Grundvoraussetzungen für den Lebensunterhalt
Der Brief von der Ausländerbehörde liegt auf dem Tisch: Ihr Antrag auf Familiennachzug kann nur bearbeitet werden, wenn Sie nachweisen, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Was zunächst wie eine bürokratische Hürde klingt, ist tatsächlich eine der zentralen Voraussetzungen im deutschen Aufenthaltsrecht. Ohne diesen Nachweis wird kein Visum erteilt – unabhängig davon, wie lange Sie bereits in Deutschland leben oder wie gut Ihre Integration verlaufen ist.
Das deutsche Aufenthaltsgesetz verfolgt mit dieser Regelung ein klares Ziel: Der Staat möchte sicherstellen, dass nachziehende Familienangehörige nicht auf öffentliche Leistungen angewiesen sind. Diese Vorgabe gilt nicht nur für den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern muss für die gesamte geplante Aufenthaltsdauer erfüllt sein. Die Behörden treffen hier eine sogenannte Prognoseentscheidung – sie schätzen ein, ob Ihre finanzielle Situation auch in Zukunft stabil bleibt.
Gesetzliche Grundlagen im Aufenthaltsrecht
Die rechtliche Basis für die Lebensunterhaltssicherung findet sich in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Dieser Paragraph definiert die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für jeden Aufenthaltstitel. Konkret bedeutet dies: Ein Ausländer darf grundsätzlich keine öffentlichen Mittel beanspruchen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zu diesen öffentlichen Mitteln zählen insbesondere Leistungen nach dem SGB II (umgangssprachlich "Hartz IV" oder Bürgergeld), Sozialgeld sowie Sozialhilfe nach dem SGB XII.
Entscheidend ist dabei nicht, ob Sie tatsächlich Sozialleistungen beziehen. Die bloße Anspruchsberechtigung reicht bereits aus, um die Erteilung des Aufenthaltstitels zu gefährden. Verdienen Sie beispielsweise knapp unter dem errechneten Bedarf, könnte theoretisch ein Anspruch auf aufstockende Leistungen bestehen – selbst wenn Sie diese niemals beantragen würden. Diese strenge Auslegung mag zunächst ungerecht erscheinen, entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte.
Wer muss den Lebensunterhalt nachweisen?
Die Nachweispflicht trifft grundsätzlich die in Deutschland lebende Person, zu der der Familiennachzug erfolgen soll. Sie müssen belegen, dass Sie nicht nur Ihren eigenen Lebensunterhalt, sondern auch den der nachziehenden Familienangehörigen dauerhaft sichern können. Dies gilt für Ehegatten, minderjährige Kinder und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Eltern von in Deutschland lebenden Minderjährigen.
Bei der Berechnung werden alle im Haushalt lebenden Personen berücksichtigt. Leben Sie bereits mit Kindern in Deutschland und möchten Ihren Ehepartner nachholen, muss das Einkommen für die gesamte künftige Familie ausreichen. Die Behörde addiert die Bedarfe aller Haushaltsmitglieder und vergleicht diese Summe mit Ihrem nachgewiesenen Einkommen abzüglich der Fixkosten wie Miete und Krankenversicherung.
Praxis-Tipp: Frühzeitige Bedarfsberechnung durchführen
Berechnen Sie bereits vor der Antragstellung genau, welches Einkommen Sie für Ihre geplante Familienkonstellation benötigen. Nutzen Sie dafür die aktuellen Regelsätze des Bürgergeldes und addieren Sie Ihre tatsächlichen Mietkosten sowie die Krankenversicherungsbeiträge. So vermeiden Sie böse Überraschungen im Verfahren und können gegebenenfalls rechtzeitig gegensteuern.
Erforderliche Einkommenshöhe und Berechnung
Die Frage, wie viel Sie genau verdienen müssen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die erforderliche Einkommenshöhe ist individuell und hängt von mehreren Faktoren ab: der Anzahl der nachziehenden Personen, dem Alter eventueller Kinder, Ihrer Miethöhe und den Krankenversicherungskosten. Die Berechnung orientiert sich an den Bedarfssätzen des Sozialgesetzbuches II, geht aber in der Systematik deutlich darüber hinaus.
