Welche Fristen gelten für die Betriebskostenabrechnung?
Der Briefkasten klappert, Sie ziehen einen offiziellen Umschlag heraus – und dann der Schock: Eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2024, zugestellt im März 2026. Fast anderthalb Jahre nach Ende des Abrechnungszeitraums. Dazu eine saftige Nachforderung von mehreren hundert Euro. Müssen Sie das wirklich noch bezahlen? Die gute Nachricht vorweg: In vielen Fällen lautet die Antwort nein.
Das Gesetz ist in diesem Punkt erfreulich klar. Nach § 556 Absatz 3 BGB muss der Vermieter die Betriebskostenabrechnung spätestens zwölf Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums dem Mieter mitteilen. Diese Frist ist keine bloße Empfehlung, sondern eine verbindliche Ausschlussfrist. Wird sie versäumt, verliert der Vermieter grundsätzlich seinen Anspruch auf Nachzahlung – selbst wenn die Abrechnung inhaltlich völlig korrekt ist.
Der Abrechnungszeitraum ergibt sich in der Regel aus Ihrem Mietvertrag. Bei den meisten Mietverhältnissen entspricht dieser dem Kalenderjahr, also vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Für das Abrechnungsjahr 2025 bedeutet das konkret: Die Abrechnung muss Ihnen spätestens am 31. Dezember 2026 zugegangen sein. Nicht abgeschickt, nicht datiert – sondern tatsächlich in Ihrem Briefkasten oder Postfach angekommen.
Berechnung des Fristbeginns
Der Fristbeginn hängt unmittelbar vom Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums ab. Endet Ihr Abrechnungsjahr am 31. Dezember, beginnt die Zwölfmonatsfrist am 1. Januar des Folgejahres zu laufen. Bei einem abweichenden Abrechnungszeitraum – etwa vom 1. Juli bis zum 30. Juni – verschiebt sich auch die Frist entsprechend. Die Berechnung erfolgt nach den allgemeinen Regeln des BGB zur Fristberechnung gemäß §§ 187, 188 BGB.
Entscheidend ist dabei nicht das Datum auf der Abrechnung selbst, sondern der tatsächliche Zugang beim Mieter. Der Vermieter trägt im Streitfall die Beweislast dafür, dass die Abrechnung rechtzeitig zugegangen ist. Ein einfacher Brief reicht als Nachweis meist nicht aus. Kluge Vermieter versenden die Abrechnung daher per Einschreiben oder übergeben sie persönlich gegen Quittung.
Besondere Abrechnungszeiträume im Mietvertrag
Nicht jeder Mietvertrag verwendet das Kalenderjahr als Abrechnungszeitraum. Manche Vermieter wählen einen abweichenden Zeitraum, etwa vom 1. April bis zum 31. März des Folgejahres oder orientieren sich am Einzugsdatum des Mieters. Diese Vereinbarungen sind grundsätzlich wirksam, solange der Abrechnungszeitraum zwölf Monate nicht überschreitet.
Prüfen Sie daher zunächst Ihren Mietvertrag genau. Dort findet sich in der Regel eine Klausel zu den Betriebskosten, die auch den Abrechnungszeitraum definiert. Falls keine ausdrückliche Regelung existiert, gilt üblicherweise das Kalenderjahr. Bei Unsicherheiten kann ein Blick auf frühere Abrechnungen helfen – der dort verwendete Zeitraum gilt in der Regel auch für spätere Jahre.
Praxis-Tipp: Eingangsdatum dokumentieren
Notieren Sie bei jeder eingehenden Betriebskostenabrechnung sofort das Datum des Zugangs auf dem Umschlag oder dem Dokument selbst. Bewahren Sie auch den Briefumschlag mit dem Poststempel auf. Diese einfache Maßnahme kann im Streitfall entscheidend sein, wenn es darum geht, eine verspätete Zustellung nachzuweisen.
Was passiert bei verspäteter Abrechnung?
Die Rechtsfolge einer verspäteten Betriebskostenabrechnung ist im Gesetz eindeutig geregelt: Der Vermieter kann nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist keine Nachzahlung mehr verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abrechnung inhaltlich korrekt ist oder nicht. Die Fristversäumnis allein führt zum Verlust des Nachzahlungsanspruchs. Diese Regelung soll Mieter vor überraschenden Forderungen schützen und beiden Parteien Planungssicherheit geben.
