die Familie lebt zusammen, ein Eltern-Kind-Verhältnis ist oft schon gewachsen. Dennoch müssen auch hier alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, und das Verfahren durchläuft die üblichen Stationen.
Besondere Voraussetzungen
Bei der Stiefkindadoption muss der annehmende Stiefelternteil mindestens 21 Jahre alt sein. Eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft mit dem leiblichen Elternteil ist Voraussetzung. Unverheiratete Partner können eine Stiefkindadoption nicht durchführen – hier bleibt nur die Einzeladoption mit der Folge, dass der leibliche Elternteil seine Elternstellung verliert.
Die Einwilligung des anderen leiblichen Elternteils ist auch hier erforderlich. In der Praxis führt dies häufig zu Konflikten, wenn der leibliche Vater oder die leibliche Mutter der Adoption nicht zustimmen möchte. Eine Ersetzung der Einwilligung ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich, etwa wenn der andere Elternteil seine Pflichten gegenüber dem Kind dauerhaft vernachlässigt hat.
Rechtliche Wirkungen der Stiefkindadoption
Mit der Stiefkindadoption wird das Kind zum gemeinschaftlichen Kind der Eheleute. Der bisherige Elternteil behält seine Elternstellung, der Stiefelternteil tritt als zweiter Elternteil hinzu. Das Verwandtschaftsverhältnis zum anderen leiblichen Elternteil erlischt vollständig.
Diese Wirkung sollte gut überlegt sein. Mit dem Erlöschen der Verwandtschaft zum anderen leiblichen Elternteil entfallen auch Unterhalts- und Erbansprüche. Das Kind verliert jegliche rechtliche Bindung zu diesem Elternteil und dessen Familie. Vor der Entscheidung für eine Stiefkindadoption sollten daher alle Konsequenzen bedacht werden.
Praxis-Tipp: Alternative zur Stiefkindadoption prüfen
Nicht immer ist die Stiefkindadoption die beste Lösung. Wenn der andere leibliche Elternteil Kontakt zum Kind pflegt oder Unterhalt zahlt, kann eine Adoption dem Kindeswohl widersprechen. Prüfen Sie Alternativen wie die kleine Sorgerechtsübertragung oder die Benennung als Vormund für den Todesfall.
Adoption von Erwachsenen
Auch Erwachsene können adoptiert werden. Die Erwachsenenadoption unterscheidet sich jedoch grundlegend von der Adoption Minderjähriger. Sie dient anderen Zwecken und hat andere rechtliche Wirkungen. Während bei Minderjährigen der Fürsorgegedanke im Vordergrund steht, geht es bei Erwachsenen um die rechtliche Absicherung bereits bestehender enger Beziehungen.
Die Erwachsenenadoption kommt in verschiedenen Konstellationen vor: langjährige Pflegekinder, die das 18. Lebensjahr überschritten haben, bevor die Adoption ausgesprochen werden konnte, oder auch Menschen, die eine enge Bindung zu einer anderen Familie aufgebaut haben und diese rechtlich festschreiben möchten.
Voraussetzungen der Erwachsenenadoption
Die Adoption eines Erwachsenen ist nur zulässig, wenn sie sittlich gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzung verlangt, dass bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht oder zumindest zu erwarten ist. Rein wirtschaftliche Motive – etwa zur Erlangung von Steuervorteilen oder eines Aufenthaltstitels – reichen nicht aus.
Das Gericht prüft genau, ob ein echtes familiäres Band vorliegt. Indizien sind langjähriger persönlicher Kontakt, gegenseitige Fürsorge und eine emotionale Verbundenheit. Die bloße Freundschaft genügt nicht. Auch darf die Adoption keine überwiegenden Interessen der leiblichen Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden verletzen.
Schwache Wirkung der Erwachsenenadoption
Im Gegensatz zur Minderjährigenadoption hat die Erwachsenenadoption grundsätzlich nur eine sogenannte schwache Wirkung. Das bedeutet: Die verwandtschaftlichen Beziehungen zur Herkunftsfamilie bleiben bestehen. Der Adoptierte hat nun zwei Familien – rechtlich gesehen.
Diese schwache Wirkung hat praktische Konsequenzen: Der Adoptierte erbt sowohl von seinen leiblichen Eltern als auch von den Adoptiveltern. Unterhaltspflichten bestehen in beide Richtungen. Nur ausnahmsweise kann das Gericht auf Antrag die Volladoption mit starker Wirkung aussprechen, wenn dies dem Kindeswohl entspricht – etwa wenn der Erwachsene als Minderjähriger bereits in der Familie gelebt hat.