Die Ausländerbehörde prüft, ob nach Abzug aller notwendigen Ausgaben ein Betrag verbleibt, der mindestens den Regelsätzen entspricht. Diese Berechnung erscheint auf den ersten Blick einfach, birgt jedoch zahlreiche Fallstricke. Werden bestimmte Einkommensarten nicht vollständig angerechnet oder Ausgaben falsch kalkuliert, kann dies schnell zu einer Ablehnung führen – obwohl das tatsächlich verfügbare Einkommen ausreichend wäre.
Regelsätze nach SGB II als Maßstab
Als Berechnungsgrundlage dienen die jeweils aktuellen Regelbedarfsstufen des Bürgergeldes. Diese werden jährlich angepasst und unterscheiden sich je nach Stellung im Haushalt. Für Alleinstehende oder Alleinerziehende gilt die höchste Stufe, für Partner in einer Bedarfsgemeinschaft jeweils ein niedrigerer Satz. Für Kinder gibt es altersabhängige Abstufungen, wobei mit zunehmendem Alter höhere Beträge angesetzt werden.
Zu diesen Regelbedarfen kommen die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung hinzu. Anders als bei Sozialleistungen werden hier Ihre realen Mietkosten angesetzt – allerdings nur, soweit sie angemessen sind. Zahlen Sie eine deutlich überhöhte Miete, könnte die Behörde einen niedrigeren Wert ansetzen. Die Krankenversicherungsbeiträge werden ebenfalls vollständig berücksichtigt, was bei Familienversicherung ein Vorteil sein kann.
Anrechenbares Einkommen und Abzüge
Nicht jede Einkommensquelle wird vollständig angerechnet. Das Nettoeinkommen aus unselbstständiger Beschäftigung bildet die wichtigste Grundlage. Davon werden noch bestimmte Beträge abgezogen, etwa Werbungskosten oder Beiträge zu Berufsverbänden. Bei Selbstständigen ist die Berechnung komplexer, da hier die Betriebsausgaben berücksichtigt und ein nachhaltiges Einkommen prognostiziert werden muss.
Kindergeld wird als Einkommen angerechnet, ebenso wie Unterhaltsleistungen oder regelmäßige Zuwendungen Dritter. Einmalige Zahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld können anteilig berücksichtigt werden, wenn sie regelmäßig gezahlt werden. Problematisch sind hingegen stark schwankende Einkommen, da die Behörde hier einen Durchschnittswert bilden muss – im Zweifel zu Ihren Ungunsten.
Beispiel: Bedarfsberechnung für eine dreiköpfige Familie
Herr M. lebt in einer deutschen Großstadt und möchte seine Ehefrau und sein zehnjähriges Kind nachholen. Die Behörde rechnet: Regelbedarf für zwei Erwachsene als Paar plus Regelbedarf für ein Kind in der entsprechenden Altersstufe. Dazu kommen die Mietkosten für eine angemessene Dreizimmerwohnung und die Krankenversicherungsbeiträge. Herr M. muss nachweisen, dass sein Nettoeinkommen nach Abzug aller Fixkosten diese Summe dauerhaft übersteigt.
Erforderliche Nachweise und Dokumente
Die Dokumentation Ihrer finanziellen Verhältnisse ist das Herzstück des Antragsverfahrens. Die Ausländerbehörde verlangt umfangreiche Unterlagen, die Ihre Einkommenssituation lückenlos belegen. Ein unvollständiger Antrag führt nicht nur zu Verzögerungen, sondern kann im schlimmsten Fall als mangelnde Mitwirkung gewertet werden. Die sorgfältige Vorbereitung aller Dokumente ist daher entscheidend für den Erfolg Ihres Antrags.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Belege Sie vorlegen können, desto besser. Die Behörde muss sich ein vollständiges Bild Ihrer wirtschaftlichen Situation machen können. Dabei werden nicht nur aktuelle Verhältnisse geprüft, sondern auch die Stabilität Ihrer Einkommensentwicklung in der Vergangenheit. Regelmäßige Einnahmen über einen längeren Zeitraum stärken die positive Prognose erheblich.
Einkommensnachweise für Arbeitnehmer
Als Arbeitnehmer benötigen Sie in der Regel die Gehaltsabrechnungen der letzten sechs Monate. Diese sollten vollständig und lesbar sein sowie alle wesentlichen Angaben enthalten: Bruttolohn, Abzüge, Nettolohn und Arbeitgeberdaten. Zusätzlich verlangen viele Behörden eine Arbeitgeberbescheinigung, die das Beschäftigungsverhältnis, die Befristung und das monatliche Durchschnittseinkommen bestätigt.