Wichtig zu verstehen ist dabei: Die Abrechnung selbst wird durch die Verspätung nicht insgesamt unwirksam. Der Vermieter darf und muss sie trotzdem erstellen und zustellen. Ergibt sich aus der verspäteten Abrechnung ein Guthaben zu Gunsten des Mieters, so kann dieser das Guthaben trotz Verspätung einfordern. Die Ausschlusswirkung der Frist greift also nur einseitig zu Lasten des Vermieters bei Nachforderungen.
Diese asymmetrische Regelung erscheint auf den ersten Blick ungerecht, hat aber einen guten Grund: Der Vermieter hat es selbst in der Hand, die Abrechnung rechtzeitig zu erstellen. Er verfügt über alle notwendigen Unterlagen und Informationen. Der Mieter hingegen kann die Abrechnung weder erstellen noch ihre rechtzeitige Erstellung beeinflussen. Daher trägt der Vermieter das Risiko der verspäteten Abrechnung.
Ausschluss der Nachforderung
Der Ausschluss der Nachforderung bei verspäteter Abrechnung ist im Gesetz als sogenannte materielle Ausschlussfrist ausgestaltet. Das bedeutet: Der Anspruch auf Nachzahlung erlischt vollständig, er kann nicht mehr geltend gemacht werden. Dies unterscheidet sich von einer bloßen Verjährung, bei der der Anspruch zwar noch besteht, aber durch Einrede abgewehrt werden kann.
Für Sie als Mieter heißt das konkret: Sie müssen die Verspätung nicht aktiv einwenden oder den Ausschluss geltend machen. Der Anspruch besteht schlicht nicht mehr. Allerdings empfiehlt es sich dennoch, dem Vermieter die Verspätung schriftlich mitzuteilen und die Zahlung unter Hinweis auf § 556 Absatz 3 BGB zu verweigern. So vermeiden Sie Missverständnisse und dokumentieren Ihren Standpunkt.
Anspruch auf Guthaben bleibt bestehen
Ergibt die verspätete Abrechnung ein Guthaben zu Ihren Gunsten, können Sie dieses vollumfänglich einfordern. Die Verspätung wirkt sich hier nicht nachteilig für den Mieter aus. Der Vermieter kann nicht argumentieren, er müsse wegen der Verspätung auch kein Guthaben auszahlen. Diese Regelung stellt sicher, dass die Ausschlussfrist ausschließlich den Vermieter sanktioniert, nicht aber den Mieter benachteiligt.
In der Praxis bedeutet das: Prüfen Sie auch verspätete Abrechnungen sorgfältig auf mögliche Guthaben. Manche Vermieter erstellen verspätete Abrechnungen gerade deshalb nicht mehr, weil sie wissen, dass sie Nachforderungen nicht mehr durchsetzen können. Dabei übersehen sie, dass der Mieter durchaus ein Guthaben haben könnte, das ihm zusteht.
Beispiel: Verspätete Abrechnung mit Nachforderung
Mieter Schmidt erhält am 15. Februar 2024 die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2022. Der Abrechnungszeitraum endete am 31. Dezember 2022, die Frist lief also am 31. Dezember 2023 ab. Die Abrechnung weist eine Nachforderung von 380 Euro aus. Da die Abrechnung mehr als sechs Wochen nach Fristablauf zugestellt wurde, muss Herr Schmidt diese Nachforderung nicht bezahlen – unabhängig davon, ob die Abrechnung rechnerisch korrekt ist.
Wann gelten Ausnahmen von der Frist?
Die Zwölfmonatsfrist ist streng, aber nicht absolut. Das Gesetz sieht in § 556 Absatz 3 Satz 3 BGB eine wichtige Ausnahme vor: Hat der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten, bleibt sein Nachforderungsanspruch trotz Fristversäumnis erhalten. Diese Ausnahmeregelung verhindert unbillige Härten für den Vermieter in Fällen, in denen er die Verspätung nicht verschuldet hat.
