Grundregeln für Krankengeld im EU-Ausland
Sie sind krankgeschrieben, beziehen Krankengeld – und möchten trotzdem verreisen. Vielleicht zu Familie in Italien, zur Erholung nach Spanien oder für eine Kur in Österreich. Die gute Nachricht: Innerhalb der Europäischen Union ist das grundsätzlich möglich. Die schlechte: Außerhalb der EU-Grenzen wird es kompliziert – und teuer, wenn Sie die Regeln nicht kennen.
Das Sozialgericht Würzburg hat am 13.12.2016 (S 6 KR 511/16) eine wegweisende Entscheidung getroffen: Krankengeldempfänger dürfen sich innerhalb der EU frei bewegen, ohne ihren Anspruch zu verlieren. Diese Entscheidung basiert auf europarechtlichen Bestimmungen zur Freizügigkeit und Koordinierung der Sozialversicherungssysteme. Wer jedoch die EU-Grenzen überschreitet, riskiert den Verlust des Krankengeldes – es sei denn, die Krankenkasse hat vorher ausdrücklich zugestimmt.
Rechtsgrundlagen der EU-Sozialversicherungskoordinierung
Die Grundlage für den Krankengeldbezug im EU-Ausland bildet die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Diese Verordnung stellt sicher, dass EU-Bürger ihre Sozialversicherungsansprüche nicht verlieren, wenn sie sich in einem anderen Mitgliedsstaat aufhalten. Für Krankengeldempfänger bedeutet das: Der Aufenthalt in einem anderen EU-Land ist kein Ausschlussgrund für die Weiterzahlung der Leistung.
Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat am 06.07.2017 (L 5 KR 135/16) sogar entschieden, dass selbst ein dauerhafter Umzug in einen anderen EU-Mitgliedsstaat den Krankengeldanspruch nicht beendet. Die europarechtlichen Bestimmungen haben Vorrang vor nationalen Einschränkungen. Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Die Arbeitsunfähigkeit muss weiterhin ärztlich bescheinigt werden, und die Krankenkasse muss über den Aufenthalt informiert werden.
Welche Länder gehören zum EU-Raum
Für den Krankengeldbezug gelten nicht nur die 27 EU-Mitgliedsstaaten als begünstigter Aufenthaltsbereich. Durch bilaterale Abkommen und den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind auch Island, Liechtenstein und Norwegen einbezogen. Die Schweiz hat ebenfalls Sondervereinbarungen mit der EU geschlossen, die den Krankengeldbezug ermöglichen. Großbritannien ist seit dem Brexit nicht mehr Teil dieses Systems – ein Aufenthalt dort wird wie ein Aufenthalt in einem Drittstaat behandelt.
Die vollständige Liste umfasst somit alle EU-Staaten von Belgien bis Zypern, die drei EWR-Staaten sowie die Schweiz. Bei Reisen in diese Länder müssen Sie grundsätzlich keine Genehmigung der Krankenkasse einholen. Dennoch bestehen Informationspflichten, die Sie unbedingt einhalten sollten, um spätere Probleme zu vermeiden.
Praxis-Tipp: EU-Länder vor Reiseantritt prüfen
Informieren Sie sich vor jeder Reise, ob Ihr Zielland tatsächlich zur EU, zum EWR oder zu den Ländern mit Sonderabkommen gehört. Beliebte Reiseziele wie die Türkei, Tunesien oder Ägypten fallen nicht darunter. Im Zweifelsfall fragen Sie vorher bei Ihrer Krankenkasse nach – eine kurze E-Mail kann viel Ärger ersparen.
Was passiert bei Aufenthalten außerhalb der EU
Verlassen Sie den EU-Raum während des Krankengeldbezugs, ändert sich Ihre rechtliche Situation grundlegend. Das Krankengeld ruht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, solange Sie sich im Ausland aufhalten – gemeint ist hier das Nicht-EU-Ausland. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob Sie nur einen Kurztrip unternehmen oder einen längeren Aufenthalt planen. Die Konsequenzen können erheblich sein: Für jeden Tag außerhalb der EU erhalten Sie grundsätzlich kein Krankengeld.
