Gewährleistung vs. Garantie: Die rechtlichen Unterschiede
Der Brief vom Händler liegt auf dem Tisch, daneben der Kaufvertrag für den Gebrauchtwagen. "Garantie inklusive" steht dort in großen Buchstaben. Doch was bedeutet das eigentlich? Und warum besteht der Verkäufer darauf, dass die Gewährleistung etwas völlig anderes sei? Diese Unterscheidung ist keine juristische Spitzfindigkeit, sondern entscheidet im Ernstfall darüber, ob Sie auf den Reparaturkosten sitzen bleiben oder nicht.
Die Gewährleistung – juristisch korrekt als Sachmängelhaftung bezeichnet – ist Ihr gesetzliches Recht als Käufer. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert und kann bei Verbraucherkäufen vom Händler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Kaufen Sie einen Gebrauchtwagen vom gewerblichen Händler, haftet dieser zwingend dafür, dass das Fahrzeug bei Übergabe mangelfrei war. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre, kann aber bei Gebrauchtwagen vertraglich auf ein Jahr verkürzt werden – was nahezu jeder Händler auch tut.
Der entscheidende Knackpunkt liegt in der Beweislast. In den ersten zwölf Monaten nach dem Kauf wird vermutet, dass ein auftretender Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war. Der Händler muss das Gegenteil beweisen. Nach Ablauf dieser Frist dreht sich die Beweislast um: Sie als Käufer müssen nachweisen, dass der Defekt schon bei der Übergabe bestand. Das ist ohne teures Gutachten praktisch unmöglich und macht die Gewährleistung im zweiten Jahr oft wertlos.
Die Garantie als freiwillige Zusatzleistung
Im Gegensatz zur gesetzlichen Gewährleistung ist die Garantie eine freiwillige Leistung. Sie kann vom Hersteller, vom Händler oder von einem Drittanbieter gewährt werden. Der Garantiegeber verspricht dabei, für bestimmte Mängel einzustehen – unabhängig davon, ob diese bereits bei Übergabe vorlagen. Das ist der wesentliche Unterschied: Eine Garantie kann auch Defekte abdecken, die erst während der Nutzung entstehen.
Allerdings bestimmt der Garantiegeber selbst, welche Teile und welche Schäden abgedeckt sind. Es gibt keine gesetzlichen Mindeststandards für Garantieleistungen. Was in den Garantiebedingungen nicht ausdrücklich genannt ist, ist in der Regel auch nicht versichert. Diese Vertragsfreiheit führt dazu, dass sich Garantien erheblich in ihrem Umfang und ihrer Qualität unterscheiden können.
Praxis-Tipp: Beweissicherung ab dem ersten Tag
Dokumentieren Sie den Zustand des Fahrzeugs unmittelbar nach dem Kauf mit Fotos und Videos. Notieren Sie den Kilometerstand und alle sichtbaren Besonderheiten. Diese Dokumentation kann bei späteren Streitigkeiten sowohl für Gewährleistungs- als auch für Garantieansprüche entscheidend sein.
Welche Arten von Gebrauchtwagengarantien gibt es?
Der Markt für Gebrauchtwagengarantien ist unübersichtlich geworden. Unterschiedliche Anbieter, verschiedene Modelle und zahllose Tarifvarianten erschweren den Vergleich. Grundsätzlich lassen sich jedoch drei Haupttypen unterscheiden, die jeweils eigene Vor- und Nachteile mit sich bringen.
Die Händlergarantie wird direkt vom Autoverkäufer angeboten und ist häufig im Kaufpreis enthalten oder kann gegen Aufpreis hinzugebucht werden. Der Vorteil liegt in der direkten Ansprechbarkeit: Bei Problemen wenden Sie sich an denselben Händler, bei dem Sie das Fahrzeug gekauft haben. Allerdings ist diese Garantie nur so gut wie die Bonität und Seriosität des Händlers. Geht das Autohaus in die Insolvenz, verfällt meist auch Ihre Garantie ersatzlos.
Herstellergarantien bei Gebrauchtwagen sind seltener, können aber bei jüngeren Fahrzeugen noch aus der Neuwagengarantie stammen. Manche Hersteller bieten zudem spezielle Programme für zertifizierte Gebrauchtwagen an, die eine erweiterte Garantie beinhalten. Diese Garantien gelten in der Regel markenübergreifend in allen Vertragswerkstätten und bieten damit eine hohe Sicherheit.
