Was ist Kununu und wie funktioniert die Plattform
Die Stellenausschreibung klingt verlockend, das Gehalt stimmt, der Arbeitsort passt. Doch bevor Sie unterschreiben, wollen Sie wissen: Wie ist es wirklich, dort zu arbeiten? Ein Blick auf Kununu zeigt vier von fünf Sternen, aber auch einige vernichtende Kommentare über das Betriebsklima. Oder umgekehrt: Sie leiten ein Unternehmen und entdecken plötzlich eine anonyme Bewertung, die Ihr Unternehmen als "Ausbeuterbetrieb" bezeichnet. Was nun?
Kununu hat sich seit seiner Gründung 2007 zur größten Arbeitgeber-Bewertungsplattform im deutschsprachigen Raum entwickelt. Die Plattform gehört heute zur NEW WORK SE, dem Unternehmen hinter XING, und verzeichnet Millionen von Bewertungen zu hunderttausenden Arbeitgebern. Das Prinzip ist einfach: Aktuelle und ehemalige Mitarbeitende sowie Bewerber können ihre Erfahrungen mit einem Unternehmen anonym teilen und dabei verschiedene Kategorien wie Arbeitsatmosphäre, Vorgesetztenverhalten, Gehalt oder Work-Life-Balance bewerten.
So funktioniert das Bewertungssystem
Auf Kununu können Nutzer sowohl eine Sternebewertung von eins bis fünf abgeben als auch Freitextkommentare verfassen. Die Bewertung erfolgt anonym, wobei Nutzer lediglich angeben müssen, in welchem Verhältnis sie zum Unternehmen standen. Bewerber können das Bewerbungsverfahren bewerten, während aktuelle und ehemalige Mitarbeitende detaillierte Einblicke in den Arbeitsalltag geben können. Diese Struktur soll Transparenz schaffen, birgt aber gleichzeitig erhebliches rechtliches Konfliktpotenzial.
Die Plattform überprüft Bewertungen nach eigenen Angaben auf die Einhaltung ihrer Nutzungsbedingungen. Automatisierte Filter und manuelle Prüfungen sollen offensichtlich rechtswidrige Inhalte erkennen. Dennoch gelangen regelmäßig Bewertungen online, die aus rechtlicher Sicht problematisch sind. Die Balance zwischen Meinungsfreiheit der Bewertenden und Persönlichkeitsrechten der Unternehmen sowie deren Mitarbeitenden ist dabei ein ständiger Drahtseilakt.
Bedeutung für die moderne Arbeitswelt
Für Arbeitnehmer ist Kununu zu einem wichtigen Instrument bei der Jobsuche geworden. Die Bewertungen bieten Einblicke, die in Stellenausschreibungen oder Vorstellungsgesprächen oft nicht zur Sprache kommen. Für Arbeitgeber hingegen hat die Plattform direkten Einfluss auf das Employer Branding und damit auf die Fähigkeit, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Negative Bewertungen können potenzielle Bewerber abschrecken, während positive Rezensionen als Wettbewerbsvorteil dienen. Diese wirtschaftliche Bedeutung erklärt, warum rechtliche Auseinandersetzungen um Kununu-Bewertungen zunehmend häufiger werden.
Rechtliche Grundlagen für Arbeitgeberbewertungen
Das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten prägt die gesamte rechtliche Diskussion um Arbeitgeberbewertungen. Auf der einen Seite steht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Artikel 5 des Grundgesetzes, das Arbeitnehmern erlaubt, ihre Erfahrungen mit einem Unternehmen öffentlich zu teilen. Auf der anderen Seite stehen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, die Unternehmen vor ungerechtfertigten Angriffen schützen.
Die Meinungsfreiheit genießt in Deutschland einen hohen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Sie umfasst nicht nur positive Äußerungen, sondern ausdrücklich auch kritische, scharfe und sogar überspitzte Meinungsäußerungen. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass auch polemische oder verletzende Aussagen vom Schutzbereich erfasst sein können, solange bestimmte Grenzen nicht überschritten werden.
