Was gilt als Diskriminierung bei der Vermietung
Die Wohnungssuche gestaltet sich für viele Menschen als nervenaufreibender Prozess. Dutzende Bewerbungen, endlose Wartezeiten, und dann die ernüchternde Absage – ohne nachvollziehbaren Grund. Was viele Betroffene nicht wissen: Hinter manchen Absagen verbirgt sich eine rechtswidrige Diskriminierung, gegen die Sie sich wehren können.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Wohnungssuchende vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter persönlicher Merkmale. Dieses Gesetz gilt nicht nur im Arbeitsleben, sondern ausdrücklich auch bei der Vermietung von Wohnraum. Wenn ein Vermieter Sie ablehnt, weil Sie einen türkischen Namen tragen, alleinerziehend sind oder einen Rollstuhl nutzen, handelt es sich um eine verbotene Diskriminierung.
Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person ohne sachlichen Grund schlechter behandelt wird als andere in einer vergleichbaren Situation. Im Mietrecht bedeutet dies konkret: Der Vermieter darf seine Auswahl nicht auf Kriterien stützen, die durch das AGG geschützt sind. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung.
Unmittelbare Diskriminierung im Mietrecht
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn der Vermieter Sie direkt wegen eines geschützten Merkmals ablehnt. Das klassische Beispiel ist die Aussage "An Ausländer vermieten wir nicht" oder "Familien mit Kindern kommen für diese Wohnung nicht in Frage". Hier ist der Zusammenhang zwischen dem geschützten Merkmal und der Ablehnung offensichtlich.
In einem wegweisenden Urteil des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2017 musste ein Hauseigentümer Entschädigung und Schadensersatz zahlen, weil er Bewerber explizit wegen ihrer türkischen Herkunft abgelehnt hatte. Das Gericht stellte klar: Wer die Vermietung wegen der ethnischen Herkunft verweigert, verstößt gegen das Benachteiligungsverbot nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG in Verbindung mit den §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 8 und § 3 Abs. 1 AGG.
Mittelbare Diskriminierung erkennen
Subtiler, aber ebenso verboten ist die mittelbare Diskriminierung. Sie liegt vor, wenn scheinbar neutrale Anforderungen bestimmte Personengruppen unverhältnismäßig benachteiligen. Ein Beispiel: Die Forderung nach einem "perfekten Deutsch" als Voraussetzung für die Anmietung kann Menschen mit Migrationshintergrund mittelbar diskriminieren, wenn gute Sprachkenntnisse für das Mietverhältnis gar nicht erforderlich sind.
Auch die Anforderung, dass der Mieter "schon lange in Deutschland" leben müsse, oder die Bevorzugung von Bewerbern "aus der Region" kann eine mittelbare Diskriminierung darstellen. Entscheidend ist, ob die Anforderung durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.
Verbotene Diskriminierungsgründe im Überblick
Das AGG definiert in § 1 abschließend die Merkmale, wegen derer niemand benachteiligt werden darf. Diese Aufzählung gilt auch für den Bereich der Wohnraumvermietung. Vermieter, die ihre Entscheidung auf eines dieser Kriterien stützen, handeln rechtswidrig und machen sich schadensersatzpflichtig.
Ethnische Herkunft und Abstammung
Die Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft gehört zu den häufigsten Diskriminierungsformen auf dem Wohnungsmarkt. Dazu zählt nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern auch die Hautfarbe, der Name oder der Akzent. Ein Vermieter darf keine Bewerbung ablehnen, weil der Nachname fremdländisch klingt oder der Bewerber einen Migrationshintergrund hat.
Besonders problematisch sind Formulierungen in Wohnungsanzeigen wie "nur an Deutsche" oder "keine Ausländer". Solche Anzeigen sind bereits ein Verstoß gegen das AGG und können selbst dann Entschädigungsansprüche auslösen, wenn sich die betroffene Person gar nicht beworben hat.