Ein aktueller Arbeitsvertrag ist ebenfalls unerlässlich. Bei befristeten Verträgen achten die Behörden besonders auf die verbleibende Laufzeit und die Aussicht auf Verlängerung. Der letzte Einkommensteuerbescheid kann ergänzend vorgelegt werden und gibt Aufschluss über das Jahreseinkommen sowie eventuelle Nebeneinkünfte. Kontoauszüge der letzten drei Monate können die regelmäßigen Gehaltseingänge zusätzlich belegen.
Besondere Anforderungen für Selbstständige
Selbstständige stehen vor besonderen Herausforderungen bei der Nachweisführung. Die Behörde muss beurteilen können, ob Ihr Geschäft nachhaltig Gewinne erwirtschaftet. Dafür werden in der Regel die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen oder Bilanzen der letzten zwei bis drei Jahre verlangt. Auch die entsprechenden Einkommensteuerbescheide sind zwingend erforderlich.
Zusätzlich sollten Sie eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung vorlegen, die den Geschäftsverlauf des laufenden Jahres dokumentiert. Gewerbeanmeldung, Handelsregisterauszug oder Zulassungsdokumente bei freien Berufen gehören ebenfalls in die Unterlagen. Bei stark schwankenden Umsätzen empfiehlt sich eine plausible Darstellung der Geschäftsentwicklung, um unrealistische Durchschnittsberechnungen zu vermeiden.
Checkliste: Vollständige Unterlagen für den Antrag
- Gehaltsabrechnungen der letzten sechs Monate (vollständig und lesbar)
- Aktueller Arbeitsvertrag mit allen Zusatzvereinbarungen
- Arbeitgeberbescheinigung über Beschäftigungsdauer und Einkommen
- Letzter Einkommensteuerbescheid
- Mietvertrag mit Angabe der Gesamtmiete (Kaltmiete plus Nebenkosten)
- Nachweis über Krankenversicherungsschutz und monatliche Beiträge
- Kontoauszüge der letzten drei Monate (optional, aber empfehlenswert)
Sonderregelungen und Ausnahmefälle
Das deutsche Aufenthaltsrecht kennt zahlreiche Sonderregelungen, die den Nachweis des Lebensunterhalts erleichtern oder ganz entfallen lassen. Diese Ausnahmen betreffen bestimmte Personengruppen wie anerkannte Flüchtlinge, EU-Bürger oder nachziehende Kinder. Die Kenntnis dieser Sonderregelungen kann den entscheidenden Unterschied zwischen Genehmigung und Ablehnung ausmachen.
Die Anwendung dieser Ausnahmevorschriften ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft. Die Behörden legen die Regelungen oft restriktiv aus, und die Rechtsprechung entwickelt sich ständig weiter. Es lohnt sich daher, die eigene Situation genau zu prüfen und gegebenenfalls auf einschlägige Ausnahmetatbestände hinzuweisen, die der Sachbearbeiter möglicherweise übersehen hat.
Privilegierung anerkannter Flüchtlinge
Für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte gelten beim Familiennachzug besondere Regeln. Innerhalb der ersten drei Monate nach Anerkennung wird der Lebensunterhalt in der Regel nicht geprüft. Diese Privilegierung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass Flüchtlinge ihre berufliche Situation oft noch nicht stabilisieren konnten. Nach Ablauf dieser Frist gelten jedoch die allgemeinen Voraussetzungen.
Bei subsidiär Schutzberechtigten wurde der Familiennachzug zeitweise ausgesetzt und ist seit 2018 nur noch in einem kontingentierten Verfahren möglich. Hier gelten eigene Regelungen, die sich von denen für anerkannte Flüchtlinge unterscheiden. Die humanitären Gründe können jedoch auch hier zu einer erleichterten Prüfung führen, insbesondere wenn minderjährige Kinder betroffen sind.
Freizügigkeit für EU-Bürger und ihre Familienangehörigen
Für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen gilt das Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU), das deutlich großzügigere Regelungen enthält. EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten oder selbstständig tätig sind, genießen uneingeschränkte Freizügigkeit. Ihre Familienangehörigen – auch aus Drittstaaten – können nachziehen, ohne dass ein bestimmtes Mindesteinkommen nachgewiesen werden muss.