Unterscheidung: Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung
Die zentrale rechtliche Unterscheidung bei Bewertungen liegt zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen. Meinungsäußerungen sind subjektive Werturteile, die nicht dem Beweis zugänglich sind. Aussagen wie "Das Arbeitsklima empfand ich als schlecht" oder "Ich fühlte mich von meinem Vorgesetzten nicht wertgeschätzt" fallen in diese Kategorie. Sie genießen weitreichenden Schutz durch die Meinungsfreiheit.
Tatsachenbehauptungen hingegen sind Aussagen, die objektiv überprüfbar sind. "Die Gehälter werden regelmäßig verspätet gezahlt" oder "Im Unternehmen werden keine Überstunden vergütet" sind solche Behauptungen. Für sie gelten strengere Maßstäbe: Unwahre Tatsachenbehauptungen sind grundsätzlich nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Praxis-Tipp: Formulierung von Bewertungen
Achten Sie bei Ihrer Bewertung darauf, subjektive Erfahrungen als solche zu kennzeichnen. Formulierungen wie "Meiner Erfahrung nach", "Ich empfand" oder "Aus meiner Sicht" machen deutlich, dass es sich um persönliche Einschätzungen handelt. Dies stärkt den rechtlichen Schutz Ihrer Aussage erheblich.
Persönlichkeitsrechte und Unternehmensschutz
Unternehmen haben ein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableitet. Dieses Recht schützt vor rechtswidrigen Eingriffen in die unternehmerische Tätigkeit, wozu auch rufschädigende Äußerungen gehören können. Zusätzlich können einzelne Mitarbeitende, insbesondere Führungskräfte, in ihren individuellen Persönlichkeitsrechten betroffen sein, wenn sie in Bewertungen namentlich genannt oder erkennbar beschrieben werden.
Die Rechtsprechung nimmt bei jeder Bewertung eine Abwägung zwischen diesen widerstreitenden Interessen vor. Dabei spielen Faktoren wie die Erkennbarkeit von Personen, die Verhältnismäßigkeit der Kritik und die Bedeutung der Information für die Öffentlichkeit eine Rolle. Je stärker der Eingriff in die Rechte des Betroffenen, desto gewichtiger müssen die Gründe sein, die für die Zulässigkeit der Äußerung sprechen.
Grenzen des Bewertungsrechts: Was ist erlaubt, was nicht
Die Grenze zwischen zulässiger Kritik und rechtswidriger Äußerung verläuft oft fließend. Grundsätzlich gilt: Sachliche Kritik, auch wenn sie hart und deutlich ausfällt, ist regelmäßig zulässig. Wer schreibt, dass er das Führungsverhalten als unprofessionell empfunden hat oder die Arbeitsbedingungen als belastend erlebt hat, bewegt sich im geschützten Bereich der Meinungsfreiheit. Die subjektive Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber darf öffentlich geäußert werden.
Problematisch wird es bei unwahren Tatsachenbehauptungen. Wer behauptet, der Arbeitgeber verstoße gegen Arbeitsschutzvorschriften oder hintergehe systematisch das Finanzamt, muss diese Behauptungen beweisen können. Gelingt dieser Beweis nicht, handelt es sich um eine rechtswidrige Äußerung, die gelöscht werden muss und Schadensersatzansprüche auslösen kann. Die Beweislast liegt dabei im Regelfall beim Äußernden.
Diese Äußerungen sind absolut unzulässig
Bestimmte Kategorien von Aussagen sind unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt rechtswidrig. Beleidigungen, also Aussagen, die primär auf die Herabsetzung einer Person abzielen, sind nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit gedeckt. Wer seinen Vorgesetzten als "Vollidiot" oder "inkompetenten Versager" bezeichnet, überschreitet diese Grenze. Auch Formalbeleidigungen, also herabsetzende Äußerungen in unangemessener Form, fallen in diese Kategorie.