Versicherungsbasierte Garantien als Alternative
Die dritte und zunehmend populäre Variante sind Garantien, die von Versicherungsunternehmen oder spezialisierten Garantiegebern angeboten werden. Diese können unabhängig vom Fahrzeugkauf abgeschlossen werden – theoretisch auch noch Wochen oder Monate nach dem Erwerb. Die Versicherungsgarantie funktioniert ähnlich wie eine Kaskoversicherung: Sie zahlen einen monatlichen oder jährlichen Beitrag und erhalten im Gegenzug Schutz für definierte Schadensfälle.
Der Vorteil dieser Lösung liegt in der Unabhängigkeit vom Händler. Selbst wenn das Autohaus nicht mehr existiert, bleibt Ihr Garantieschutz bestehen. Außerdem können Sie bei vielen Anbietern frei wählen, in welcher Werkstatt die Reparatur durchgeführt wird. Der Nachteil: Versicherungsgarantien sind in der Regel teurer als Händlergarantien und haben oft strengere Ausschlusskriterien.
Beispiel: Die versteckte Garantie im Kaufvertrag
Herr M. kaufte einen fünf Jahre alten Mittelklassewagen bei einem freien Händler. Im Kleingedruckten des Kaufvertrags war eine "12-Monats-Garantie" erwähnt. Als nach acht Monaten das Getriebe ausfiel, lehnte der Händler die Reparatur ab – die Garantie decke nur Motor und Elektronik ab, nicht aber das Getriebe. Eine genaue Lektüre der Garantiebedingungen hätte Herrn M. vor dem Kauf gezeigt, dass diese Garantie für sein Fahrzeug praktisch wertlos war.
Händlergarantie: Vorteile und Fallstricke
Die Händlergarantie erscheint auf den ersten Blick als unkomplizierte Lösung. Der Verkäufer kennt das Fahrzeug, steht als direkter Ansprechpartner zur Verfügung und die Abwicklung im Schadensfall sollte schnell und unbürokratisch erfolgen. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig ein anderes Bild, das Sie kennen sollten, bevor Sie sich auf eine solche Garantie verlassen.
Der offensichtlichste Vorteil einer Händlergarantie ist die Nähe zum Garantiegeber. Sie müssen nicht mit einem anonymen Callcenter oder einer fernen Versicherungszentrale kommunizieren, sondern können direkt in das Autohaus gehen und Ihr Anliegen vorbringen. Bei seriösen Händlern führt dies tatsächlich zu einer schnellen und kundenfreundlichen Abwicklung. Der Händler hat ein wirtschaftliches Interesse daran, Sie als Kunden zu behalten – schließlich sollen Sie auch in Zukunft dort kaufen und Ihr Fahrzeug warten lassen.
Problematisch wird es, wenn der Händler nicht mehr existiert oder sich querstelllt. Eine Händlergarantie ist in der Regel an das Unternehmen gebunden, das sie ausgestellt hat. Schließt das Autohaus, wird es verkauft oder meldet Insolvenz an, stehen Sie als Garantienehmer oft mit leeren Händen da. Der neue Eigentümer oder der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, die Garantiezusagen des Vorgängers zu erfüllen.
Den Leistungsumfang kritisch prüfen
Händlergarantien variieren enorm in ihrem Umfang. Manche decken nur den Motor ab, andere schließen auch Getriebe, Achsen und Elektronik ein. Die günstigsten Varianten beschränken sich auf wenige Kernkomponenten, während Premiumgarantien nahezu das gesamte Fahrzeug absichern. Achten Sie besonders auf die Definition von "Verschleißteilen", denn diese sind fast immer von der Garantie ausgenommen – und die Grenze zwischen Verschleiß und Defekt ist oft Auslegungssache.
Ein weiterer kritischer Punkt sind Selbstbeteiligungen und Obergrenzen. Viele Händlergarantien sehen eine Selbstbeteiligung pro Schadensfall vor, typischerweise zwischen 150 und 300 Euro. Bei kleineren Reparaturen kann diese Selbstbeteiligung den Nutzen der Garantie zunichtemachen. Ebenso wichtig sind maximale Erstattungsbeträge pro Schadensfall oder pro Jahr – überschreitet die Reparatur diese Grenze, zahlen Sie die Differenz aus eigener Tasche.