Der Begriff „zu vertreten" umfasst dabei sowohl eigenes Verschulden des Vermieters als auch das Verschulden von Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Pflichten bedient. Beauftragt der Vermieter etwa eine Hausverwaltung mit der Erstellung der Abrechnung und versäumt diese die Frist, muss sich der Vermieter dieses Verschulden zurechnen lassen. Er kann sich nicht darauf berufen, er selbst habe alles richtig gemacht.
Die Ausnahmeregelung greift nur bei echten Hindernissen, die außerhalb der Einflusssphäre des Vermieters liegen. Organisatorische Probleme, Personalmangel, Arbeitsüberlastung oder schlichte Nachlässigkeit genügen nicht. Auch fehlende Belege von Versorgungsunternehmen rechtfertigen in der Regel keine Fristüberschreitung, da der Vermieter diese rechtzeitig anfordern muss.
Höhere Gewalt als Entschuldigungsgrund
Klassische Fälle höherer Gewalt können die verspätete Abrechnung rechtfertigen. Darunter fallen Naturkatastrophen, Kriege, schwere Erkrankungen des Vermieters ohne Vertretungsmöglichkeit oder behördliche Maßnahmen, die die Erstellung der Abrechnung objektiv unmöglich machen. Entscheidend ist, dass das Hindernis von außen kommt, unvorhersehbar war und auch durch zumutbare Maßnahmen nicht abgewendet werden konnte.
In der Praxis sind solche Fälle selten. Die bloße Erkrankung des Vermieters reicht meist nicht aus, wenn er einen Vertreter hätte beauftragen können. Auch Überschwemmungen oder Brände rechtfertigen nur dann eine Fristüberschreitung, wenn dadurch tatsächlich alle für die Abrechnung notwendigen Unterlagen unwiederbringlich zerstört wurden und keine Rekonstruktion möglich war.
Verzögerte Informationen Dritter
Liefert ein Versorgungsunternehmen die Abrechnungsunterlagen erst nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist, kann dies unter Umständen eine Ausnahme begründen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vermieter die Unterlagen rechtzeitig angefordert und angemahnt hat. Passive Untätigkeit und bloßes Abwarten genügen nicht. Der Vermieter muss nachweisen, dass er alles Zumutbare unternommen hat, um die Unterlagen rechtzeitig zu erhalten.
Auch hier gilt: Der Vermieter trägt die Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmegrundes. Er muss konkret darlegen und nachweisen, warum er die Frist nicht einhalten konnte und welche Maßnahmen er ergriffen hat, um dies zu verhindern. Pauschale Behauptungen reichen nicht aus.
Checkliste: Mögliche Entschuldigungsgründe des Vermieters
- Höhere Gewalt wie Naturkatastrophen oder schwere unvorhersehbare Ereignisse
- Nachweislich verzögerte Lieferung von Abrechnungsunterlagen durch Dritte trotz rechtzeitiger Anforderung
- Vollständige Zerstörung aller Abrechnungsunterlagen ohne Rekonstruktionsmöglichkeit
- Verschulden des Mieters an der verspäteten Zustellung
- Behördliche Maßnahmen, die die Abrechnung objektiv unmöglich machten
Verschulden des Mieters als Ausnahmegrund
Eine besonders praxisrelevante Ausnahme von der Fristfolge liegt vor, wenn der Mieter selbst die Verspätung verursacht oder dazu beigetragen hat. Hat der Vermieter die Abrechnung rechtzeitig abgeschickt, sie aber wegen einer vom Mieter nicht mitgeteilten Adressänderung nicht zugestellt werden konnte, kann er die Nachforderung trotz verspäteten Zugangs durchsetzen. Die Verspätung fällt dann in den Verantwortungsbereich des Mieters.
Diese Ausnahme basiert auf dem allgemeinen Grundsatz, dass niemand aus seinem eigenen pflichtwidrigen Verhalten Vorteile ziehen soll. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter eine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen und Adressänderungen unverzüglich bekanntzugeben. Unterlässt er dies, kann er sich nicht auf die verspätete Zustellung berufen.
Auch andere Verhaltensweisen des Mieters können relevant sein. Verweigert der Mieter beispielsweise ohne rechtfertigenden Grund die Annahme eines Einschreibens oder leert er seinen Briefkasten über längere Zeit nicht, geht dies zu seinen Lasten. In solchen Fällen gilt die Abrechnung als zugegangen, sobald unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen gewesen wäre.