Schmähkritik stellt einen weiteren absoluten Grenzfall dar. Sie liegt vor, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Die Abgrenzung zur noch zulässigen scharfen Kritik ist im Einzelfall schwierig, jedoch gilt: Je weniger sachlicher Bezug erkennbar ist und je mehr die persönliche Herabsetzung dominiert, desto eher liegt Schmähkritik vor.
Beispiel: Zulässige vs. unzulässige Kritik
Ein ehemaliger Mitarbeiter schreibt: "Die Kommunikation der Geschäftsführung war intransparent. Wichtige Entscheidungen wurden nicht erklärt, was zu Frustration im Team führte." Diese Aussage ist als subjektive Wahrnehmung zulässig. Schreibt er hingegen: "Der Geschäftsführer ist ein Betrüger, der Mitarbeiter systematisch um ihren Lohn prellt", handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, die bewiesen werden muss. Ohne Beweis ist die Aussage rechtswidrig.
Die Grauzone: Schwierige Abgrenzungsfälle
Viele Fälle liegen in einer rechtlichen Grauzone. Die Aussage "Das Unternehmen zahlt schlecht" kann sowohl als Meinungsäußerung als auch als Tatsachenbehauptung verstanden werden. Ähnlich verhält es sich mit Formulierungen wie "Überstunden werden erwartet, aber nicht vergütet" oder "Die Fluktuation ist extrem hoch". Hier kommt es auf den konkreten Kontext und die Gesamtschau der Bewertung an.
Die Rechtsprechung wendet bei solchen Mischformen den Grundsatz der Meinungsfreiheit tendenziell großzügig an. Im Zweifel wird eine Aussage als noch zulässige Meinungsäußerung eingestuft, wenn sie einen erkennbaren Wertungskern enthält. Dennoch sollten Bewertende vorsichtig sein: Was als subjektive Einschätzung gemeint war, kann vom Arbeitgeber als überprüfbare Tatsachenbehauptung aufgefasst und angegriffen werden.
Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern bei Bewertungen
Als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich das Recht, Ihre Erfahrungen mit einem Arbeitgeber öffentlich zu teilen. Dieses Recht besteht während des laufenden Arbeitsverhältnisses ebenso wie nach dessen Beendigung. Die Meinungsfreiheit schützt auch negative, kritische und pointierte Bewertungen. Sie müssen Ihre Kritik nicht in diplomatische Floskeln kleiden, sondern dürfen deutlich werden.
Allerdings unterliegen Sie während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses besonderen Treuepflichten gegenüber Ihrem Arbeitgeber. Diese ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag und verpflichten Sie, Rücksicht auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu nehmen. Eine Bewertung, die das Unternehmen in der Öffentlichkeit schwer beschädigt, kann als Verletzung dieser Treuepflicht gewertet werden und arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Bewertungen während des laufenden Arbeitsverhältnisses
Die Bewertung des aktuellen Arbeitgebers ist rechtlich nicht untersagt, aber mit besonderen Risiken verbunden. Zwar dürfen Sie auch als aktiver Mitarbeiter Kritik äußern, jedoch wiegt die Treuepflicht in diesem Stadium schwerer. Äußerungen, die das Unternehmen erheblich schädigen könnten, können als Pflichtverletzung gewertet werden. Dies gilt insbesondere für Kritik, die interne Informationen preisgibt oder den Arbeitgeber in einer Weise darstellt, die potenzielle Kunden oder Geschäftspartner abschrecken könnte.
Bei anonymen Bewertungen besteht oft die Annahme, die Identität sei geschützt. Dies ist jedoch nur eingeschränkt richtig. Zwar gibt Kununu die Identität der Bewertenden nicht ohne weiteres preis, jedoch können in Ausnahmefällen gerichtliche Auskunftsanordnungen erfolgen. Zudem können Bewertungen durch ihren Inhalt Rückschlüsse auf den Verfasser ermöglichen, etwa wenn spezifische Situationen oder Abteilungen beschrieben werden.
