Gesetzliche Kostengrenzen für die Erstberatung
Der Brief vom Anwalt liegt auf dem Tisch, die Rechnung für das Erstgespräch auch – und der Betrag verschlägt Ihnen den Atem. Doch halt: Wie viel darf eine Erstberatung eigentlich kosten? Diese Frage beschäftigt jeden, der zum ersten Mal anwaltliche Hilfe sucht. Die gute Nachricht: Der Gesetzgeber hat klare Grenzen gezogen, die Sie als Verbraucher schützen.
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) regelt verbindlich, was Anwälte für ihre Leistungen verlangen dürfen. Für die Erstberatung gilt eine gesetzliche Obergrenze von 190 Euro netto. Mit der aktuellen Mehrwertsteuer von 19 Prozent ergibt das einen maximalen Bruttobetrag von 226,10 Euro. Diese Deckelung gilt ausschließlich für Verbraucher – also Privatpersonen, die einen Anwalt in einer persönlichen Angelegenheit aufsuchen. Unternehmer oder Selbstständige, die geschäftliche Rechtsfragen klären lassen, fallen nicht unter diesen Schutz.
Die Erstberatung umfasst dabei das erste Gespräch, in dem der Anwalt Ihre Situation erfasst, eine rechtliche Einschätzung gibt und mögliche Handlungsoptionen aufzeigt. Es handelt sich um eine reine Beratungsleistung ohne weitere Tätigkeiten wie Schriftverkehr mit Gegenseiten oder Akteneinsicht. Wichtig zu verstehen: Die 190-Euro-Grenze ist eine Höchstgrenze, keine Festgebühr. Viele Anwälte verlangen weniger oder bieten sogar kostenlose Erstgespräche an.
Unterschied zwischen Erstberatung und umfassender Rechtsberatung
Die Erstberatung ist streng von einer weitergehenden Rechtsberatung zu unterscheiden. Während die Erstberatung auf die erste Orientierung begrenzt ist, umfasst eine vollständige Beratung die tiefgehende Prüfung Ihres Falls mit allen rechtlichen Facetten. Hier greift die 190-Euro-Deckelung nicht mehr – der Anwalt darf nach den regulären Gebührensätzen des RVG abrechnen oder eine individuelle Honorarvereinbarung treffen.
Der Übergang von der Erstberatung zur umfassenden Beratung muss klar kommuniziert werden. Ein seriöser Anwalt wird Sie darauf hinweisen, wenn das Gespräch den Rahmen der Erstberatung überschreitet und zusätzliche Kosten entstehen. Achten Sie darauf, dass diese Grenze nicht stillschweigend überschritten wird.
Praxis-Tipp: Umfang der Erstberatung vorab klären
Fragen Sie vor dem Termin konkret nach: Was genau ist in der Erstberatung enthalten? Wie lange dauert das Gespräch? Wann entstehen zusätzliche Kosten? Seriöse Kanzleien beantworten diese Fragen transparent und schriftlich.
Sonderfälle und Ausnahmen bei den Kostengrenzen
In bestimmten Konstellationen können von der 190-Euro-Grenze abweichende Regelungen gelten. Bei besonders komplexen Sachverhalten, die mehrere Rechtsgebiete betreffen oder umfangreiche Dokumentenprüfung erfordern, kann der Anwalt eine gesonderte Vergütungsvereinbarung vorschlagen. Diese muss jedoch vor der Beratung schriftlich geschlossen werden und Sie müssen ausdrücklich zustimmen.
Eine weitere Ausnahme gilt für Beratungen, die unmittelbar in ein Mandat münden. Beauftragt der Mandant den Anwalt direkt nach der Erstberatung mit der Vertretung, wird die Erstberatungsgebühr häufig auf das spätere Honorar angerechnet. Dies ist jedoch keine gesetzliche Pflicht, sondern eine Frage der individuellen Vereinbarung zwischen Anwalt und Mandant.
Aufklärungspflicht des Anwalts über Beratungskosten
Stellen Sie sich vor: Nach einem einstündigen Gespräch überreicht Ihnen der Anwalt eine Rechnung über mehrere hundert Euro – ohne dass vorher über Kosten gesprochen wurde. Solche Überraschungen sind nicht nur ärgerlich, sondern rechtlich problematisch. Denn Anwälte unterliegen einer umfassenden Aufklärungspflicht bezüglich ihrer Gebühren.
Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verpflichtet jeden Anwalt, den Mandanten vor Beginn der Beratung über die voraussichtlichen Kosten zu informieren. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob der Mandant danach fragt. Der Anwalt muss von sich aus aktiv werden und transparent darlegen, welche Gebühren anfallen werden. Bei der Erstberatung bedeutet das konkret: Der Anwalt muss Ihnen mitteilen, ob er die gesetzliche Höchstgebühr von 190 Euro netto berechnet oder einen anderen Betrag verlangt.
Die Aufklärung muss so frühzeitig erfolgen, dass Sie als Mandant eine informierte Entscheidung treffen können. Das heißt: Vor dem eigentlichen Beratungsgespräch, idealerweise bereits bei der Terminvereinbarung. Eine nachträgliche Information, wenn die Beratung bereits begonnen hat, genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Form und Inhalt der Kostenaufklärung
Die Kostenaufklärung muss bestimmte Mindestinhalte umfassen. Der Anwalt muss über die konkrete Höhe der Erstberatungsgebühr informieren, auf die gesetzliche Höchstgrenze von 190 Euro netto hinweisen und erklären, wann zusätzliche Kosten entstehen können. Bei einer individuellen Honorarvereinbarung, die von den gesetzlichen Gebühren abweicht, muss diese schriftlich dokumentiert werden.
Eine mündliche Aufklärung ist zwar grundsätzlich ausreichend, lässt sich aber im Streitfall schwer nachweisen. Professionelle Kanzleien informieren daher schriftlich – per E-Mail, auf der Website oder durch ein Formular vor dem Beratungstermin. Besteht der Anwalt auf einer Vergütungsvereinbarung, die über die gesetzliche Erstberatungsgebühr hinausgeht, muss diese nach § 3a RVG in Textform erfolgen.
Beispiel: Fehlende Kostenaufklärung beim Erstgespräch
Frau M. suchte wegen eines Mietrechtsstreits einen Anwalt auf. Im Gespräch wurde nicht über Kosten gesprochen. Anschließend erhielt sie eine Rechnung über 350 Euro. Da keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde und keine Aufklärung erfolgte, konnte Frau M. die Rechnung erfolgreich auf die gesetzliche Höchstgebühr von 226,10 Euro brutto reduzieren lassen.
Rechtliche Folgen bei Verletzung der Aufklärungspflicht
Versäumt der Anwalt die ordnungsgemäße Kostenaufklärung, hat das erhebliche Konsequenzen. Zunächst gilt: Ohne wirksame Vergütungsvereinbarung kann der Anwalt nur die gesetzlichen Gebühren verlangen – bei der Erstberatung also maximal 190 Euro netto. Darüber hinausgehende Forderungen sind nicht durchsetzbar.
Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Aufklärungspflicht kann sogar ein Schadensersatzanspruch entstehen. Wenn Sie aufgrund fehlender Kostenaufklärung einen Nachteil erlitten haben – etwa weil Sie bei korrekter Information einen günstigeren Anwalt gewählt hätten – können Sie diesen Schaden geltend machen. Zudem kann die Rechtsanwaltskammer bei Beschwerden disziplinarische Maßnahmen gegen den Anwalt einleiten.
Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherung
Eine Rechtsschutzversicherung kann im Ernstfall vor hohen Anwaltskosten bewahren – auch bei der Erstberatung. Doch die Kostenübernahme erfolgt nicht automatisch. Wer seine Versicherung richtig nutzen will, muss einige Spielregeln beachten und den richtigen Zeitpunkt für die Kontaktaufnahme kennen.
Die meisten Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten einer anwaltlichen Erstberatung vollständig oder teilweise. Voraussetzung ist in der Regel, dass der Rechtsfall in den versicherten Bereich fällt. Typische Versicherungsbausteine sind Arbeitsrechtsschutz, Verkehrsrechtsschutz, Mietrechtsschutz und Privatrechtsschutz. Strafrechtliche Angelegenheiten sind oft nur bei Fahrlässigkeitsdelikten abgedeckt – vorsätzliche Straftaten schließen die meisten Policen aus.
Entscheidend ist der Zeitpunkt der Deckungsanfrage. Sie müssen Ihre Rechtsschutzversicherung kontaktieren, bevor Sie den Anwalt beauftragen. Die Versicherung prüft dann, ob der Fall versichert ist, und erteilt eine Deckungszusage. Ohne diese Zusage riskieren Sie, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Deckungsanfrage können Sie selbst stellen oder den Anwalt damit beauftragen – viele Kanzleien übernehmen diesen Service.