Aufhebung einer Adoption
Die Adoption ist auf Dauer angelegt. Eine Aufhebung ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Das Gesetz will verhindern, dass Adoptionen leichtfertig rückgängig gemacht werden können. Die Stabilität der familiären Verhältnisse hat hohen Wert – für das Kind ebenso wie für die Adoptiveltern.
Dennoch gibt es Situationen, in denen eine Aufhebung in Betracht kommt. Das Gesetz unterscheidet zwischen Aufhebungsgründen, die von Amts wegen zur Aufhebung führen, und solchen, die nur auf Antrag geltend gemacht werden können. In allen Fällen ist eine gerichtliche Entscheidung erforderlich.
Gründe für die Aufhebung
Ein zwingender Aufhebungsgrund liegt vor, wenn die Adoption ohne den erforderlichen Antrag oder ohne die notwendigen Einwilligungen zustande gekommen ist. Ebenso kann die Adoption aufgehoben werden, wenn wesentliche Umstände arglistig verschwiegen oder falsch dargestellt wurden und das Kindeswohl die Aufhebung erfordert.
Die Aufhebung ist nur auf Antrag möglich und unterliegt strengen Fristen. Antragsberechtigt sind je nach Aufhebungsgrund verschiedene Personen: das Kind selbst, die Adoptiveltern oder die leiblichen Eltern. Das Gericht prüft in jedem Fall, ob die Aufhebung dem Wohl des Kindes entspricht. Eine Aufhebung allein wegen Zerrüttung der Beziehung ist nicht möglich.
Wirkungen der Aufhebung
Wird eine Adoption aufgehoben, erlöschen die durch die Adoption begründeten Verwandtschaftsverhältnisse. Das Kind ist dann rechtlich nicht mehr Kind der Adoptiveltern. Die Wirkungen der Aufhebung treten grundsätzlich nur für die Zukunft ein, nicht rückwirkend.
Was mit den Verwandtschaftsverhältnissen zur Herkunftsfamilie geschieht, hängt von der gerichtlichen Entscheidung ab. Das Gericht kann anordnen, dass die durch die Adoption erloschenen Verwandtschaftsverhältnisse wieder aufleben. Diese Anordnung erfolgt jedoch nur, wenn sie dem Wohl des Betroffenen dient und die leiblichen Eltern zustimmen.
Beispiel: Aufhebung wegen fehlender Einwilligung
Bei der Adoption des fünfjährigen Jan wurde die Einwilligung seines leiblichen Vaters für entbehrlich gehalten, weil dieser als unbekannt galt. Jahre später taucht der Vater auf und weist nach, dass er sehr wohl bekannt war und eine Einwilligung nie erteilt hat. Er beantragt die Aufhebung der Adoption. Das Gericht prüft nun, ob die Aufhebung dem mittlerweile zwölfjährigen Jan dient oder ob sein Wohl den Fortbestand der Adoption in der Adoptivfamilie erfordert.
Checkliste: Voraussetzungen für eine erfolgreiche Adoption
- Mindestalter der Adoptiveltern erreicht (25/21 Jahre bei Paaren, 25 Jahre bei Einzelpersonen)
- Positive Eignungsprüfung durch das Jugendamt abgeschlossen
- Einwilligung aller erforderlichen Personen liegt vor
- Adoptionspflegezeit erfolgreich durchlaufen
- Notariell beurkundeter Adoptionsantrag gestellt
- Kindeswohl durch die Adoption gewährleistet
- Keine Hinderungsgründe bekannt
Die Adoption eines Kindes ist ein tiefgreifender rechtlicher Vorgang mit weitreichenden Konsequenzen für alle Beteiligten. Das Verfahren ist bewusst anspruchsvoll gestaltet, um sicherzustellen, dass nur geeignete Personen ein Kind aufnehmen und dass jede Adoption dem Wohl des Kindes dient. Wer diesen Weg beschreitet, sollte sich umfassend informieren und auf eine intensive Prüfung durch Jugendamt und Gericht einstellen. Am Ende steht die rechtliche Begründung eines vollwertigen Eltern-Kind-Verhältnisses – mit allen Rechten, Pflichten und Chancen, die eine Familie ausmachen.