Rechte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen entfällt die arbeitsvertragliche Treuepflicht weitgehend. Ehemalige Mitarbeitende genießen daher größere Freiheit bei der Formulierung ihrer Kritik. Dennoch bleiben die allgemeinen Grenzen der Meinungsfreiheit bestehen. Auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses sind unwahre Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen und Schmähkritik unzulässig.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Sie einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen oder während des Arbeitsverhältnisses Zugang zu Geschäftsgeheimnissen hatten. Die Offenlegung vertraulicher Informationen in einer Bewertung kann zivilrechtliche und unter Umständen sogar strafrechtliche Folgen haben, unabhängig davon, ob die Informationen zutreffend sind.
Checkliste: Vor dem Verfassen einer Kununu-Bewertung
- Prüfen Sie, ob Ihre Aussagen der Wahrheit entsprechen und Sie diese im Zweifel belegen können
- Formulieren Sie subjektive Eindrücke erkennbar als persönliche Meinung
- Vermeiden Sie Beleidigungen und persönliche Angriffe auf einzelne Personen
- Achten Sie darauf, keine vertraulichen Informationen oder Geschäftsgeheimnisse preiszugeben
- Überlegen Sie, ob die Bewertung Rückschlüsse auf Ihre Identität ermöglicht
- Bedenken Sie mögliche Auswirkungen auf Arbeitszeugnisse oder Referenzen bei aktuellem Arbeitsverhältnis
Abwehrmöglichkeiten für Arbeitgeber gegen negative Bewertungen
Als Unternehmen stehen Sie negativen Bewertungen nicht schutzlos gegenüber. Das deutsche Recht bietet verschiedene Instrumente, um gegen rechtswidrige Bewertungen vorzugehen. Die richtige Strategie hängt dabei von der Art der Rechtsverletzung, der Dringlichkeit und den verfügbaren Beweismitteln ab. Wichtig ist zunächst eine sorgfältige Analyse der fraglichen Bewertung.
Der erste Schritt sollte immer eine rechtliche Prüfung der Bewertung sein. Nicht jede negative Rezension ist rechtswidrig, und nicht jede rechtlich angreifbare Aussage rechtfertigt den Aufwand eines Vorgehens. Die Frage, ob eine Äußerung als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist, erfordert oft juristische Expertise. Eine vorschnelle Reaktion kann zudem den sogenannten Streisand-Effekt auslösen und der Bewertung erst recht Aufmerksamkeit verschaffen.
Direkte Kommunikation als erster Schritt
Kununu bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, auf Bewertungen öffentlich zu antworten. Diese Option sollte strategisch genutzt werden. Eine sachliche, professionelle Antwort kann die Wirkung einer negativen Bewertung erheblich abschwächen. Sie signalisiert potenziellen Bewerbern, dass das Unternehmen Kritik ernst nimmt und dialogbereit ist. Aggressive oder abwertende Reaktionen hingegen bestätigen oft das in der Bewertung gezeichnete negative Bild.
Bei offensichtlich falschen Behauptungen kann die öffentliche Richtigstellung bereits ausreichend sein. Leser von Bewertungen sind durchaus in der Lage, sich ein differenziertes Bild zu machen, wenn beide Seiten zu Wort kommen. Eine faktenbasierte, ruhige Korrektur wirkt oft überzeugender als die ursprüngliche emotionale Kritik. Allerdings sollten Sie auch hier keine vertraulichen Informationen über das Arbeitsverhältnis preisgeben.
Meldung rechtswidriger Inhalte bei Kununu
Kununu verfügt über ein internes Meldeverfahren für potenziell rechtswidrige Bewertungen. Arbeitgeber können Bewertungen melden und dabei konkret darlegen, weshalb sie die Inhalte für rechtswidrig halten. Die Plattform prüft die Meldung und kann die Bewertung entfernen oder den Verfasser zur Stellungnahme auffordern.
Die Erfolgsquote dieses Verfahrens variiert erheblich. Bei eindeutigen Rechtsverletzungen wie Beleidigungen reagiert Kununu in der Regel zügig. Bei streitigen Tatsachenbehauptungen ist die Plattform oft zurückhaltender und verweist auf den Rechtsweg. Wichtig ist eine präzise Begründung der Meldung mit konkreten Hinweisen auf die rechtliche Problematik der Aussagen.