Checkliste: Händlergarantie vor Abschluss prüfen
- Welche Bauteile sind konkret abgedeckt und welche ausgeschlossen?
- Gibt es eine Selbstbeteiligung und wenn ja, in welcher Höhe?
- Existieren Obergrenzen für einzelne Schadensfälle oder pro Jahr?
- Muss das Fahrzeug zwingend in der Händlerwerkstatt repariert werden?
- Wie lange besteht der Händler bereits und wie ist seine Reputation?
- Was passiert mit der Garantie bei Verkauf oder Schließung des Autohauses?
Versicherungsgarantie: Leistungen und Grenzen
Versicherungsbasierte Garantien haben sich als eigenständiges Marktsegment etabliert. Spezialisierte Anbieter und klassische Versicherungsunternehmen buhlen um die Gunst der Gebrauchtwagenkäufer. Das Grundprinzip ähnelt anderen Versicherungsprodukten: Sie zahlen regelmäßige Prämien und erhalten im Gegenzug Schutz für definierte Risiken. Doch wie bei jeder Versicherung steckt der Teufel im Detail.
Die Prämien für Versicherungsgarantien richten sich nach verschiedenen Faktoren. Das Alter des Fahrzeugs spielt eine zentrale Rolle – je älter das Auto, desto teurer die Garantie. Gleiches gilt für die Laufleistung und die Motorisierung. Ein zehn Jahre alter Sportwagen mit hoher PS-Zahl kann monatliche Prämien von 100 Euro und mehr verursachen, während ein drei Jahre alter Kleinwagen mit geringer Laufleistung schon für 20 bis 30 Euro versicherbar ist.
Ein wesentlicher Vorteil der Versicherungsgarantie liegt in ihrer Unabhängigkeit. Der Garantieschutz bleibt bestehen, selbst wenn der Händler nicht mehr am Markt ist. Viele Anbieter erlauben zudem die freie Werkstattwahl, sodass Sie nicht an eine bestimmte Werkstatt gebunden sind. Dies kann besonders bei Umzügen oder längeren Reisen relevant werden. Allerdings erstatten manche Versicherungen bei freien Werkstätten nur reduzierte Stundensätze – informieren Sie sich vor Vertragsabschluss über diese Regelungen.
Wartezeiten und Karenzfristen beachten
Ein oft übersehener Aspekt sind Wartezeiten. Die meisten Versicherungsgarantien sehen eine Karenzfrist von 30 bis 90 Tagen vor, in denen noch kein Versicherungsschutz besteht. Diese Regelung soll verhindern, dass Käufer ein bereits defektes Fahrzeug erwerben und sofort die Garantie in Anspruch nehmen. Für Sie als Käufer bedeutet dies jedoch, dass Sie in den ersten Wochen nach dem Kauf ohne Garantieschutz dastehen – ausgerechnet in der Zeit, in der versteckte Mängel häufig zutage treten.
Manche Anbieter verzichten auf die Wartezeit, wenn das Fahrzeug bei Vertragsabschluss eine aktuelle Hauptuntersuchung ohne Mängel vorweisen kann oder wenn bereits eine lückenlose Garantiehistorie besteht. Fragen Sie gezielt nach solchen Ausnahmeregelungen, wenn Sie eine Versicherungsgarantie in Betracht ziehen.
Garantieausschlüsse und das Kleingedruckte
Das Garantiezertifikat verspricht umfassenden Schutz, doch die eigentliche Wahrheit verbirgt sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dort finden sich seitenweise Ausschlüsse, Einschränkungen und Bedingungen, die den vermeintlich großzügigen Schutz auf ein Minimum reduzieren können. Wer diese Klauseln nicht kennt, erlebt im Schadensfall oft eine böse Überraschung.
Der klassische Ausschluss betrifft Verschleißteile. Bremsen, Kupplungen, Reifen, Scheibenwischer und Glühbirnen sind praktisch nie von Garantien abgedeckt – das ist nachvollziehbar, denn diese Teile unterliegen natürlichem Verschleiß. Problematisch wird es jedoch, wenn der Garantiegeber den Begriff "Verschleißteil" weit auslegt. Manche Verträge zählen auch Stoßdämpfer, Auspuffanlagen oder sogar bestimmte Motorkomponenten zu den Verschleißteilen, obwohl diese bei normaler Nutzung jahrelang halten sollten.