Allerdings gilt auch hier: Wer dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen ist, kann sein Freizügigkeitsrecht verlieren. Die Schwelle liegt jedoch deutlich höher als im allgemeinen Aufenthaltsrecht. Erst wenn die Inanspruchnahme von Sozialleistungen ein unangemessenes Ausmaß erreicht, kann die Freizügigkeit eingeschränkt werden. Diese Regelung bietet Familien von EU-Bürgern erheblich mehr Flexibilität.
Krankenversicherungsschutz für Familienangehörige
Neben dem Lebensunterhalt im engeren Sinne ist auch der Krankenversicherungsschutz eine zwingende Voraussetzung für den Familiennachzug. Die nachziehenden Familienangehörigen müssen vom ersten Tag ihres Aufenthalts in Deutschland krankenversichert sein. Die Art der Versicherung – gesetzlich oder privat – spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, solange ein ausreichender Leistungsumfang gewährleistet ist.
Die Kosten für die Krankenversicherung fließen in die Bedarfsberechnung ein und können das erforderliche Einkommen erheblich beeinflussen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer beitragsfreien Familienversicherung, die das Budget deutlich entlasten kann. Diese Option sollte bei der Planung des Familiennachzugs unbedingt berücksichtigt werden.
Vorteile der gesetzlichen Familienversicherung
Die beitragsfreie Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist für viele Familien die günstigste Lösung. Ehepartner und Kinder können unter bestimmten Voraussetzungen über das Mitglied mitversichert werden, ohne dass zusätzliche Beiträge anfallen. Die Voraussetzungen sind: kein eigenes Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze, Wohnsitz in Deutschland und keine anderweitige Versicherungspflicht.
Für den Familiennachzug bedeutet dies: Wenn die nachziehenden Angehörigen in die Familienversicherung aufgenommen werden können, müssen Sie keine zusätzlichen Versicherungsbeiträge in der Bedarfsberechnung berücksichtigen. Dies kann den Unterschied zwischen ausreichendem und unzureichendem Einkommen ausmachen. Klären Sie daher frühzeitig mit Ihrer Krankenkasse, ob eine Familienversicherung möglich ist.
Anforderungen bei privater Krankenversicherung
Sind Sie privat krankenversichert, müssen die nachziehenden Familienangehörigen ebenfalls privat versichert werden – eine beitragsfreie Mitversicherung gibt es hier nicht. Die Beiträge für jeden einzelnen Familienangehörigen werden als Bedarf in die Berechnung eingestellt. Insbesondere bei mehreren Kindern kann dies zu erheblichen monatlichen Belastungen führen.
Die Ausländerbehörde prüft zudem, ob der Versicherungsschutz ausreichend ist. Eine Reisekrankenversicherung oder ein Tarif mit stark eingeschränktem Leistungsumfang wird in der Regel nicht akzeptiert. Der Versicherungsschutz muss dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen und insbesondere ambulante und stationäre Behandlungen sowie Vorsorgeuntersuchungen abdecken.
Praxis-Tipp: Krankenversicherung vor Antragstellung klären
Holen Sie sich vor der Antragstellung eine schriftliche Bestätigung Ihrer Krankenkasse über die Möglichkeit einer Familienversicherung oder ein verbindliches Angebot einer privaten Krankenversicherung für Ihre Familienangehörigen. Diese Dokumente können Sie dem Antrag direkt beilegen und vermeiden so Nachfragen und Verzögerungen.
Antragstellung und Behördenverfahren
Das Verfahren zum Familiennachzug beginnt in der Regel mit einem Visumantrag bei der deutschen Auslandsvertretung im Heimatland der nachziehenden Angehörigen. Von dort wird die zuständige Ausländerbehörde in Deutschland beteiligt, die den Antrag unter aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkten prüft. Dieser zweistufige Prozess kann mehrere Monate in Anspruch nehmen und erfordert eine sorgfältige Koordination aller Beteiligten.
Die Komplexität des Verfahrens wird oft unterschätzt. Neben den Einkommensnachweisen werden zahlreiche weitere Dokumente geprüft: Eheurkunden, Geburtsurkunden, Sprachnachweise und vieles mehr. Fehler oder Unvollständigkeiten bei einem dieser Punkte können das gesamte Verfahren verzögern oder zum Scheitern bringen. Eine strukturierte Vorbereitung ist daher unerlässlich.