So stellen Sie die Deckungsanfrage richtig
Für eine erfolgreiche Deckungsanfrage benötigen Sie bestimmte Informationen. Schildern Sie den Sachverhalt kurz und präzise: Was ist passiert? Wann ist es passiert? Wer ist beteiligt? Welche Ansprüche stehen im Raum? Je klarer Ihre Darstellung, desto schneller die Entscheidung der Versicherung. Fügen Sie relevante Dokumente bei – etwa die Kündigung, den Bußgeldbescheid oder den strittigen Vertrag.
Die Versicherung entscheidet üblicherweise innerhalb weniger Tage. Bei Eilfällen – etwa bei laufenden Fristen – können Sie eine beschleunigte Bearbeitung beantragen. Verweigert die Versicherung die Deckung, muss sie dies begründen. Gegen eine Ablehnung können Sie Widerspruch einlegen oder im Streitfall einen Ombudsmann einschalten.
Checkliste: Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung
- Versicherungsnummer und Vertragsdaten bereithalten
- Sachverhalt schriftlich zusammenfassen mit Datum und Beteiligten
- Relevante Dokumente als Kopie beifügen
- Deckungsanfrage vor dem Anwaltstermin stellen
- Bei Fristdruck auf Eilbearbeitung hinweisen
- Deckungszusage schriftlich bestätigen lassen
Selbstbeteiligung und Wartezeiten beachten
Auch bei bestehender Deckung können Kosten auf Sie zukommen. Viele Rechtsschutzverträge sehen eine Selbstbeteiligung vor – üblicherweise zwischen 150 und 500 Euro pro Rechtsfall. Diese Eigenbeteiligung müssen Sie selbst tragen, bevor die Versicherung einspringt. Bei einer Erstberatung, die maximal 226,10 Euro brutto kostet, kann es sein, dass die Selbstbeteiligung den gesamten Betrag auffrisst.
Zusätzlich gelten bei vielen Versicherungen Wartezeiten. Das bedeutet: Für bestimmte Rechtsgebiete besteht erst nach Ablauf einer Wartefrist – meist drei Monate nach Vertragsschluss – Versicherungsschutz. Arbeitsrechtliche Streitigkeiten sind davon häufig betroffen. Prüfen Sie daher Ihre Police genau und klären Sie im Zweifel direkt mit der Versicherung, ob Ihr Fall versichert ist.
Beratungshilfe - Kostenlose Erstberatung bei geringem Einkommen
Nicht jeder kann sich einen Anwalt leisten – das weiß auch der Gesetzgeber. Für Menschen mit geringem Einkommen gibt es deshalb die Beratungshilfe: eine staatlich finanzierte Möglichkeit, anwaltliche Beratung nahezu kostenfrei zu erhalten. Dieses wichtige Sozialinstrument ist vielen Betroffenen nicht bekannt, obwohl es einen echten Zugang zum Recht ermöglicht.
Die Beratungshilfe ist in § 1 des Beratungshilfegesetzes (BerHG) geregelt. Sie ermöglicht Bürgern mit geringem Einkommen und Vermögen, rechtliche Beratung und außergerichtliche Vertretung zu erhalten, ohne die vollen Anwaltskosten tragen zu müssen. Der Mandant zahlt lediglich eine Eigengebühr von 15 Euro – die restlichen Kosten übernimmt die Staatskasse. In Härtefällen kann sogar diese geringe Gebühr erlassen werden.
Die Beratungshilfe deckt nicht nur die Erstberatung ab, sondern auch weitergehende außergerichtliche Tätigkeiten des Anwalts. Dazu gehören etwa Schreiben an die Gegenseite, Verhandlungen oder die Prüfung von Verträgen. Ausgeschlossen ist hingegen die gerichtliche Vertretung – hierfür gibt es die Prozesskostenhilfe als separates Instrument.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Beratungshilfe erhält nur, wer bestimmte wirtschaftliche und sachliche Voraussetzungen erfüllt. Auf der wirtschaftlichen Seite muss das Einkommen so gering sein, dass die Kosten der Rechtsverfolgung nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden können. Als Orientierung dienen die Freibeträge der Prozesskostenhilfe. Auch das vorhandene Vermögen wird geprüft – ein kleines Sparguthaben oder ein angemessenes Auto führen aber nicht zwangsläufig zur Ablehnung.