Besonders heimtückisch sind Ausschlüsse, die an Wartungsvorschriften geknüpft sind. Viele Garantieverträge verlangen, dass alle Wartungsintervalle gemäß Herstellervorgaben eingehalten werden. Können Sie das nicht lückenlos nachweisen, etwa weil Serviceheft oder Rechnungen fehlen, kann der Garantiegeber jede Leistung verweigern. Einige Verträge schreiben sogar vor, dass Wartungen nur in Vertragswerkstätten durchgeführt werden dürfen – bei freien Werkstätten erlischt der Garantieschutz.
Folgeschäden und Ursachenklauseln
Ein defekter Thermostat führt zur Überhitzung des Motors, der daraufhin einen Kopfdichtungsschaden erleidet. Der Thermostat kostet 50 Euro, die Motorreparatur 3.000 Euro. Wer zahlt was? Die Antwort hängt von den Garantiebedingungen ab. Viele Verträge schließen Folgeschäden ausdrücklich aus – Sie bekommen den Thermostat ersetzt, aber nicht den Motor. Achten Sie auf Formulierungen wie "unmittelbare Schäden" oder "direkte Defekte", die auf solche Einschränkungen hindeuten.
Ebenso kritisch sind Ursachenklauseln. Manche Garantien leisten nur, wenn der Schaden durch einen "inneren Defekt" entstanden ist, nicht aber bei äußeren Einwirkungen. Wurde der Motorschaden durch verschmutztes Öl verursacht, weil Sie die Wartung versäumt haben? Dann greift die Garantie nicht. Hat sich ein Marder durch Kabel gefressen und dadurch einen Kurzschluss verursacht? Auch das ist oft nicht abgedeckt. Die Beweislast für die Schadensursache liegt dabei häufig beim Garantienehmer.
Praxis-Tipp: Garantiebedingungen vor dem Kauf anfordern
Bestehen Sie darauf, die vollständigen Garantiebedingungen vor Vertragsabschluss zu erhalten – nicht nur das Werbeprospekt. Nehmen Sie sich Zeit, das Dokument in Ruhe zu lesen, und markieren Sie alle Ausschlüsse. Fragen Sie bei Unklarheiten schriftlich nach und lassen Sie sich die Antworten bestätigen.
Privatverkauf: Wenn die Gewährleistung wegfällt
Der Gebrauchtwagen vom Privatverkäufer ist oft günstiger als beim Händler. Doch dieser Preisvorteil hat seinen Grund: Private Verkäufer können die gesetzliche Gewährleistung vollständig ausschließen – und tun dies in nahezu jedem Fall. Die typische Formulierung "Verkauf von privat unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung" ist wirksam und lässt Sie als Käufer mit dem vollen Risiko zurück.
Dieser Gewährleistungsausschluss bedeutet, dass Sie auch bei Mängeln, die bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestanden, keine Ansprüche gegen den Verkäufer haben. Selbst wenn das Getriebe eine Woche nach dem Kauf seinen Geist aufgibt und ein Gutachter feststellt, dass der Schaden schon länger bestehen muss, können Sie vom Privatverkäufer grundsätzlich nichts verlangen. Die einzige Ausnahme: Der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen, also bewusst einen ihm bekannten Defekt verheimlicht.
Den Nachweis der Arglist zu führen, ist jedoch äußerst schwierig. Sie müssen beweisen, dass der Verkäufer den Mangel kannte und absichtlich verschwieg. Die bloße Vermutung, dass er es hätte wissen müssen, reicht nicht aus. In der Praxis gelingt dieser Nachweis nur selten, etwa wenn Zeugen bestätigen können, dass der Verkäufer vor dem Kauf über den Defekt gesprochen hat, oder wenn Werkstattrechnungen auftauchen, die eine frühere Kenntnis belegen.
Gibt es Garantien beim Privatverkauf?
Da private Verkäufer keine Gewährleistung geben müssen und in der Regel auch keine Garantie anbieten, stellt sich die Frage, ob Sie als Käufer anderweitig Schutz erlangen können. Die Antwort lautet: bedingt. Einige Versicherungsunternehmen bieten Garantien an, die auch für Privatverkäufe abgeschlossen werden können. Allerdings sind die Hürden hoch und die Prämien entsprechend teuer.