Religion und Weltanschauung
Der Glaube oder die Weltanschauung eines Mietinteressenten darf bei der Vergabeentscheidung keine Rolle spielen. Es ist unzulässig, Muslime, Juden, Christen oder Atheisten wegen ihrer religiösen Überzeugung abzulehnen. Auch äußere Zeichen wie ein Kopftuch oder eine Kippa dürfen nicht zum Ausschlusskriterium werden.
Geschlecht und sexuelle Identität
Frauen, Männer und nicht-binäre Personen haben das gleiche Recht auf Wohnraum. Eine Ablehnung wegen des Geschlechts ist ebenso verboten wie die Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung. Homosexuelle Paare dürfen nicht schlechter behandelt werden als heterosexuelle Paare.
Praxis-Tipp: Dokumentieren Sie verdächtige Aussagen
Notieren Sie sich nach jeder Besichtigung oder jedem Telefonat genau, was der Vermieter oder Makler gesagt hat. Formulierungen wie "Wir suchen eher jemanden ohne Kinder" oder "Sie passen nicht in unsere Hausgemeinschaft" können wichtige Indizien für eine Diskriminierung sein. Datum, Uhrzeit und mögliche Zeugen sollten ebenfalls festgehalten werden.
Behinderung und chronische Erkrankungen
Menschen mit Behinderungen haben einen besonderen Schutz vor Diskriminierung. Ein Vermieter darf niemanden ablehnen, weil die Person im Rollstuhl sitzt, eine Sehbehinderung hat oder an einer psychischen Erkrankung leidet. Dies gilt auch dann, wenn bauliche Anpassungen erforderlich wären – der Vermieter muss zumindest prüfen, ob diese zumutbar sind.
Alter und Familienstand
Sowohl junge als auch ältere Menschen sind vor Altersdiskriminierung geschützt. Die pauschale Ablehnung von Studenten oder Rentnern ist nicht zulässig, wenn sie allein auf dem Alter basiert. Gleiches gilt für den Familienstand: Alleinerziehende, unverheiratete Paare oder kinderreiche Familien dürfen nicht benachteiligt werden.
Erlaubte Auswahlkriterien für Vermieter
Das AGG verbietet nicht jede unterschiedliche Behandlung. Vermieter haben durchaus das Recht, unter mehreren Bewerbern auszuwählen und dabei sachliche Kriterien anzulegen. Die Grenze verläuft dort, wo die Auswahl auf diskriminierenden Motiven beruht.
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Der Vermieter darf selbstverständlich prüfen, ob ein Bewerber die Miete dauerhaft zahlen kann. Die Vorlage einer Schufa-Auskunft, von Gehaltsnachweisen oder einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ist legitim. Auch eine Nachfrage zum Arbeitsverhältnis – ob befristet oder unbefristet – ist zulässig, da sie der Einschätzung der finanziellen Stabilität dient.
Wichtig ist jedoch: Die wirtschaftliche Prüfung muss bei allen Bewerbern gleichermaßen erfolgen. Wenn ein Vermieter nur bei Bewerbern mit ausländisch klingendem Namen besonders strenge Nachweise verlangt, kann dies wieder auf eine Diskriminierung hindeuten.
Passung zur Hausgemeinschaft
Ein gewisses Interesse an einer funktionierenden Hausgemeinschaft ist nachvollziehbar. Allerdings darf dies nicht als Vorwand für Diskriminierung dienen. Die vage Aussage "Sie passen nicht zu unseren anderen Mietern" reicht nicht aus. Konkrete, nachprüfbare Gründe wie frühere Verstöße gegen Hausordnungen oder negative Vermieterreferenzen sind hingegen berücksichtigungsfähig.