Löschung von Kununu-Bewertungen: Voraussetzungen und Verfahren
Die Löschung einer Bewertung kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Der außergerichtliche Weg über Kununu selbst ist oft der schnellste und kostengünstigste. Gelingt dies nicht, stehen gerichtliche Verfahren zur Verfügung. In besonders dringenden Fällen kann eine einstweilige Verfügung die rasche Entfernung einer Bewertung bewirken, während das Hauptsacheverfahren eine endgültige Klärung herbeiführt.
Für eine erfolgreiche Löschung muss die Rechtswidrigkeit der Bewertung nachgewiesen werden. Bei unwahren Tatsachenbehauptungen muss dargelegt werden, dass die behaupteten Fakten nicht der Wahrheit entsprechen. Bei Meinungsäußerungen muss nachgewiesen werden, dass die Grenzen zur Schmähkritik oder Beleidigung überschritten wurden. Die Beweislast liegt dabei grundsätzlich beim Anspruchsteller, also dem Unternehmen.
Das außergerichtliche Löschungsverfahren
Der erste Schritt ist die formelle Aufforderung an Kununu, die Bewertung zu entfernen. Diese sollte schriftlich erfolgen und die beanstandeten Passagen konkret benennen. Eine pauschale Beschwerde über die negative Bewertung genügt nicht. Vielmehr muss für jede angegriffene Aussage dargelegt werden, weshalb sie rechtswidrig ist.
Kununu prüft die Beschwerde und kann den Verfasser der Bewertung zur Stellungnahme auffordern. Kann dieser die Richtigkeit seiner Behauptungen nicht belegen, wird die Bewertung in der Regel entfernt. Bestätigt der Verfasser seine Aussagen, verweist die Plattform häufig auf den Rechtsweg. Dieses Notice-and-Takedown-Verfahren orientiert sich an den Vorgaben des Digitale-Dienste-Gesetzes und europäischen Rechtsprechung zur Haftung von Plattformbetreibern.
Praxis-Tipp: Dokumentation von Rechtsverletzungen
Sichern Sie rechtswidrige Bewertungen sofort durch Screenshots mit sichtbarem Datum und URL. Erstellen Sie eine detaillierte Aufstellung der beanstandeten Aussagen mit Begründung, weshalb diese rechtswidrig sind. Diese Dokumentation ist für ein erfolgreiches Vorgehen unverzichtbar und beschleunigt sowohl das außergerichtliche als auch ein mögliches gerichtliches Verfahren erheblich.
Gerichtliches Vorgehen gegen rechtswidrige Bewertungen
Scheitert das außergerichtliche Verfahren, bleibt der Gang vor Gericht. Das zuständige Gericht ist regelmäßig das Landgericht am Sitz des betroffenen Unternehmens. Im einstweiligen Rechtsschutz kann die Löschung binnen weniger Tage bis Wochen erreicht werden, wenn die Dringlichkeit und Erfolgsaussicht glaubhaft gemacht werden. Das Hauptsacheverfahren dauert länger, bietet aber eine endgültige Klärung.
Anspruchsgegner kann sowohl der Verfasser der Bewertung als auch Kununu selbst sein. Die Plattform haftet als sogenannter Hostprovider, sobald sie von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt und nicht reagiert. In der Praxis wird oft zunächst gegen Kununu vorgegangen, da der anonyme Verfasser nicht ohne weiteres ermittelt werden kann. Kununu muss dann die Bewertung entfernen, ohne dass die Identität des Bewertenden offengelegt werden muss.
Schadensersatz und Unterlassungsansprüche bei rechtswidrigen Bewertungen
Neben der Löschung einer rechtswidrigen Bewertung können Betroffene weitere Ansprüche geltend machen. Der Unterlassungsanspruch verpflichtet den Schädiger, die rechtswidrige Äußerung künftig nicht zu wiederholen. Dies ist besonders relevant, wenn zu befürchten ist, dass der Verfasser die gleiche oder ähnliche Behauptung erneut verbreiten könnte. Der Anspruch kann sowohl gegen den Verfasser als auch gegen die Plattform gerichtet werden.