Unterlassene Adressänderungsmitteilung
Besonders häufig tritt das Mieter-Verschulden bei Auszügen auf. Zieht der Mieter aus der Wohnung aus, ohne dem Vermieter seine neue Anschrift mitzuteilen, und erhält deshalb die Betriebskostenabrechnung nicht rechtzeitig, fällt die Verspätung in seinen Verantwortungsbereich. Der Vermieter muss dann nachweisen, dass er die Abrechnung rechtzeitig an die letzte bekannte Adresse geschickt hat.
Als Mieter sollten Sie daher stets sicherstellen, dass Ihr Vermieter Ihre aktuelle Adresse kennt. Dies gilt besonders nach einem Auszug, wenn Sie noch Betriebskostenabrechnungen für vergangene Zeiträume erwarten. Eine einfache schriftliche Mitteilung mit der neuen Anschrift genügt und schützt Sie vor bösen Überraschungen.
Vereitlung des Zugangs
Auch die bewusste oder unbewusste Vereitlung des Zugangs kann dem Mieter zugerechnet werden. Wer sein Namensschild am Briefkasten entfernt, den Briefkasten dauerhaft überfüllt lässt oder Postsendungen grundlos ablehnt, kann sich nicht auf die verspätete Zustellung berufen. In solchen Fällen fingiert das Gesetz den Zugang zu dem Zeitpunkt, zu dem er bei ordnungsgemäßem Verhalten erfolgt wäre.
Diese Zugangsvereitelung muss allerdings nachgewiesen werden. Der Vermieter trägt die Beweislast dafür, dass er die Abrechnung rechtzeitig und ordnungsgemäß versandt hat und der Zugang nur wegen des Mieterverhaltens scheiterte. In der Praxis führt dies oft zu Beweisschwierigkeiten, weshalb kluge Vermieter grundsätzlich auf sichere Zustellungsformen setzen.
Wann muss trotz Verspätung gezahlt werden?
Obwohl die Regel klar erscheint – keine Nachzahlung bei verspäteter Abrechnung – gibt es durchaus Konstellationen, in denen Sie trotz Fristüberschreitung zahlen müssen. Diese Fälle sind zwar die Ausnahme, aber sie kommen in der Praxis häufiger vor als gedacht. Ein vorschnelles Ablehnen jeder verspäteten Abrechnung kann daher riskant sein und im schlimmsten Fall zu zusätzlichen Kosten führen.
Die wichtigste Konstellation haben wir bereits angesprochen: Wenn der Vermieter die Verspätung nicht zu vertreten hat, bleibt sein Nachforderungsanspruch erhalten. Dies ist der Fall bei höherer Gewalt, bei Verschulden des Mieters oder bei anderen Umständen außerhalb der Verantwortungssphäre des Vermieters. Liegt ein solcher Ausnahmegrund vor, müssen Sie trotz verspäteter Zustellung zahlen.
Eine weitere wichtige Konstellation betrifft die bereits geleistete Zahlung. Haben Sie eine verspätete Nachforderung bereits beglichen, können Sie das Geld in der Regel nicht ohne Weiteres zurückfordern. Zwar bestand der Anspruch des Vermieters wegen der Verspätung nicht mehr, doch die Zahlung gilt als Erfüllung einer sogenannten Naturalobligation. Eine Rückforderung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Zahlungspflicht bei teilweiser Verspätung
Kompliziert wird es, wenn die Verspätung nur teilweise vorliegt oder nur bestimmte Positionen betrifft. Konnte der Vermieter beispielsweise die meisten Positionen rechtzeitig abrechnen, nur eine einzelne Position aber erst nach Fristablauf nachreichen, beschränkt sich der Ausschluss auf diese verspätete Position. Die übrigen, rechtzeitig abgerechneten Positionen bleiben durchsetzbar.
In der Praxis sind solche Konstellationen jedoch selten und werfen schwierige Abgrenzungsfragen auf. Meist ist die gesamte Abrechnung entweder rechtzeitig oder verspätet. Dennoch sollten Sie auch bei einer verspäteten Abrechnung genau prüfen, ob möglicherweise nur einzelne Positionen von der Verspätung betroffen sind.