Beispiel: Zulässige vs. unzulässige Auswahlentscheidung
Familie A und Familie B bewerben sich auf dieselbe Wohnung. Familie A hat ein Kind, Familie B ist kinderlos. Der Vermieter entscheidet sich für Familie B, weil diese ein höheres Haushaltseinkommen nachweisen kann und bereits positive Referenzen des Vorvermieters vorlegt. Dies ist eine zulässige Entscheidung. Sagt der Vermieter jedoch "Kinder sind zu laut für unser Haus", handelt es sich um eine verbotene Diskriminierung wegen des Familienstands.
Ausnahme im engsten Nahbereich
Eine wichtige Einschränkung besteht beim sogenannten Nahbereich. Wenn der Vermieter selbst im Haus wohnt und die Wohnung auf demselben Grundstück liegt, kann eine engere persönliche Beziehung zum Mieter erforderlich sein. In diesem Fall sind die Anforderungen des AGG etwas gelockert – aber nicht aufgehoben. Auch hier bleibt eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft verboten.
Diskriminierung erkennen und beweisen
Die größte Hürde für Betroffene ist oft der Nachweis der Diskriminierung. Vermieter formulieren ihre Ablehnung selten offen diskriminierend. Stattdessen heißt es "Wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden" oder die Absage kommt ganz ohne Begründung. Dennoch gibt es Möglichkeiten, eine Diskriminierung aufzudecken und zu belegen.
Typische Anzeichen für Diskriminierung
Bestimmte Muster deuten auf eine diskriminierende Praxis hin. Wenn Sie als Einziger in der Schlange der Bewerber abgelehnt werden, obwohl Ihre Unterlagen vollständig und Ihre Bonität einwandfrei ist, sollten Sie aufmerksam werden. Verdächtig ist auch, wenn die Wohnung kurz nach Ihrer Absage wieder inseriert wird oder wenn der Vermieter bei der Besichtigung auffällige Fragen stellt.
Achten Sie auf Formulierungen wie: "Woher kommen Sie ursprünglich?", "Wie viele Kinder haben Sie?", "Sind Sie religiös?" oder "Leben Sie alleine?". Solche Fragen können Indizien für ein diskriminierendes Motiv sein, insbesondere wenn sie für das Mietverhältnis irrelevant sind.
Beweislastumkehr nach dem AGG
Das AGG enthält eine wichtige Erleichterung für Betroffene: die Beweislastumkehr nach § 22 AGG. Sie müssen nicht den vollen Beweis für eine Diskriminierung erbringen. Es genügt, wenn Sie Indizien darlegen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Der Vermieter muss dann beweisen, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt.
Indizien können sein: diskriminierende Äußerungen, auffällige Fragen, die Wiederholung der Anzeige nach Ihrer Absage, statistische Auffälligkeiten bei der Bewerbervergabe oder Zeugenaussagen. Je mehr Indizien Sie sammeln, desto stärker wird Ihre Position.
Checkliste: Beweismittel sichern
- Alle schriftlichen Korrespondenzen (E-Mails, Nachrichten, Briefe) aufbewahren
- Bei Telefonaten: Datum, Uhrzeit und Gesprächsinhalt notieren
- Screenshots von Wohnungsanzeigen erstellen und speichern
- Zeugen für Besichtigungen oder Telefonate benennen können
- Eigene Bewerbungsunterlagen dokumentieren (vollständig, fristgerecht)
- Nachfragen, ob die Wohnung noch verfügbar ist, nachdem Sie abgelehnt wurden
Die Testing-Methode als Beweisinstrument
Eine besonders wirksame Methode ist das sogenannte Testing. Dabei bewirbt sich eine Testperson mit vergleichbaren Qualifikationen, aber ohne das diskriminierungsverdächtige Merkmal auf dieselbe Wohnung. Wenn die Testperson eine positive Reaktion erhält, während Sie abgelehnt wurden, ist dies ein starkes Indiz für Diskriminierung.
Antidiskriminierungsverbände führen solche Testings professionell durch. Auch Journalisten haben mit dieser Methode wiederholt Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt aufgedeckt. Die Ergebnisse solcher Tests werden von Gerichten als Beweis anerkannt.