Ablauf des Visumsverfahrens
Der Antrag wird persönlich bei der deutschen Botschaft oder dem Generalkonsulat gestellt. Dort werden die Unterlagen entgegengenommen und eine erste Vorprüfung durchgeführt. Anschließend werden die Dokumente an die zuständige Ausländerbehörde in Deutschland übermittelt, die die eigentliche Sachprüfung vornimmt. Diese Behörde erteilt oder verweigert die Zustimmung zum Visum.
Die Bearbeitungszeiten variieren stark je nach Auslandsvertretung und Komplexität des Falls. In manchen Ländern müssen Antragsteller mit Wartezeiten von mehreren Monaten allein für einen Vorsprachetermin rechnen. Planen Sie daher ausreichend Zeit ein und beginnen Sie mit der Dokumentensammlung frühzeitig. Die Auslandsvertretungen informieren auf ihren Webseiten über die aktuellen Bearbeitungszeiten.
Mitwirkungspflichten während des Verfahrens
Sowohl Sie als Einladender als auch die nachziehenden Familienangehörigen sind zur Mitwirkung im Verfahren verpflichtet. Dies bedeutet, dass Sie alle erforderlichen Unterlagen vollständig und wahrheitsgemäß vorlegen müssen. Änderungen in Ihrer Einkommenssituation – etwa ein Jobwechsel oder eine Gehaltsänderung – müssen Sie unverzüglich mitteilen.
Verletzt eine der Parteien die Mitwirkungspflicht, kann dies zur Ablehnung des Antrags führen. Die Behörde kann den Antrag auch ohne weitere Prüfung ablehnen, wenn trotz Aufforderung keine ausreichenden Nachweise vorgelegt werden. Reagieren Sie daher auf jede behördliche Anfrage zeitnah und vollständig. Dokumentieren Sie außerdem alle eingereichten Unterlagen, um im Streitfall nachweisen zu können, was Sie vorgelegt haben.
Häufige Ablehnungsgründe und Lösungsansätze
Die Ablehnung eines Antrags auf Familiennachzug ist ein schwerer Schlag – emotional und praktisch. Häufig basieren Ablehnungen jedoch auf Fehlern, die vermeidbar gewesen wären, oder auf einer zu strengen Auslegung der Vorschriften durch die Behörde. Das Verständnis der typischen Ablehnungsgründe hilft Ihnen, diese von vornherein zu vermeiden oder im Widerspruchsverfahren gezielt anzugreifen.
Die meisten Ablehnungen im Bereich Lebensunterhaltssicherung beruhen auf rechnerischen Diskrepanzen: Das nachgewiesene Einkommen liegt unter dem errechneten Bedarf. Doch auch formale Fehler wie fehlende oder veraltete Dokumente, unklare Einkommensverhältnisse oder eine negative Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung führen regelmäßig zur Ablehnung.
Ablehnung wegen unzureichendem Einkommen
Der klassische Ablehnungsgrund lautet: Das Einkommen reicht rechnerisch nicht aus, um den Bedarf der Familie zu decken. Oft liegt dies an einer ungünstigen Berechnung durch die Behörde. Prüfen Sie in diesem Fall genau, welche Einkommensbestandteile angerechnet wurden und welche nicht. Überstundenvergütungen, Zulagen oder regelmäßige Bonuszahlungen werden manchmal nicht berücksichtigt, obwohl sie anrechenbar wären.
Auch bei den Bedarfen können Fehler auftreten. Wurde die Miete korrekt angesetzt? Wurden Freibeträge berücksichtigt? Entspricht die Haushaltskonstellation den tatsächlichen Verhältnissen? Ein genauer Vergleich zwischen Ihrer eigenen Berechnung und der behördlichen Kalkulation offenbart häufig Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Korrektur.
Beispiel: Erfolgreiche Korrektur einer fehlerhaften Berechnung
Familie K. erhielt eine Ablehnung, weil das Einkommen angeblich nicht ausreichte. Bei genauer Prüfung stellte sich heraus, dass die Behörde das regelmäßig gezahlte Weihnachtsgeld nicht anteilig berücksichtigt hatte. Außerdem war die Familienversicherungsmöglichkeit für die nachziehende Ehefrau übersehen worden, sodass unnötig hohe Krankenversicherungskosten einkalkuliert wurden. Nach Korrektur dieser Punkte wurde der Antrag genehmigt.