Schadensersatzansprüche kommen in Betracht, wenn durch die rechtswidrige Bewertung ein messbarer Schaden entstanden ist. Dies kann ein materieller Schaden sein, etwa in Form entgangener Aufträge oder erhöhter Rekrutierungskosten. Auch ein immaterieller Schaden, etwa eine schwere Rufschädigung, kann bei entsprechender Schwere ersatzpflichtig sein. Der Nachweis des konkreten Schadens und des Kausalzusammenhangs ist allerdings oft schwierig.
Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche
Ein Schadensersatzanspruch setzt eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung voraus. Der Verfasser muss die Rechtswidrigkeit seiner Aussage zumindest fahrlässig verkannt haben. Bei offensichtlichen Unwahrheiten oder Beleidigungen ist dies regelmäßig der Fall. Bei Grenzfällen kann der Vorsatz oder die Fahrlässigkeit schwerer nachzuweisen sein.
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden. Bei Unternehmen können dies nachgewiesene Umsatzeinbußen, Kosten für Gegenmaßnahmen oder erhöhte Aufwendungen für die Personalgewinnung sein. Der bloße Imageschaden ist schwer zu beziffern, kann aber in schweren Fällen zu einem Anspruch auf Geldentschädigung führen. Die deutschen Gerichte sind bei der Zuerkennung solcher Ansprüche traditionell zurückhaltend.
Beispiel: Erfolgreiche Unterlassungsklage
Ein mittelständisches IT-Unternehmen wurde auf Kununu wiederholt von derselben Person mit unwahren Behauptungen über angebliche Gehaltsverzögerungen bewertet. Nach erfolgloser Aufforderung zur Unterlassung erwirkte das Unternehmen eine einstweilige Verfügung. Der Verfasser wurde zur Unterlassung verpflichtet und musste die Kosten des Verfahrens tragen. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld.
Strafrechtliche Konsequenzen für Bewertende
In schweren Fällen können rechtswidrige Bewertungen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB ist erfüllt, wenn die Äußerung primär auf die Herabsetzung einer Person abzielt. Die üble Nachrede nach § 186 StGB liegt vor, wenn ehrverletzende Tatsachen behauptet werden, deren Wahrheit nicht erwiesen ist. Bei wissentlich falschen Behauptungen kommt Verleumdung nach § 187 StGB in Betracht.
Die Strafverfolgung setzt in der Regel einen Strafantrag voraus. Die Anonymität der Bewertung schützt dabei nicht endgültig. Im Rahmen eines Strafverfahrens können die Ermittlungsbehörden bei Kununu die Herausgabe von Nutzerdaten verlangen. Die Hemmschwelle für eine Strafanzeige sollte jedoch hoch sein, da die Erfolgsaussichten bei Meinungsäußerungen begrenzt sind und das Verfahren langwierig sein kann.
Praxistipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Umgang mit Kununu
Der Umgang mit Arbeitgeberbewertungen erfordert von beiden Seiten Umsicht und strategisches Denken. Für Arbeitnehmer gilt: Eine ehrliche, sachliche Bewertung ist grundsätzlich zulässig und kann sogar einen wertvollen Beitrag zur Transparenz auf dem Arbeitsmarkt leisten. Wer jedoch aus Frustration oder Rachebedürfnis überzogene Kritik äußert, riskiert rechtliche Konsequenzen und schadet möglicherweise mehr sich selbst als dem Arbeitgeber.
Für Arbeitgeber ist ein professioneller Umgang mit Bewertungen Teil des modernen Employer Brandings. Negative Bewertungen sind nicht automatisch eine Katastrophe, sondern können als Feedback verstanden werden. Die Art und Weise, wie ein Unternehmen auf Kritik reagiert, sagt oft mehr über die Unternehmenskultur aus als die ursprüngliche Bewertung selbst. Eine defensive oder aggressive Reaktion bestätigt oft die Vorwürfe in der Wahrnehmung der Leser.