Sachlich muss die Angelegenheit nicht mutwillig erscheinen und darf nicht offensichtlich aussichtslos sein. Eine Beratungshilfe für einen völlig haltlosen Anspruch wird das Gericht verweigern. Zudem darf keine andere Möglichkeit zur kostenlosen Beratung bestehen – etwa durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch Beratungsangebote von Gewerkschaften oder Mietervereinen.
So beantragen Sie Beratungshilfe
Den Antrag auf Beratungshilfe stellen Sie beim Amtsgericht Ihres Wohnortes. Sie können persönlich zur Rechtsantragstelle gehen oder den Antrag schriftlich einreichen. Bringen Sie Nachweise über Ihr Einkommen mit – Gehaltsabrechnungen, Bescheide über Sozialleistungen oder den aktuellen Steuerbescheid. Auch Belege über Ihre Ausgaben wie Miete und Versicherungen können relevant sein.
Das Gericht prüft Ihren Antrag und stellt bei Bewilligung einen Berechtigungsschein aus. Mit diesem Schein gehen Sie dann zu einem Anwalt Ihrer Wahl. In manchen Bundesländern – etwa in Hamburg und Bremen – existiert die Beratungshilfe nicht. Hier bieten die Amtsgerichte selbst eine kostenlose Rechtsberatung durch Richter an, die sogenannte öffentliche Rechtsauskunft.
Praxis-Tipp: Beratungshilfe nachträglich beantragen
Wenn Sie bereits beim Anwalt waren und erst danach von der Beratungshilfe erfahren: Der Antrag kann unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend gestellt werden. Sprechen Sie Ihren Anwalt darauf an – er kann den Antrag für Sie beim Gericht einreichen.
Telefonische und Online-Erstberatung - Kosten und Ablauf
Die Zeiten, in denen man für eine anwaltliche Beratung zwingend persönlich in der Kanzlei erscheinen musste, sind vorbei. Telefonische Beratung und Online-Konsultationen haben sich als vollwertige Alternativen etabliert – besonders für eine erste Einschätzung der Rechtslage. Doch wie unterscheiden sich die Kosten, und worauf sollten Sie bei der digitalen Rechtsberatung achten?
Die gesetzliche Kostengrenze von 190 Euro netto für die Erstberatung gilt unabhängig vom Kommunikationsweg. Ob Sie im Büro des Anwalts sitzen, telefonieren oder per Videochat beraten werden – die Obergrenze bleibt dieselbe. Einige Kanzleien bieten telefonische Erstberatungen sogar günstiger an als persönliche Termine, da der organisatorische Aufwand geringer ist. Fragen Sie bei der Terminvereinbarung nach den konkreten Konditionen für verschiedene Beratungsformen.
Der Ablauf einer telefonischen oder Online-Beratung ähnelt dem persönlichen Gespräch. Sie schildern Ihren Fall, der Anwalt stellt Rückfragen und gibt eine rechtliche Einschätzung. Der Unterschied: Dokumente müssen vorab digital übermittelt werden. Scannen oder fotografieren Sie relevante Unterlagen und senden Sie diese per E-Mail oder über ein sicheres Upload-Portal. So kann der Anwalt sich vorbereiten und die Beratungszeit effektiv nutzen.
Vorteile der telefonischen Erstberatung
Die telefonische Beratung bietet handfeste Vorteile. Sie sparen Anfahrtszeit und -kosten, können flexibler Termine vereinbaren und müssen keinen Arbeitstag opfern. Gerade bei zeitkritischen Fragen – etwa einer laufenden Einspruchsfrist – ermöglicht die Telefonberatung eine schnelle Reaktion. Viele Kanzleien bieten auch Abend- oder Wochenendtermine für telefonische Konsultationen an.
Für eine erste Einschätzung der Rechtslage ist ein Telefonat oft völlig ausreichend. Der Anwalt kann beurteilen, ob Sie überhaupt einen Anspruch haben, welche Erfolgsaussichten bestehen und welche nächsten Schritte sinnvoll sind. Erst wenn es um komplexere Beratungen oder eine Mandatsübernahme geht, wird ein persönlicher Termin wichtiger.