Der Gedanke dahinter ist nachvollziehbar: Die deutschen Krankenkassen können außerhalb des EU-Rechtsraums nicht kontrollieren, ob die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich fortbesteht und ob Sie sich genesungsfördernd verhalten. Außerdem fehlen die Mechanismen zur Koordinierung zwischen den Sozialversicherungsträgern, die innerhalb der EU selbstverständlich sind. Das Risiko eines Missbrauchs ist aus Sicht des Gesetzgebers erhöht.
Ruhen des Krankengeldanspruchs verstehen
Das Ruhen des Krankengeldes bedeutet nicht, dass Ihr Anspruch erlischt. Er wird lediglich für die Dauer des Auslandsaufenthalts ausgesetzt. Sobald Sie in die EU zurückkehren und weiterhin arbeitsunfähig sind, lebt der Anspruch wieder auf. Allerdings werden die Tage im Nicht-EU-Ausland nicht nachgezahlt. Sie verlieren also faktisch Geld für jeden Tag, den Sie außerhalb der EU verbringen.
Besonders problematisch wird es, wenn Sie den Aufenthalt nicht melden. Dann zahlt die Krankenkasse möglicherweise zunächst weiter – und fordert das Geld später zurück, sobald der Verstoß bekannt wird. Die Krankenkassen haben durchaus Möglichkeiten, Auslandsaufenthalte zu entdecken: durch Meldungen vom Medizinischen Dienst, Hinweise aus dem Umfeld oder einfach durch Nachfragen bei Kontrollterminen.
Beispiel: Familienbesuch in der Türkei während des Krankengeldbezugs
Ein Versicherter bezog nach einer schweren Operation Krankengeld und wollte sich bei seiner Familie in der Türkei erholen. Er meldete den geplanten dreiwöchigen Aufenthalt nicht bei seiner Krankenkasse. Nach seiner Rückkehr erfuhr die Kasse durch einen Kontrolltermin von der Reise. Die Folge: Rückforderung des Krankengeldes für den gesamten Zeitraum zuzüglich Bearbeitungsgebühren. Der Versicherte hätte die Reise vorher genehmigen lassen müssen.
Finanzielle Folgen eines nicht genehmigten Aufenthalts
Die finanziellen Auswirkungen eines nicht genehmigten Auslandsaufenthalts können beträchtlich sein. Krankengeld beträgt in der Regel 70 Prozent des Bruttoentgelts, maximal 90 Prozent des Nettoentgelts. Bei einem durchschnittlichen Verdienst kommen schnell mehrere hundert Euro pro Woche zusammen. Diese Beträge werden vollständig zurückgefordert, wenn der Aufenthalt nicht genehmigt war.
Hinzu kommen mögliche Verzugszinsen und im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen wegen Sozialleistungsbetrugs. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unrechtmäßig gezahlte Leistungen zurückzufordern und bei Verdacht auf vorsätzliche Täuschung die zuständigen Stellen zu informieren. Ein vermeintlich harmloser Urlaub kann so zum rechtlichen und finanziellen Desaster werden.
Ausnahmen und Sonderregelungen
Trotz der grundsätzlichen Einschränkungen gibt es Situationen, in denen Krankengeld auch außerhalb der EU gezahlt werden kann. Diese Ausnahmen sind jedoch eng begrenzt und erfordern in aller Regel die vorherige Zustimmung der Krankenkasse. Wer die Ausnahmetatbestände kennt, kann sie nutzen – wer sie ignoriert, riskiert den Verlust seines Anspruchs.
Die wichtigste Ausnahme betrifft Aufenthalte, die der Genesung dienen und von der Krankenkasse ausdrücklich genehmigt wurden. Wenn ein Arzt bestätigt, dass ein bestimmter Aufenthalt im Ausland medizinisch sinnvoll ist – etwa wegen des Klimas oder spezieller Behandlungsmöglichkeiten – kann die Krankenkasse eine Ausnahme gewähren. Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen für dienstliche Aufenthalte und bestimmte persönliche Notfälle.