Freiwillige Zahlung und Anerkenntnis
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Sie auf eine verspätete Abrechnung hin zahlen, obwohl Sie das nicht müssten. Eine solche freiwillige Zahlung kann unter Umständen nicht mehr zurückgefordert werden. Das Gesetz schützt hier das Vertrauen des Vermieters darauf, die erhaltene Zahlung behalten zu dürfen, wenn der Mieter in Kenntnis der Verspätung dennoch zahlt.
Auch ein ausdrückliches oder konkludentes Anerkenntnis der Zahlungspflicht kann problematisch sein. Schreiben Sie dem Vermieter etwa, Sie würden die Nachforderung akzeptieren und in Raten zahlen, haben Sie damit möglicherweise Ihre Einwendung aus der Fristversäumnis aufgegeben. Äußern Sie sich daher nicht vorschnell zur Zahlungsbereitschaft, bevor Sie die Verspätungsfrage geklärt haben.
Praxis-Tipp: Zahlung unter Vorbehalt vermeiden
Eine „Zahlung unter Vorbehalt" bei verspäteter Abrechnung ist rechtlich problematisch und schützt Sie nicht zuverlässig. Wenn Sie nicht sicher sind, ob die Verspätung zum Anspruchsausschluss führt, zahlen Sie vorerst nicht und lassen Sie die Rechtslage klären. Eine einmal geleistete Zahlung zurückzufordern ist deutlich schwieriger als eine unberechtigte Forderung abzuwehren.
Wie prüfe ich eine verspätete Abrechnung?
Auch wenn eine Betriebskostenabrechnung verspätet ist, sollten Sie sie nicht ungeprüft zur Seite legen. Eine sorgfältige Prüfung lohnt sich aus mehreren Gründen: Erstens könnte sich ein Guthaben zu Ihren Gunsten ergeben, das Sie trotz Verspätung einfordern können. Zweitens sollten Sie prüfen, ob die Verspätung tatsächlich vorliegt und ob möglicherweise Ausnahmegründe greifen. Drittens schützt Sie eine dokumentierte Prüfung vor späteren Überraschungen.
Der erste Schritt ist die Feststellung des maßgeblichen Abrechnungszeitraums. Schauen Sie in Ihrem Mietvertrag nach, welcher Zeitraum vereinbart ist. Dann rechnen Sie zwölf Monate ab dem Ende dieses Zeitraums hinzu. Das ergibt das späteste Datum, bis zu dem die Abrechnung zugegangen sein muss. Vergleichen Sie dieses Datum mit dem tatsächlichen Zugangsdatum.
Bedenken Sie dabei: Maßgeblich ist der Zugang der Abrechnung bei Ihnen, nicht das Datum auf dem Dokument und nicht das Datum der Absendung. Bei normaler Briefzustellung gilt der Tag des Einwurfs in Ihren Briefkasten als Zugangstag. Bei Einschreiben zählt der Tag der Zustellung oder – bei Nichterreichbarkeit – der Tag, an dem Sie es hätten abholen können.
Formelle Prüfung der Abrechnung
Neben der Fristprüfung sollten Sie auch die formelle Ordnungsgemäßheit der Abrechnung kontrollieren. Eine wirksame Betriebskostenabrechnung muss bestimmte Mindestangaben enthalten: die Angabe des Abrechnungszeitraums, eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, den auf den Mieter entfallenden Anteil und den angewandten Verteilerschlüssel sowie die Vorauszahlungen des Mieters und den sich ergebenden Saldo.
Fehlen wesentliche Angaben, ist die Abrechnung formell unwirksam und löst keine Zahlungspflicht aus – unabhängig von der Fristfrage. Prüfen Sie daher auch verspätete Abrechnungen auf ihre formelle Vollständigkeit. Dies kann Ihnen zusätzliche Argumente gegen eine Zahlungspflicht liefern.
Inhaltliche Prüfung auf Fehler
Selbst wenn Sie die Nachforderung wegen Verspätung nicht zahlen müssen, kann die inhaltliche Prüfung wichtig sein. Möglicherweise sind die abgerechneten Vorauszahlungen niedriger angesetzt als die tatsächlich geleisteten. In diesem Fall hätten Sie einen Anspruch auf Gutschrift. Auch systematische Fehler in der Abrechnung können für künftige Jahre relevant sein.