Qualitätskriterien bei der Online-Rechtsberatung
Nicht jedes Online-Angebot zur Rechtsberatung erfüllt professionelle Standards. Achten Sie darauf, dass Sie mit einem zugelassenen Rechtsanwalt sprechen – und nicht mit einem Rechtsberater oder juristischen Laien. Die Anwaltszulassung können Sie über das bundesweite Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer prüfen. Seriöse Online-Kanzleien nennen die Namen ihrer Anwälte transparent auf der Website.
Die Kommunikation sollte über verschlüsselte Kanäle erfolgen. Anwälte unterliegen der Verschwiegenheitspflicht – diese muss auch digital gewährleistet sein. Einfache E-Mails ohne Verschlüsselung sind problematisch, sichere Mandantenportale oder verschlüsselte Videochat-Systeme sind der bessere Weg. Fragen Sie im Zweifel nach, wie Ihre Daten geschützt werden.
Beispiel: Schnelle Hilfe durch Online-Erstberatung
Herr K. erhielt am Donnerstagabend eine fristlose Kündigung. Die dreiwöchige Frist für die Kündigungsschutzklage begann zu laufen. Über eine Online-Plattform konnte er noch am selben Abend einen Anwalt per Videochat konsultieren. Dieser bestätigte die Erfolgsaussichten und übernahm das Mandat. Die Klage wurde fristgerecht eingereicht – ohne dass Herr K. einen Arbeitstag versäumen musste.
Kostenvoranschlag und individuelle Honorarvereinbarungen
Transparenz bei den Kosten ist das A und O einer vertrauensvollen Mandatsbeziehung. Doch was tun, wenn der Anwalt eine individuelle Honorarvereinbarung vorschlägt, die von den gesetzlichen Gebühren abweicht? Welche Rechte haben Sie, und wann ist eine solche Vereinbarung überhaupt zulässig?
Grundsätzlich können Anwalt und Mandant eine von den gesetzlichen Gebühren abweichende Vergütung vereinbaren. Diese sogenannte Honorarvereinbarung kann sowohl höher als auch niedriger ausfallen als die RVG-Gebühren. Bei der Erstberatung für Verbraucher gilt jedoch die Besonderheit: Eine höhere Gebühr als 190 Euro netto darf nur vereinbart werden, wenn der Mandant ausdrücklich und in Textform zustimmt. Eine stillschweigende Überschreitung ist nicht zulässig.
Der Kostenvoranschlag ist ein wichtiges Instrument zur Kostentransparenz. Er gibt Ihnen vorab eine Einschätzung, welche Gebühren voraussichtlich anfallen werden. Anders als bei Handwerkerleistungen ist der anwaltliche Kostenvoranschlag allerdings nicht verbindlich – die tatsächlichen Kosten können abweichen, wenn der Aufwand höher ausfällt als prognostiziert. Bitten Sie daher um regelmäßige Kostenupdates, wenn sich der Fall entwickelt.
Stundensatz versus Pauschalhonorar
Bei Honorarvereinbarungen sind verschiedene Modelle üblich. Die Abrechnung nach Stundensatz ist verbreitet – übliche Sätze liegen je nach Spezialisierung und Region bei unterschiedlichen Beträgen. Der Vorteil: Sie zahlen nur für die tatsächlich aufgewendete Zeit. Der Nachteil: Die Gesamtkosten sind schwer kalkulierbar.
Ein Pauschalhonorar bietet mehr Planungssicherheit. Anwalt und Mandant einigen sich auf einen Festpreis für eine definierte Leistung – etwa die Erstberatung plus ein erstes Anwaltsschreiben. Sie wissen genau, was auf Sie zukommt, unabhängig davon, wie lange der Anwalt tatsächlich arbeitet. Dieses Modell eignet sich besonders für überschaubare Aufträge mit klarem Leistungsumfang.
Worauf Sie bei Honorarvereinbarungen achten sollten
Bevor Sie eine Honorarvereinbarung unterschreiben, prüfen Sie diese sorgfältig. Der Vertrag muss in Textform vorliegen – also schriftlich oder per E-Mail. Mündliche Abreden über höhere Vergütungen sind unwirksam. Der Anwalt muss Sie darauf hinweisen, dass die vereinbarte Vergütung von den gesetzlichen Gebühren abweicht und dass Sie das Recht haben, eine Abrechnung nach RVG zu verlangen.