Genehmigungsfähige Aufenthalte außerhalb der EU
Die Krankenkasse kann einen Auslandsaufenthalt genehmigen, wenn nachgewiesen wird, dass dieser der Genesung nicht entgegensteht oder sie sogar fördert. Typische Fälle sind Rehabilitationsmaßnahmen in spezialisierten Einrichtungen, die es in Deutschland nicht gibt, oder Aufenthalte in klimatisch günstigen Regionen bei bestimmten Erkrankungen. Auch familiäre Notfälle können einen Grund für eine Ausnahmegenehmigung darstellen.
Der Antrag auf Genehmigung muss vor dem geplanten Aufenthalt gestellt werden. Er sollte eine ärztliche Stellungnahme enthalten, die begründet, warum der Aufenthalt medizinisch vertretbar oder sogar förderlich ist. Die Krankenkasse prüft jeden Fall individuell und kann Auflagen erteilen, etwa regelmäßige ärztliche Bescheinigungen aus dem Ausland oder eine maximale Aufenthaltsdauer.
Sonderfall dienstliche Aufenthalte
Für dienstlich bedingte Auslandsaufenthalte gelten besondere Regelungen. Wenn ein Arbeitnehmer während einer Dienstreise erkrankt oder wenn die Arbeitsunfähigkeit während eines dienstlichen Auslandsaufenthalts eintritt, sind die Regeln weniger streng. Der Krankengeldanspruch kann in solchen Fällen auch im Nicht-EU-Ausland fortbestehen, sofern die entsprechenden Nachweise erbracht werden.
Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Wer bereits Krankengeld bezieht, ist per Definition arbeitsunfähig und kann grundsätzlich keine Dienstreisen unternehmen. Die Sonderregelung greift also nur, wenn die Erkrankung erst während des dienstlichen Aufenthalts eintritt. In diesem Fall muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht und die Krankenkasse informiert werden.
Checkliste: Antrag auf Auslandsgenehmigung
- Schriftlichen Antrag mindestens vier Wochen vor Reiseantritt stellen
- Ärztliche Bescheinigung beifügen, dass die Reise der Genesung nicht schadet
- Genaue Reisedaten und Zielort angeben
- Erreichbarkeit im Ausland mitteilen (Adresse, Telefonnummer)
- Bestätigung der Genehmigung abwarten, bevor Sie abreisen
- Genehmigungsschreiben während der Reise mitführen
Informationspflichten gegenüber der Krankenkasse
Als Krankengeldempfänger unterliegen Sie umfangreichen Mitwirkungspflichten nach dem Sozialgesetzbuch. Dazu gehört auch die Pflicht, die Krankenkasse über alle Umstände zu informieren, die für den Leistungsbezug relevant sind. Ein Auslandsaufenthalt – egal ob innerhalb oder außerhalb der EU – ist ein solcher relevanter Umstand. Die Verletzung dieser Informationspflicht kann weitreichende Konsequenzen haben.
Die Informationspflicht dient mehreren Zwecken: Die Krankenkasse muss wissen, wo Sie erreichbar sind, um Kontrolluntersuchungen durch den Medizinischen Dienst zu ermöglichen. Außerdem muss sie prüfen können, ob der Aufenthalt den Genesungsprozess beeinträchtigt. Und schließlich muss sie bei Aufenthalten außerhalb der EU entscheiden, ob eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann.
Was muss gemeldet werden und wann
Grundsätzlich sollten Sie jeden geplanten Auslandsaufenthalt der Krankenkasse melden, unabhängig von der Dauer und dem Zielland. Auch wenn bei EU-Aufenthalten keine Genehmigung erforderlich ist, erwartet die Krankenkasse eine Information. Diese sollte den genauen Zeitraum, das Zielland und eine Kontaktmöglichkeit im Ausland umfassen. Bei Aufenthalten außerhalb der EU ist zusätzlich ein förmlicher Antrag auf Genehmigung erforderlich.