Rechtliche Ansprüche und Schadensersatz
Wenn Sie nachweisen können, dass Sie diskriminiert wurden, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Ansprüche zu. Das AGG sieht sowohl Entschädigung für den immateriellen Schaden als auch Schadensersatz für den materiellen Schaden vor. Die Höhe richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Entschädigung für immaterielle Schäden
Der Entschädigungsanspruch nach § 21 Abs. 2 AGG soll die erlittene Demütigung und Herabwürdigung ausgleichen. Er ist verschuldensunabhängig, das heißt: Auch wenn der Vermieter nicht vorsätzlich diskriminiert hat, kann eine Entschädigung fällig werden. Die Höhe orientiert sich an der Schwere der Diskriminierung, der Häufigkeit und den Auswirkungen auf den Betroffenen.
Gerichte haben in Diskriminierungsfällen bei der Vermietung Entschädigungen in Höhe von bis zu drei Monatsmieten zugesprochen. Dabei handelt es sich um eine Orientierungsgröße aus dem Arbeitsrecht, die auf Mietverhältnisse übertragen wird. Bei besonders schweren oder wiederholten Diskriminierungen kann die Entschädigung auch höher ausfallen.
Schadensersatz für materielle Schäden
Neben der Entschädigung können Sie Ersatz für konkrete finanzielle Nachteile verlangen. Dazu gehören etwa Fahrtkosten zu unnötigen Besichtigungen, Kosten für die fortgesetzte Wohnungssuche, Maklergebühren oder Mehrkosten durch eine teurere Ersatzwohnung. Hier müssen Sie den konkreten Schaden beziffern und nachweisen können.
Beispiel: Berechnung des Schadensersatzes
Herr M. wurde wegen seiner türkischen Herkunft von einem Vermieter abgelehnt. Er musste eine andere Wohnung anmieten, die monatlich 150 Euro teurer ist. Zusätzlich entstanden ihm Fahrtkosten von 80 Euro für die vergebliche Besichtigung. Das Gericht sprach ihm eine Entschädigung von 1.500 Euro sowie Schadensersatz für die Mehrkosten und Fahrtkosten zu. Bei einer Mietdauer von drei Jahren summierte sich der Schadensersatz allein für die Mietdifferenz auf 5.400 Euro.
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
Nach § 21 Abs. 1 AGG können Sie auch die Beseitigung der Beeinträchtigung und die Unterlassung künftiger Diskriminierungen verlangen. In der Praxis bedeutet dies: Sie können fordern, dass der Vermieter diskriminierende Wohnungsanzeigen entfernt oder dass er Ihnen bei künftigen Vermietungen eine faire Chance gibt.
Ein Anspruch auf Abschluss des Mietvertrags besteht allerdings nicht. Das AGG kann Sie entschädigen, aber nicht zwingen, dass der Vermieter gerade an Sie vermietet. Dies wäre ein zu starker Eingriff in die Vertragsfreiheit.
So gehen Sie bei Diskriminierung vor
Wenn Sie den Verdacht haben, diskriminiert worden zu sein, sollten Sie strukturiert vorgehen. Schnelles und dokumentiertes Handeln verbessert Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Ansprüche erheblich. Hier erfahren Sie, welche Schritte sinnvoll sind.
Sofortmaßnahmen nach der Ablehnung
Unmittelbar nach der verdächtigen Absage sollten Sie alle relevanten Informationen sichern. Speichern Sie die Wohnungsanzeige, bevor sie gelöscht wird. Notieren Sie den genauen Wortlaut der Absage und alle vorherigen Gespräche. Bitten Sie eventuell anwesende Begleiter um eine schriftliche Bestätigung dessen, was sie gehört haben.