Achten Sie auf versteckte Klauseln. Manche Vereinbarungen enthalten Mindestgebühren, Auslagenpauschalen oder Zuschläge für bestimmte Tätigkeiten. Fragen Sie nach, was genau in der Pauschale enthalten ist und was zusätzlich berechnet wird. Eine transparente Vereinbarung listet alle Kostenpositionen einzeln auf.
Praxis-Tipp: Honorarvereinbarung nicht unter Druck unterschreiben
Lassen Sie sich Zeit, bevor Sie eine Honorarvereinbarung unterzeichnen. Nehmen Sie das Dokument mit nach Hause und prüfen Sie es in Ruhe. Ein seriöser Anwalt wird dafür Verständnis haben. Bei Unklarheiten fragen Sie nach – oder holen Sie eine zweite Meinung ein.
Versteckte Kosten vermeiden - Worauf Sie achten sollten
Die Erstberatung kostete wie vereinbart 150 Euro – doch dann kommen Auslagen, Telefonpauschalen und Dokumentengebühren hinzu. Plötzlich liegt die Rechnung weit über dem erwarteten Betrag. Solche bösen Überraschungen lassen sich vermeiden, wenn Sie wissen, worauf Sie achten müssen.
Neben dem eigentlichen Beratungshonorar können Anwälte bestimmte Auslagen in Rechnung stellen. Dazu gehören Kopierkosten, Porto, Telefon- und Faxgebühren sowie Reisekosten bei Auswärtsterminen. Das RVG sieht dafür pauschale Sätze vor: Die allgemeine Auslagenpauschale beträgt maximal 20 Euro, wenn keine höheren Auslagen nachgewiesen werden. Für Kopien und Ausdrucke gelten feste Cent-Beträge pro Seite.
Problematisch wird es, wenn Anwälte pauschale Zuschläge berechnen, die nicht im RVG vorgesehen sind. Eine "Aktengebühr", eine "Bearbeitungspauschale" oder eine "Verwaltungsgebühr" für die Erstberatung ist rechtlich nicht zulässig. Auch gesonderte Gebühren für die Terminvereinbarung oder das Führen der Mandantenakte sind nicht erlaubt. Wenn solche Positionen auf Ihrer Rechnung auftauchen, sollten Sie nachhaken.
Häufige Kostenfallen und wie Sie sie erkennen
Eine verbreitete Kostenfalle ist der fließende Übergang von der Erstberatung zur weitergehenden Beratung. Der Anwalt beginnt mit der rechtlichen Einschätzung und schlägt dann vor, "gleich noch ein Schreiben aufzusetzen" oder "kurz die Akte einzusehen". Ohne klare Vereinbarung entstehen plötzlich zusätzliche Gebühren, die ein Vielfaches der Erstberatung betragen können.
Eine weitere Falle sind Folgekosten durch unklare Mandatierung. Wenn nicht klar definiert ist, was die Erstberatung umfasst und wo das weitergehende Mandat beginnt, kann es zu Missverständnissen kommen. Bestehen Sie auf einer klaren Abgrenzung: Was ist im Erstberatungspreis enthalten? Ab welchem Punkt entstehen zusätzliche Kosten? Was kostet die weitergehende Vertretung?
Checkliste: Versteckte Kosten bei der Erstberatung vermeiden
- Vor dem Termin schriftlich nach dem Gesamtpreis inklusive Auslagen fragen
- Klären, ob Mehrwertsteuer im genannten Preis enthalten ist
- Umfang der Erstberatung genau definieren lassen
- Bei Vorschlägen für Zusatzleistungen nach den Kosten fragen
- Honorarvereinbarung vor Unterschrift komplett durchlesen
- Rechnung auf unzulässige Pauschalen prüfen
So kontrollieren Sie Ihre Anwaltsrechnung
Eine ordnungsgemäße Anwaltsrechnung muss bestimmte Angaben enthalten. Dazu gehören: Name und Anschrift der Kanzlei, Datum der Rechnung, Bezeichnung der erbrachten Leistung, angewendete Gebührenvorschriften, Betrag der einzelnen Gebühren und Auslagen sowie der Gesamtbetrag mit ausgewiesener Mehrwertsteuer. Eine pauschale Rechnung ohne Aufschlüsselung müssen Sie nicht akzeptieren.
Vergleichen Sie die Rechnung mit der ursprünglichen Vereinbarung. Stimmen die Beträge überein? Sind nur die vereinbarten Leistungen berechnet? Gibt es Positionen, die nicht besprochen wurden? Bei Unstimmigkeiten haben Sie das Recht, eine detaillierte Erläuterung zu verlangen. Der Anwalt muss nachvollziehbar darlegen, wie sich die einzelnen Gebühren zusammensetzen.