Empfehlungen für Arbeitnehmer
Bevor Sie eine Bewertung verfassen, lassen Sie etwas Zeit vergehen. Eine Bewertung, die unmittelbar nach einer Kündigung oder einem Konflikt geschrieben wird, ist oft emotional gefärbt und enthält Formulierungen, die Sie später bereuen könnten. Warten Sie einige Wochen und formulieren Sie dann sachlich Ihre Erfahrungen. Beschreiben Sie konkrete Situationen, ohne Namen zu nennen, und machen Sie deutlich, dass es sich um Ihre persönliche Wahrnehmung handelt.
Bedenken Sie auch die möglichen Auswirkungen auf Ihre berufliche Zukunft. In manchen Branchen ist die Welt klein, und ein neuer Arbeitgeber könnte von Ihrer Bewertung erfahren. Auch wenn Bewertungen anonym sind, können Inhalte oder der Zeitpunkt der Veröffentlichung Rückschlüsse auf den Verfasser ermöglichen. Überlegen Sie, ob die Bewertung einen konstruktiven Beitrag leistet oder ob sie primär Ihrem Ärger Luft macht.
Praxis-Tipp: Konstruktive Kritik formulieren
Strukturieren Sie Ihre Bewertung nach dem Schema: Was war gut, was war schlecht, was könnte verbessert werden? Diese ausgewogene Darstellung wirkt glaubwürdiger als eine einseitig negative Bewertung und ist rechtlich besser abgesichert. Außerdem helfen konstruktive Hinweise potenziellen Bewerbern mehr als pauschale Verurteilungen.
Empfehlungen für Arbeitgeber
Etablieren Sie ein Monitoring für Ihre Arbeitgeberbewertungen und reagieren Sie zeitnah auf neue Einträge. Eine schnelle, sachliche Antwort zeigt, dass Sie Feedback ernst nehmen. Bedanken Sie sich auch für positive Bewertungen und laden Sie zu konstruktivem Dialog ein. Bei negativen Bewertungen vermeiden Sie Schuldzuweisungen und zeigen Sie Verständnis für die Perspektive des Betroffenen, auch wenn Sie die Darstellung nicht teilen.
Nutzen Sie negative Bewertungen als Anlass zur internen Reflexion. Wenn mehrere Bewertungen ähnliche Kritikpunkte nennen, könnte ein tatsächliches Problem vorliegen. Ein proaktiver Umgang mit berechtigter Kritik verbessert nicht nur das Arbeitsklima, sondern stärkt langfristig auch das Arbeitgeberimage. Potenzielle Bewerber nehmen sehr wohl wahr, ob ein Unternehmen lernfähig ist oder Kritik kategorisch abblockt.
Checkliste: Reaktion auf negative Bewertungen
- Bewertung sorgfältig analysieren und rechtliche Zulässigkeit prüfen
- Bei rechtlich unbedenklichen Bewertungen sachlich und professionell antworten
- Bei rechtswidrigen Inhalten zunächst außergerichtliche Löschung bei Kununu beantragen
- Dokumentation aller Schritte und Korrespondenz sicherstellen
- Interne Prüfung, ob die Kritikpunkte berechtigt sein könnten
- Bei wiederholten oder schwerwiegenden Rechtsverletzungen rechtliche Schritte einleiten
Abschließend sei beiden Seiten geraten, das Thema Arbeitgeberbewertungen nicht zu dramatisieren. Für Arbeitnehmer sind Kununu-Bewertungen ein legitimes Mittel, Erfahrungen zu teilen und anderen bei der Entscheidungsfindung zu helfen. Für Arbeitgeber sind sie eine Quelle von Feedback und ein Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte. Ein verantwortungsvoller Umgang auf beiden Seiten führt dazu, dass die Plattform ihren eigentlichen Zweck erfüllt: Transparenz auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen und informierte Entscheidungen zu ermöglichen.