Die Meldung sollte rechtzeitig erfolgen – idealerweise mindestens eine Woche vor dem geplanten Aufenthalt, bei Nicht-EU-Ländern deutlich früher. Bei spontanen Reisen ist eine unverzügliche Mitteilung erforderlich. Nutzen Sie schriftliche Kommunikationswege, damit Sie im Streitfall einen Nachweis haben. Eine E-Mail mit Lesebestätigung oder ein Einschreiben sind empfehlenswert.
Folgen verletzter Informationspflichten
Wer seine Informationspflichten verletzt, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Die mildeste Form ist eine Ermahnung der Krankenkasse verbunden mit der Aufforderung, künftig die Pflichten einzuhalten. Schwerwiegender ist die Rückforderung bereits gezahlten Krankengeldes für den nicht gemeldeten Zeitraum. Im schlimmsten Fall kann die Krankenkasse das Krankengeld ganz entziehen, wenn sie von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten ausgeht.
Besonders problematisch wird es, wenn die Verletzung der Informationspflicht mit einem nicht genehmigten Aufenthalt außerhalb der EU zusammenfällt. Dann kommen mehrere negative Faktoren zusammen: das Ruhen des Anspruchs, die Pflichtverletzung und möglicherweise der Verdacht auf absichtliche Täuschung. Die Krankenkassen reagieren in solchen Fällen meist mit der vollen Härte des Gesetzes.
Richtiges Verhalten bei Erkrankung im Ausland
Was aber, wenn Sie während einer genehmigten Reise erkranken oder Ihre bestehende Erkrankung sich verschlechtert? Dann müssen Sie schnell und richtig handeln, um Ihren Krankengeldanspruch nicht zu gefährden. Die Regeln unterscheiden sich dabei je nach Aufenthaltsort: Im EU-Ausland ist die Situation vergleichsweise unkompliziert, außerhalb der EU wird es deutlich schwieriger.
Der wichtigste Grundsatz lautet: Handeln Sie sofort und dokumentieren Sie alles. Suchen Sie unverzüglich einen Arzt auf und lassen Sie sich die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen. Informieren Sie parallel Ihre Krankenkasse über die Situation. Bewahren Sie alle Belege auf – von der Arztrechnung bis zur Apothekenquittung. Diese Unterlagen werden Sie später für die Abrechnung und zur Sicherung Ihres Anspruchs benötigen.
Erkrankung im EU-Ausland richtig handhaben
Im EU-Ausland haben Sie Anspruch auf medizinische Versorgung zu denselben Bedingungen wie die Einheimischen. Ihre Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) auf der Rückseite Ihrer Gesundheitskarte ermöglicht den Zugang zu Ärzten und Krankenhäusern. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines EU-Arztes wird grundsätzlich anerkannt, muss aber übersetzt und der deutschen Krankenkasse übermittelt werden.
Informieren Sie Ihre Krankenkasse spätestens am dritten Tag der Erkrankung. Senden Sie die ausländische AU-Bescheinigung per E-Mail oder Fax. Die Krankenkasse kann verlangen, dass Sie sich nach Ihrer Rückkehr vom Medizinischen Dienst untersuchen lassen. Kooperieren Sie in jedem Fall vollständig, um Ihren Anspruch nicht zu gefährden.
Praxis-Tipp: EHIC-Karte immer mitführen
Die Europäische Krankenversicherungskarte befindet sich auf der Rückseite Ihrer deutschen Gesundheitskarte. Prüfen Sie vor jeder EU-Reise, ob Ihre Karte noch gültig ist. In Ländern wie der Schweiz benötigen Sie zusätzlich eine provisorische Ersatzbescheinigung, die Sie vorab bei Ihrer Krankenkasse anfordern können.
Erkrankung außerhalb der EU
Außerhalb der EU ist die Situation komplizierter. Ihre deutsche Krankenversicherung leistet dort grundsätzlich nicht, es sei denn, Sie haben eine private Auslandsreisekrankenversicherung. Für den Krankengeldanspruch müssen Sie dennoch die Arbeitsunfähigkeit nachweisen und die Krankenkasse informieren. Die ausländische Bescheinigung muss übersetzt und gegebenenfalls beglaubigt werden.