Prüfen Sie auch, ob die Wohnung weiterhin angeboten wird. Eine erneute Insertion kurz nach Ihrer Ablehnung kann ein wichtiges Indiz sein. Machen Sie Screenshots mit Datum und Uhrzeit.
Praxis-Tipp: Schriftliche Nachfrage an den Vermieter
Schreiben Sie dem Vermieter eine sachliche E-Mail und bitten Sie um eine Begründung für die Absage. Fragen Sie konkret, welche Kriterien zur Entscheidung geführt haben und ob die Wohnung noch verfügbar ist. Viele Vermieter antworten ehrlich oder verstricken sich in Widersprüche. Diese Korrespondenz kann später als Beweismittel dienen.
Antidiskriminierungsstellen kontaktieren
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) bietet kostenlose Beratung für Betroffene. Dort erhalten Sie eine erste Einschätzung Ihres Falls und Unterstützung bei den weiteren Schritten. Auch regionale Antidiskriminierungsbüros und Mietervereine können helfen. Diese Stellen haben Erfahrung mit ähnlichen Fällen und können die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen.
Die ADS kann auch als Vermittler auftreten und den Vermieter zur Stellungnahme auffordern. Manchmal führt bereits diese offizielle Intervention zu einem Einlenken des Vermieters oder zu einem Vergleich.
Schriftliche Geltendmachung der Ansprüche
Ihre Ansprüche müssen Sie schriftlich gegenüber dem Vermieter geltend machen. Schildern Sie den Sachverhalt, benennen Sie die Diskriminierungsmerkmale und fordern Sie konkret Entschädigung und gegebenenfalls Schadensersatz. Setzen Sie eine angemessene Frist zur Zahlung – zwei Wochen sind üblich.
Diese schriftliche Geltendmachung ist wichtig, weil sie die Frist für die gerichtliche Durchsetzung wahrt. Ohne vorherige Geltendmachung kann das Gericht Ihre Klage abweisen. Senden Sie das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein, um den Zugang beweisen zu können.
Fristen und Verjährung von Ansprüchen
Bei Diskriminierungsansprüchen gelten strenge Fristen. Wer diese versäumt, verliert seine Ansprüche – unabhängig davon, wie berechtigt sie sind. Deshalb ist schnelles Handeln so wichtig.
Die Zweimonatsfrist nach § 21 Abs. 5 AGG
Der Entschädigungsanspruch muss innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem Sie von der Diskriminierung Kenntnis erlangen. Bei einer Absage ist dies in der Regel der Tag, an dem Sie die Absage erhalten.
Die Geltendmachung muss nicht bereits alle Details und Berechnungen enthalten. Es genügt, wenn Sie den Sachverhalt schildern und deutlich machen, dass Sie Ansprüche erheben. Die genaue Bezifferung kann später erfolgen.
Fristen für die gerichtliche Durchsetzung
Nach der schriftlichen Geltendmachung haben Sie weitere drei Monate Zeit, um Klage zu erheben, wenn der Vermieter nicht zahlt. Diese Frist läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Ansprüche ablehnt oder nach Ablauf der von Ihnen gesetzten Frist nicht reagiert.
Insgesamt haben Sie also maximal fünf Monate ab Kenntnis der Diskriminierung, um Ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Nach Ablauf dieser Frist sind die Ansprüche verwirkt.
Checkliste: Fristenmanagement bei Diskriminierung
- Tag der Kenntniserlangung notieren und dokumentieren
- Innerhalb von zwei Monaten schriftliche Geltendmachung versenden
- Frist für den Vermieter setzen (empfohlen: zwei Wochen)
- Nach Fristablauf oder Ablehnung: Klagefrist von drei Monaten beachten
- Alle Fristen im Kalender markieren und Erinnerungen setzen
Verjährung von Schadensersatzansprüchen
Für den Schadensersatzanspruch gelten die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben. Dennoch empfiehlt es sich, auch den Schadensersatz zeitnah geltend zu machen, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.