Negative Prognoseentscheidung
Selbst wenn das aktuelle Einkommen ausreicht, kann die Behörde den Antrag ablehnen, wenn sie eine negative Prognose zur künftigen Entwicklung trifft. Dies geschieht häufig bei befristeten Arbeitsverträgen, die während des Verfahrens auslaufen, bei Probezeiten oder bei stark schwankenden Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit.
Gegen eine negative Prognose können Sie vorgehen, indem Sie die Stabilität Ihrer beruflichen Situation dokumentieren. Eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die beabsichtigte Vertragsverlängerung, Nachweise über langjährige Beschäftigung im selben Unternehmen oder eine positive Geschäftsentwicklung bei Selbstständigen können die Prognose verbessern. Auch der Hinweis auf qualifizierte Berufsausbildungen und gute Arbeitsmarktchancen kann helfen.
Rechtsmittel bei negativen Bescheiden
Ein ablehnender Bescheid ist nicht das Ende des Weges. Das deutsche Recht gewährt umfangreiche Rechtsschutzmöglichkeiten, die Sie nutzen sollten – vorausgesetzt, Sie handeln schnell genug. Die Fristen für Widerspruch oder Klage sind knapp bemessen und beginnen mit der Zustellung des Bescheids zu laufen. Versäumen Sie diese Fristen, wird der Bescheid bestandskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
Die Wahl des richtigen Rechtsmittels hängt von verschiedenen Faktoren ab. In manchen Bundesländern ist das Widerspruchsverfahren vorgeschaltet, in anderen können Sie direkt Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheids gibt Auskunft über das zutreffende Verfahren und die einzuhaltenden Fristen. Lesen Sie diese Belehrung sorgfältig.
Das Widerspruchsverfahren im Detail
Der Widerspruch muss schriftlich bei der Behörde eingelegt werden, die den Bescheid erlassen hat. Die Frist beträgt in der Regel einen Monat ab Zustellung. Im Widerspruch sollten Sie konkret darlegen, warum die Ablehnung fehlerhaft ist. Allgemeine Unmutsäußerungen reichen nicht aus – Sie müssen die rechtlichen oder tatsächlichen Fehler der Behördenentscheidung aufzeigen.
Das Widerspruchsverfahren bietet die Chance, neue Unterlagen nachzureichen oder veränderte Umstände geltend zu machen. Hat sich Ihre Einkommenssituation seit der Antragstellung verbessert? Liegen nun bessere Nachweise vor? Können Sie Berechnungsfehler belegen? All dies können Sie im Widerspruchsverfahren vortragen. Die Behörde ist verpflichtet, den Fall unter Berücksichtigung Ihrer Argumente erneut zu prüfen.
Klage vor dem Verwaltungsgericht
Wird der Widerspruch zurückgewiesen oder ist kein Widerspruchsverfahren vorgesehen, bleibt die Klage vor dem Verwaltungsgericht. Die Klagefrist beträgt ebenfalls einen Monat. Das Gericht prüft die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung umfassend und ist an die Rechtsauffassung der Behörde nicht gebunden. In vielen Fällen zeigen sich Behörden nach Klageerhebung vergleichsbereit, wenn die Erfolgsaussichten erkennbar sind.
Eine verwaltungsgerichtliche Klage ist mit Kosten verbunden: Gerichtsgebühren und gegebenenfalls Anwaltskosten. Diese Kosten trägt im Falle des Unterliegens der Kläger. Bei einer erfolgreichen Klage muss hingegen die Behörde die Kosten erstatten. Prüfen Sie daher vor Klageerhebung sorgfältig die Erfolgsaussichten und wägen Sie das finanzielle Risiko ab.
Praxis-Tipp: Fristen unbedingt wahren
Markieren Sie das Datum der Bescheidzustellung sofort in Ihrem Kalender und notieren Sie die Frist für den Widerspruch oder die Klage. Versenden Sie Ihr Rechtsmittel rechtzeitig vor Fristablauf – idealerweise per Einschreiben oder Fax mit Sendebestätigung. Im Zweifel reichen Sie zunächst ein formloses Schreiben mit dem Wort "Widerspruch" fristwahrend ein und begründen später ausführlich.