Die meisten Anbieter verlangen vor Vertragsabschluss eine technische Untersuchung des Fahrzeugs, um vorbestehende Schäden auszuschließen. Diese Untersuchung kostet zusätzlich und wird vom Käufer bezahlt. Außerdem gelten oft strenge Altersgrenzen und Laufleistungslimits – Fahrzeuge über zehn Jahren oder mit mehr als 150.000 Kilometern sind häufig nicht versicherbar. Wenn Sie einen Gebrauchtwagen von privat kaufen möchten und auf Nummer sicher gehen wollen, sollten Sie diese Kosten in Ihre Kalkulation einbeziehen.
Beispiel: Der arglistig verschwiegene Unfallschaden
Frau K. kaufte ein Fahrzeug von einem Privatverkäufer, der auf ihre Frage nach Unfallschäden verneinte. Ein Jahr später stellte sich bei einem Werkstattbesuch heraus, dass das Fahrzeug einen reparierten Heckschaden hatte. Frau K. konnte durch Nachforschungen bei der Vorbesitzerin belegen, dass der Verkäufer vom Unfall wusste. Das Gericht entschied, dass der Gewährleistungsausschluss wegen Arglist unwirksam war, und Frau K. erhielt einen Teil des Kaufpreises zurück.
Entscheidungshilfe: Wann ist eine Garantie sinnvoll?
Die Frage, ob sich eine Gebrauchtwagengarantie lohnt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie hängt von verschiedenen Faktoren ab, die Sie individuell abwägen müssen. Eine Garantie ist im Kern eine Versicherung gegen unvorhergesehene Reparaturkosten – und wie bei jeder Versicherung zahlt die Mehrheit der Versicherten mehr ein, als sie herausbekommt. Doch für den Einzelfall kann sie dennoch wirtschaftlich sinnvoll sein.
Das Alter und die Laufleistung des Fahrzeugs spielen eine zentrale Rolle. Bei Fahrzeugen unter drei Jahren mit geringer Laufleistung besteht häufig noch eine Rest-Herstellergarantie, und die Wahrscheinlichkeit größerer Defekte ist statistisch gering. Hier ist eine Zusatzgarantie selten ihr Geld wert. Anders sieht es bei Fahrzeugen zwischen fünf und zehn Jahren aus: Die Herstellergarantie ist abgelaufen, die gesetzliche Gewährleistung verkürzt oder bereits erloschen, und die typischen Alterungserscheinungen setzen ein.
Besonders kostenintensiv sind Reparaturen bei Premiumfahrzeugen und bei Autos mit aufwendiger Technik. Wer einen gebrauchten Oberklassewagen mit Luftfederung, adaptivem Fahrwerk und zahlreichen elektronischen Assistenzsystemen kauft, sollte bedenken, dass einzelne Reparaturen schnell vierstellige Beträge erreichen können. Hier kann eine Garantie als Absicherung gegen finanzielle Risiken durchaus Sinn machen. Bei einem einfach ausgestatteten Kleinwagen hingegen sind selbst größere Reparaturen meist günstiger als die Summe der Garantieprämien.
Eine ehrliche Kosten-Nutzen-Analyse
Rechnen Sie nüchtern: Was kostet die Garantie über die gesamte Laufzeit? Addieren Sie alle Prämien und berücksichtigen Sie die Selbstbeteiligung. Vergleichen Sie diesen Betrag mit den wahrscheinlichsten Reparaturszenarien für Ihr Fahrzeugmodell. Online-Foren und Erfahrungsberichte geben oft Aufschluss über typische Schwachstellen und deren Reparaturkosten. Liegt die Garantieprämie bei 500 Euro pro Jahr und die wahrscheinlichste Reparatur bei 800 Euro, ist die Rechnung schnell gemacht.
Bedenken Sie auch Ihre persönliche finanzielle Situation. Können Sie eine unerwartete Reparatur von mehreren tausend Euro problemlos verkraften, oder würde dies ein ernstes Problem darstellen? Die Garantie ist auch eine psychologische Absicherung – sie verschafft Ihnen Ruhe und Planungssicherheit, selbst wenn sie sich rein rechnerisch möglicherweise nicht lohnt.
Checkliste: Entscheidungsfaktoren für eine Garantie
- Fahrzeugalter über fünf Jahre oder Laufleistung über 100.000 km?