Praxisbeispiele und wichtige Urteile
Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Grundsatzentscheidungen zur Diskriminierung bei der Vermietung getroffen. Diese Urteile geben Orientierung für die eigene Situation und zeigen, welche Verhaltensweisen als diskriminierend eingestuft werden.
OLG Düsseldorf: Ablehnung wegen türkischer Herkunft
In dem bereits erwähnten Fall aus dem Jahr 2017 hatte ein Vermieter Bewerber mit den Worten abgelehnt, er vermiete nicht an "Türken". Das OLG Düsseldorf verurteilte ihn zur Zahlung einer Entschädigung und stellte klar: Die Ablehnung wegen der ethnischen Herkunft verstößt gegen das AGG. Der Vermieter konnte keine sachlichen Gründe für seine Entscheidung vorbringen.
Das Gericht betonte, dass bereits die Äußerung selbst die Diskriminierung belegt. Es bedurfte keines weiteren Beweises für ein diskriminierendes Motiv. Dieses Urteil hat Signalwirkung und wird in ähnlichen Fällen regelmäßig herangezogen.
AG Tempelhof-Kreuzberg: Diskriminierende Wohnungsanzeige
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg entschied, dass bereits eine Wohnungsanzeige mit dem Zusatz "nur an Deutsche" eine Diskriminierung darstellt. Ein Bewerber mit Migrationshintergrund erhielt Entschädigung, obwohl er sich auf die Anzeige gar nicht beworben hatte. Das Gericht argumentierte, dass die Anzeige selbst eine Benachteiligung darstellt, weil sie Betroffene von vornherein ausschließt.
Beispiel: Erfolgreiche Klage wegen Familiendiskriminierung
Eine alleinerziehende Mutter bewarb sich auf eine Wohnung und wurde nach der Besichtigung abgelehnt. Der Makler hatte ihr gesagt, der Vermieter bevorzuge "ruhige Mieter ohne Kinder". Die Wohnung wurde wenig später an ein kinderloses Paar vergeben. Die Mutter klagte erfolgreich auf Entschädigung. Das Gericht wertete die Äußerung des Maklers als Indiz für eine Diskriminierung wegen des Familienstands. Der Vermieter konnte keine sachlichen Gründe für die Bevorzugung des anderen Paares nachweisen.
BGH: Grenzen der Vertragsfreiheit
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen die Grenzen der Vertragsfreiheit bei der Vermietung konkretisiert. Danach gilt: Auch private Vermieter sind an das AGG gebunden, nicht nur gewerbliche Vermieter oder Wohnungsgesellschaften. Die Ausnahme für den "engsten Nahbereich" ist eng auszulegen und rechtfertigt keine pauschale Ablehnung bestimmter Bevölkerungsgruppen.
Gleichzeitig hat der BGH betont, dass nicht jede subjektive Entscheidung eines Vermieters eine Diskriminierung darstellt. Wenn sachliche Gründe wie Bonität, Referenzen oder die Haushaltsgröße im Verhältnis zur Wohnungsgröße die Entscheidung tragen, liegt keine Diskriminierung vor. Die Kunst liegt darin, zwischen legitimer Auswahlentscheidung und verbotener Benachteiligung zu unterscheiden.
Praxis-Tipp: Musterklagen nutzen
Antidiskriminierungsverbände haben Musterklagen entwickelt, die Sie als Vorlage verwenden können. Diese enthalten die wesentlichen rechtlichen Argumente und sparen Zeit bei der Formulierung. Auch wenn Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, helfen diese Muster, den Fall strukturiert darzustellen.
Die Rechtsprechung entwickelt sich stetig weiter. Neue Urteile präzisieren die Anforderungen an den Nachweis der Diskriminierung und die Höhe der Entschädigung. Wer seine Rechte kennt und konsequent durchsetzt, trägt dazu bei, dass Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt nicht toleriert wird. Das AGG ist ein wirksames Instrument – wenn es genutzt wird.