Rechtsmittel bei zu hoher Anwaltsrechnung
Die Rechnung liegt vor Ihnen, und der Betrag erscheint überzogen. Was nun? Viele Mandanten zahlen zähneknirschend, weil sie ihre Rechte nicht kennen. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, gegen eine unangemessene Anwaltsrechnung vorzugehen – von der direkten Reklamation bis zum förmlichen Rechtsmittel.
Der erste Schritt sollte immer das direkte Gespräch sein. Kontaktieren Sie die Kanzlei und bitten Sie um eine Erläuterung der strittigen Positionen. Oft lassen sich Missverständnisse klären oder Fehler korrigieren. Manche Anwälte zeigen sich auch verhandlungsbereit und bieten Kulanzlösungen an – etwa einen Nachlass oder eine Ratenzahlung. Dokumentieren Sie alle Gespräche schriftlich.
Führt das direkte Gespräch nicht zum Ziel, können Sie die Rechnung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer überprüfen lassen. Jede Kammer bietet einen kostenlosen Gebührenprüfungsservice an. Experten prüfen, ob die berechneten Gebühren den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und erstellen eine Stellungnahme. Diese ist zwar nicht rechtlich bindend, hat aber erhebliches Gewicht bei Streitigkeiten.
Gebührenprüfung durch die Rechtsanwaltskammer
Um eine Gebührenprüfung zu beantragen, wenden Sie sich an die Rechtsanwaltskammer, bei der der Anwalt zugelassen ist. Diese Information finden Sie auf dem Briefkopf der Kanzlei oder im bundesweiten Anwaltsverzeichnis. Schildern Sie den Sachverhalt schriftlich, fügen Sie die Rechnung sowie alle relevanten Vereinbarungen bei und bitten Sie um Überprüfung.
Die Kammer prüft insbesondere, ob die angewendeten Gebührensätze korrekt sind, ob die Kostenaufklärung erfolgt ist und ob eine wirksame Honorarvereinbarung vorliegt. Das Ergebnis erhalten Sie in Form eines Gutachtens. Stellt die Kammer Verstöße fest, können Sie dies dem Anwalt vorlegen und eine Korrektur verlangen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann die Kammer auch ein Aufsichtsverfahren einleiten.
Beispiel: Erfolgreiche Gebührenprüfung
Herr S. erhielt für eine Erstberatung im Familienrecht eine Rechnung über 450 Euro. Eine Honorarvereinbarung war nicht geschlossen worden. Die Rechtsanwaltskammer stellte fest, dass nur die gesetzliche Höchstgebühr von 190 Euro netto zulässig war. Der Anwalt musste die Rechnung entsprechend korrigieren und den überzahlten Betrag erstatten.
Gerichtliche Überprüfung und Durchsetzung
Weigert sich der Anwalt trotz berechtigter Einwände, die Rechnung anzupassen, bleibt der Gang zum Gericht. Bei Streitigkeiten über Anwaltsgebühren ist das Amtsgericht zuständig – und zwar auch bei Streitwerten über der normalen Amtsgerichtsgrenze von 5.000 Euro. Sie können entweder auf Feststellung klagen, dass die Gebührenforderung unberechtigt ist, oder – wenn Sie bereits gezahlt haben – auf Rückzahlung des überzahlten Betrags.
Bevor es zum Prozess kommt, müssen Sie keine Angst haben: Berechnet der Anwalt die Erstberatungsgebühr falsch, liegt das Recht auf Ihrer Seite. Die Beweislast für eine wirksame Honorarvereinbarung trägt der Anwalt. Kann er nicht nachweisen, dass Sie einer höheren Vergütung zugestimmt haben, gilt die gesetzliche Höchstgrenze. Die Prozesskosten trägt bei Erfolg die unterlegene Partei – also der Anwalt.
Alternativ zum Gerichtsverfahren bieten manche Rechtsanwaltskammern eine Schlichtung an. Ein neutraler Vermittler versucht, zwischen den Parteien eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die Schlichtung ist freiwillig und kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren. Sie kann eine gute Option sein, wenn beide Seiten grundsätzlich zu einer Einigung bereit sind, aber in Details nicht zusammenkommen.