- Handelt es sich um ein technisch komplexes Fahrzeug mit teuren Ersatzteilen?
- Sind bei diesem Modell bestimmte kostenintensive Defekte bekannt?
- Würde eine unerwartete Großreparatur Ihr Budget ernsthaft belasten?
- Deckt die Garantie genau die Komponenten ab, die am ehesten ausfallen?
- Ist das Preis-Leistungs-Verhältnis nach realistischer Kalkulation angemessen?
Im Schadenfall: So setzen Sie Garantieansprüche durch
Der Motor macht verdächtige Geräusche, die Elektronik spinnt oder das Getriebe ruckelt – jetzt zeigt sich, was Ihre Garantie wirklich wert ist. Doch zwischen dem Auftreten eines Schadens und der Erstattung der Reparaturkosten liegen oft Hürden, die Sie kennen und überwinden müssen. Mit der richtigen Vorgehensweise erhöhen Sie Ihre Chancen auf eine reibungslose Abwicklung erheblich.
Der erste und wichtigste Schritt ist die unverzügliche Meldung des Schadens. Die meisten Garantiebedingungen schreiben vor, dass Schäden innerhalb einer bestimmten Frist – oft 48 bis 72 Stunden – dem Garantiegeber gemeldet werden müssen. Versäumen Sie diese Frist, riskieren Sie den vollständigen Verlust Ihres Anspruchs. Dokumentieren Sie die Meldung schriftlich, am besten per E-Mail oder Einschreiben, und notieren Sie Datum und Uhrzeit des Telefongesprächs, falls Sie zusätzlich anrufen.
Lassen Sie keine Reparaturen durchführen, bevor Sie die Freigabe des Garantiegebers erhalten haben. Viele Verträge sehen vor, dass der Garantiegeber das Recht hat, das Fahrzeug vor der Reparatur zu inspizieren oder einen eigenen Gutachter zu beauftragen. Werden Sie eigenmächtig aktiv, kann der Garantiegeber die Kostenübernahme verweigern. In dringenden Fällen – etwa wenn das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit ist – sollten Sie zumindest telefonisch eine Sofortfreigabe einholen und sich diese schriftlich bestätigen lassen.
Was tun bei Ablehnung der Garantieleistung?
Nicht selten lehnen Garantiegeber Ansprüche zunächst ab oder versuchen, die Leistung zu kürzen. Häufige Begründungen sind angeblich nicht eingehaltene Wartungsintervalle, Verschleiß statt Defekt oder ein nicht abgedecktes Bauteil. In solchen Fällen sollten Sie nicht vorschnell aufgeben, sondern die Ablehnung kritisch prüfen.
Fordern Sie eine schriftliche Begründung mit Verweis auf die konkreten Vertragsklauseln, auf die sich der Garantiegeber stützt. Prüfen Sie diese Klauseln sorgfältig und vergleichen Sie sie mit dem tatsächlichen Sachverhalt. Oft sind Ablehnungen rechtlich angreifbar, etwa weil die Klausel intransparent formuliert ist oder weil der Garantiegeber die Beweislast falsch verteilt. Bei erheblichen Beträgen kann es sich lohnen, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, der die Erfolgsaussichten einer Auseinandersetzung einschätzt.
Praxis-Tipp: Vollständige Dokumentation als Trumpfkarte
Sammeln Sie alle Belege systematisch: Kaufvertrag, Garantiebedingungen, Servicerechnungen, Schriftverkehr mit dem Garantiegeber. Fotografieren Sie den Schaden vor der Reparatur und lassen Sie sich von der Werkstatt eine detaillierte Diagnose mit Angabe der Schadensursache ausstellen. Diese Dokumentation ist Ihre wichtigste Grundlage bei Streitigkeiten.
Bevor Sie den Rechtsweg beschreiten, kann auch eine Beschwerde bei Verbraucherschutzorganisationen oder Schlichtungsstellen sinnvoll sein. Manche Garantiegeber sind dort registriert und unterliegen entsprechenden Schlichtungsverfahren. Diese sind in der Regel kostenlos oder kostengünstig und können zu einer außergerichtlichen Einigung führen. Erst wenn alle diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sollten Sie eine gerichtliche Durchsetzung in Betracht ziehen – wobei Sie Kosten und Erfolgsaussichten sorgfältig abwägen sollten.