Kontaktieren Sie Ihre Krankenkasse unverzüglich nach Eintritt der Erkrankung. Schildern Sie die Situation und fragen Sie, welche Unterlagen benötigt werden. In manchen Fällen kann die Krankenkasse eine nachträgliche Genehmigung des Aufenthalts erteilen, wenn die Erkrankung die Rückreise unmöglich macht. Dokumentieren Sie alles lückenlos – im Streitfall sind diese Belege entscheidend.
Rückforderung unrechtmäßig bezogenen Krankengeldes
Wenn die Krankenkasse feststellt, dass Krankengeld zu Unrecht gezahlt wurde, ist sie gesetzlich verpflichtet, die Leistung zurückzufordern. Das gilt auch für Fälle, in denen der Versicherte ohne Genehmigung ins Nicht-EU-Ausland gereist ist. Die Rückforderung erfolgt durch einen förmlichen Bescheid, gegen den Rechtsmittel eingelegt werden können.
Die Höhe der Rückforderung richtet sich nach dem Zeitraum des unrechtmäßigen Bezugs. Dazu können Verzugszinsen kommen, wenn die Krankenkasse das Geld nicht sofort zurückerhält. In besonders schweren Fällen – etwa bei nachgewiesener Absicht oder wiederholten Verstößen – kann die Krankenkasse zusätzlich Strafanzeige wegen Betrugs erstatten. Die strafrechtlichen Konsequenzen sind unabhängig von der zivilrechtlichen Rückforderung.
Verjährung von Rückforderungsansprüchen
Rückforderungsansprüche der Krankenkasse verjähren nach den allgemeinen Regeln des Sozialrechts. Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei vorsätzlicher Falschangabe kann die Frist auf zehn Jahre verlängert werden. Die Krankenkasse kann also auch Jahre später noch Rückforderungen geltend machen.
Denken Sie nicht, dass Sie mit einem nicht gemeldeten Auslandsaufenthalt durchkommen, nur weil die Krankenkasse zunächst nichts bemerkt. Die Kassen tauschen Informationen aus, führen stichprobenartige Kontrollen durch und erhalten manchmal Hinweise von Dritten. Ein nachträglich entdeckter Verstoß wiegt oft schwerer als ein sofort gemeldeter, weil die Krankenkasse dann von einer absichtlichen Täuschung ausgehen kann.
Beispiel: Rückforderung nach verspätet entdecktem Auslandsaufenthalt
Eine Versicherte hatte während eines längeren Krankengeldbezugs zwei Wochen bei Verwandten in Kanada verbracht, ohne dies zu melden. Die Krankenkasse erfuhr erst achtzehn Monate später durch einen Hinweis davon. Sie forderte das Krankengeld für den gesamten Aufenthalt zurück und leitete ein Verfahren wegen möglichen Leistungsbetrugs ein. Die Versicherte musste nicht nur das Geld zurückzahlen, sondern auch hohe Anwaltskosten tragen.
Zahlungsmodalitäten bei Rückforderungen
Wenn Sie zur Rückzahlung aufgefordert werden, haben Sie verschiedene Möglichkeiten. Zunächst sollten Sie den Bescheid genau prüfen und gegebenenfalls Widerspruch einlegen, wenn Sie die Rückforderung für unberechtigt halten. Ist die Forderung dem Grunde nach berechtigt, können Sie mit der Krankenkasse über Ratenzahlung verhandeln. Die meisten Kassen zeigen sich hier kooperativ, wenn Sie aktiv auf sie zugehen.
Bei geringem Einkommen oder besonderen Härtefällen kann die Krankenkasse die Rückforderung auch ganz oder teilweise erlassen. Dies ist jedoch eine Ermessensentscheidung und kein Rechtsanspruch. Ein gut begründeter Antrag mit Nachweisen über Ihre finanzielle Situation kann die Chancen verbessern. Ignorieren Sie eine Rückforderung niemals – das führt nur zu Mahnverfahren und zusätzlichen Kosten.