Achten Sie bei der inhaltlichen Prüfung besonders auf den angewandten Verteilerschlüssel, die Plausibilität der Gesamtkosten im Vergleich zu Vorjahren und die korrekte Berücksichtigung Ihrer Vorauszahlungen. Bei größeren Wohnanlagen sollten auch die Gesamtflächen und Ihr individueller Flächenanteil überprüft werden.
Checkliste: Prüfung einer verspäteten Betriebskostenabrechnung
- Abrechnungszeitraum im Mietvertrag ermitteln und Fristende berechnen
- Tatsächliches Zugangsdatum der Abrechnung dokumentieren
- Prüfen ob der Vermieter Entschuldigungsgründe geltend macht
- Formelle Vollständigkeit der Abrechnung kontrollieren
- Vorauszahlungen mit eigenen Unterlagen abgleichen
- Ergebnis dokumentieren und schriftlich gegenüber dem Vermieter festhalten
Widerspruch gegen verspätete Betriebskostenabrechnung
Haben Sie festgestellt, dass Ihre Betriebskostenabrechnung verspätet ist und keine Ausnahmegründe erkennbar sind, sollten Sie dem Vermieter zeitnah schriftlich mitteilen, dass Sie die Nachforderung nicht zahlen werden. Dies ist zwar rechtlich nicht zwingend erforderlich – der Anspruch besteht ja wegen der Verspätung nicht mehr – aber aus praktischen Gründen dringend zu empfehlen.
Eine schriftliche Mitteilung schafft Klarheit und verhindert Missverständnisse. Der Vermieter weiß dann, dass Sie die Abrechnung erhalten und geprüft haben und warum Sie nicht zahlen. Dies kann unnötige Mahnungen, Zahlungsaufforderungen und im schlimmsten Fall gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden. Außerdem dokumentieren Sie damit Ihren Standpunkt für einen möglichen späteren Rechtsstreit.
Formulieren Sie Ihr Schreiben klar und sachlich. Benennen Sie den Abrechnungszeitraum, das Datum des Zugangs der Abrechnung und den Tag, an dem die Frist abgelaufen ist. Weisen Sie auf § 556 Absatz 3 BGB hin und teilen Sie mit, dass Sie die Nachforderung deshalb nicht zahlen werden. Vermeiden Sie dabei emotionale oder anklagende Formulierungen – bleiben Sie sachlich und freundlich, aber bestimmt.
Form und Inhalt des Widerspruchs
Ein formelles Widerspruchsschreiben ist bei verspäteter Abrechnung streng genommen nicht erforderlich. Es handelt sich nicht um einen Widerspruch im rechtlichen Sinne wie etwa gegen einen Verwaltungsakt. Dennoch hat sich der Begriff im Mietrecht eingebürgert. Wichtig ist vor allem, dass Sie Ihre Einwendung schriftlich und nachweisbar übermitteln.
Nutzen Sie für die Übermittlung einen Weg, der den Zugang beim Vermieter belegt. Ein Einschreiben mit Rückschein bietet sich an, alternativ die persönliche Übergabe gegen Empfangsquittung oder eine E-Mail mit Lesebestätigung, sofern der Vermieter diesen Kommunikationsweg akzeptiert. Bewahren Sie eine Kopie Ihres Schreibens und den Zugangsnachweis sorgfältig auf.
Gibt es eine Frist für Einwendungen?
Anders als bei der Abrechnungsfrist für den Vermieter gibt es auch für den Mieter eine Frist zur Geltendmachung von Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung. Nach § 556 Absatz 3 Satz 5 BGB hat der Mieter zwölf Monate nach Zugang der Abrechnung Zeit, Einwendungen zu erheben. Nach Ablauf dieser Frist kann er inhaltliche Fehler der Abrechnung nicht mehr rügen.
Diese Einwendungsfrist gilt allerdings nur für inhaltliche Einwendungen, nicht für die Fristversäumnis selbst. Die Einrede der verspäteten Abrechnung kann auch nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist des Mieters noch erhoben werden, da der Anspruch des Vermieters in diesem Fall gar nicht erst entstanden ist. Dennoch empfiehlt es sich, auch die Verspätung zeitnah geltend zu machen.