Rechtsmittel und Widerspruchsmöglichkeiten
Gegen jeden Bescheid der Krankenkasse können Sie Widerspruch einlegen. Das gilt für die Ablehnung einer Auslandsgenehmigung ebenso wie für Rückforderungsbescheide oder die Einstellung des Krankengeldes. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids schriftlich bei der Krankenkasse eingehen. Die Frist beginnt mit dem Tag nach der Zustellung des Bescheids.
Der Widerspruch sollte begründet werden, auch wenn dies rechtlich nicht zwingend erforderlich ist. Legen Sie dar, warum Sie den Bescheid für falsch halten, und fügen Sie alle relevanten Unterlagen bei. Nach Eingang des Widerspruchs prüft die Krankenkasse den Fall erneut. Sie kann dem Widerspruch abhelfen oder ihn dem Widerspruchsausschuss zur Entscheidung vorlegen. Dieser Ausschuss ist paritätisch mit Versicherten- und Arbeitgebervertretern besetzt.
Ablauf des Widerspruchsverfahrens
Nach Einlegung des Widerspruchs erhalten Sie eine Eingangsbestätigung. Die Krankenkasse hat dann Zeit, den Fall zu prüfen – eine gesetzliche Frist gibt es nicht, aber nach drei Monaten können Sie Untätigkeitsklage erheben. In der Praxis dauern Widerspruchsverfahren zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten, je nach Komplexität des Falls und Arbeitsbelastung der Kasse.
Während des Widerspruchsverfahrens bleibt der angegriffene Bescheid grundsätzlich wirksam. Wurde also das Krankengeld eingestellt, müssen Sie zunächst ohne diese Leistung auskommen. Sie können jedoch beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen, wenn Sie dringend auf das Geld angewiesen sind und gute Erfolgsaussichten haben.
Klage vor dem Sozialgericht
Wird Ihr Widerspruch abgelehnt, erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid mit einer Rechtsmittelbelehrung. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für Versicherte kostenfrei – Gerichtskosten fallen nicht an, und Sie müssen sich nicht durch einen Anwalt vertreten lassen, auch wenn dies oft sinnvoll ist.
Das Sozialgericht prüft den Fall vollständig neu und ist nicht an die Einschätzung der Krankenkasse gebunden. Es kann eigene Ermittlungen anstellen und Gutachten einholen. Die Verfahren dauern je nach Gericht und Sachverhalt zwischen einigen Monaten und mehreren Jahren. In dringenden Fällen ist auch hier einstweiliger Rechtsschutz möglich.
Checkliste: Widerspruch gegen Krankenkassenbescheid
- Monatsfrist ab Zustellung genau berechnen und einhalten
- Widerspruch schriftlich formulieren und Aktenzeichen angeben
- Begründung beifügen mit allen relevanten Argumenten
- Nachweise und Belege in Kopie beifügen
- Per Einschreiben mit Rückschein senden oder Empfang quittieren lassen
- Kopie des Widerspruchs für eigene Unterlagen aufbewahren
- Bei fehlender Reaktion nach drei Monaten nachhaken oder klagen
Praxis-Tipp: Widerspruchsfrist niemals verpassen
Wenn Sie einen Bescheid erhalten, der Sie benachteiligt, markieren Sie sofort das Datum einen Monat später in Ihrem Kalender. Im Zweifel legen Sie zunächst einen kurzen Widerspruch ein mit dem Hinweis, dass die Begründung nachgereicht wird. Ein verspäteter Widerspruch wird als unzulässig verworfen – dann hilft oft nur noch eine Klage, die aber an strengere Voraussetzungen geknüpft ist.
Die Regelungen zum Krankengeld im Ausland mögen auf den ersten Blick kompliziert erscheinen, folgen aber einer klaren Logik: Innerhalb der EU gilt Freizügigkeit, außerhalb brauchen Sie eine Genehmigung. Wer diese Grundregel beherzigt und transparent mit seiner Krankenkasse kommuniziert, kann auch während des Krankengeldbezugs mobil bleiben – ohne seinen Anspruch zu riskieren. Bei Unsicherheiten lohnt sich immer die vorherige Rückfrage bei der Kasse. Das kostet wenig Zeit, kann aber viel Ärger und Geld sparen.