Beispiel: Widerspruch wegen verspäteter Abrechnung
Mieterin Müller erhält am 3. März 2024 die Betriebskostenabrechnung für 2022 mit einer Nachforderung von 450 Euro. Die Frist endete am 31. Dezember 2023. Sie schreibt dem Vermieter per Einschreiben: „Die Abrechnung für 2022 ist mir am 3. März 2024 zugegangen. Die Abrechnungsfrist gemäß § 556 Abs. 3 BGB endete am 31. Dezember 2023. Da die Abrechnung verspätet ist, werde ich die Nachforderung nicht zahlen." Der Vermieter hat keine Ausnahmegründe – Frau Müller muss nicht zahlen.
Welche rechtlichen Schritte sind möglich?
Beharrt der Vermieter trotz Ihrer Einwendung auf der Zahlung, stellt sich die Frage, wie Sie weiter vorgehen können. Grundsätzlich haben Sie eine starke Position, wenn die Abrechnung tatsächlich verspätet ist und keine Ausnahmegründe vorliegen. Dennoch sollten Sie die weiteren Schritte sorgfältig abwägen und dokumentiert vorgehen.
Zunächst empfiehlt sich ein nochmaliger schriftlicher Hinweis auf die Rechtslage. Manchmal ist dem Vermieter die Fristproblematik nicht bewusst oder er wurde von seiner Hausverwaltung falsch informiert. Ein sachliches Schreiben mit Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung kann die Angelegenheit oft klären. Reagiert der Vermieter weiterhin nicht einsichtig, sollten Sie sich auf eine gerichtliche Auseinandersetzung vorbereiten.
Wichtig ist: Zahlen Sie nicht unter dem Druck von Mahnungen oder Drohungen mit rechtlichen Schritten, wenn Sie von Ihrer Position überzeugt sind. Eine Zahlung kann schwer rückgängig zu machen sein. Gleichzeitig sollten Sie alle Kommunikation dokumentieren und Fristen beachten, falls der Vermieter tatsächlich gerichtliche Schritte einleitet.
Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens
Reicht der Vermieter Klage auf Zahlung der Nachforderung ein, müssen Sie sich im Verfahren verteidigen. Im Regelfall erhalten Sie zunächst eine Klageschrift zugestellt und werden zur Stellungnahme aufgefordert. In Ihrer Klageerwiderung tragen Sie den Sachverhalt vor und berufen sich auf die Fristversäumnis nach § 556 Absatz 3 BGB.
Der Vermieter trägt dann die Beweislast dafür, dass die Abrechnung rechtzeitig zugegangen ist oder dass Ausnahmegründe vorliegen. Kann er dies nicht nachweisen, wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt in diesem Fall der Vermieter. Bei Mietrechtsstreitigkeiten ist in erster Instanz das Amtsgericht zuständig, unabhängig vom Streitwert.
Rückforderung bereits gezahlter Beträge
Haben Sie eine verspätete Nachforderung bereits gezahlt, bevor Sie die Fristproblematik erkannt haben, stellt sich die Frage der Rückforderung. Diese ist grundsätzlich möglich, wenn Sie bei der Zahlung nicht wussten, dass Sie nicht zur Leistung verpflichtet waren. Die Rückforderung richtet sich nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 BGB.
Die Durchsetzung einer Rückforderung ist allerdings oft schwieriger als die Abwehr einer unberechtigten Forderung. Der Vermieter kann einwenden, Sie hätten in Kenntnis der Nichtschuld gezahlt, oder sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Handeln Sie daher möglichst schnell, wenn Sie nach erfolgter Zahlung feststellen, dass die Abrechnung verspätet war. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird die Rückforderung.
Praxis-Tipp: Dokumentation für den Streitfall
Sammeln und sichern Sie von Anfang an alle relevanten Dokumente: den Mietvertrag mit der Betriebskostenvereinbarung, die Betriebskostenabrechnung im Original mit Umschlag, Nachweise über das Zugangsdatum, Ihren Schriftverkehr mit dem Vermieter und Kopien aller Zahlungsbelege zu den Vorauszahlungen. Diese Unterlagen sind im Streitfall unverzichtbar und sollten mindestens drei Jahre lang aufbewahrt werden.
