Was ist eine Studienplatzklage?
Der Ablehnungsbescheid liegt vor Ihnen. Medizin, Psychologie, Jura – der Traum vom Wunschstudium scheint geplatzt. Doch bevor Sie Ihre Zukunftspläne über den Haufen werfen oder jahrelange Wartesemester in Kauf nehmen, sollten Sie eine Option kennen, die vielen Studieninteressierten nicht bewusst ist: die Studienplatzklage.
Bei einer Studienplatzklage handelt es sich um ein verwaltungsgerichtliches Verfahren, mit dem Sie einen Studienplatz an einer Hochschule einklagen können. Der juristische Ansatz basiert dabei nicht auf Ihrer Abiturnote oder dem Numerus Clausus. Stattdessen wird geprüft, ob die Universität tatsächlich alle verfügbaren Studienplätze vergeben hat – oder ob noch versteckte Kapazitäten existieren.
Das Grundprinzip: Kapazitäten müssen ausgeschöpft werden
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1972 ein wegweisendes Urteil gefällt: Alle deutschen Hochschulen sind verpflichtet, ihre Ausbildungskapazitäten vollständig auszuschöpfen. Dies bedeutet, dass Universitäten nicht willkürlich Studienplätze zurückhalten oder niedrigere Kapazitätsgrenzen angeben dürfen, als tatsächlich vorhanden sind. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem im Grundgesetz verankerten Recht auf freie Berufswahl.
In der Praxis setzen viele Hochschulen ihre offiziellen Kapazitätszahlen jedoch bewusst konservativ an. Dies geschieht aus verschiedenen Gründen – etwa zur Sicherstellung der Betreuungsqualität oder aus administrativen Erwägungen. Genau hier setzt die Studienplatzklage an: Sie zielt darauf ab, diese nicht genutzten Kapazitäten aufzudecken und einen der zusätzlichen Plätze zu erhalten.
Der Unterschied zur regulären Bewerbung
Bei einer normalen Studienbewerbung entscheidet der Numerus Clausus über Ihre Chancen. Bei der Studienplatzklage spielt Ihre Abiturnote hingegen eine untergeordnete Rolle. Das Verwaltungsgericht prüft ausschließlich, ob die Hochschule ihre Kapazitäten korrekt berechnet hat. Werden durch diese Prüfung zusätzliche Studienplätze aufgedeckt, werden diese unter den Klägern verteilt – unabhängig von deren Notenschnitt.
Diese Besonderheit macht die Studienplatzklage zu einer echten Alternative für alle, deren Abiturnote nicht für den gewünschten NC-Studiengang ausreicht. Allerdings handelt es sich um ein komplexes juristisches Verfahren mit eigenen Regeln, Fristen und Risiken, die Sie vor dem Klageweg kennen sollten.
Praxis-Tipp: Frühzeitige Vorbereitung ist entscheidend
Beginnen Sie mit der Recherche zur Studienplatzklage bereits während Ihrer regulären Bewerbungsphase. So können Sie im Falle einer Ablehnung sofort handeln und verlieren keine wertvolle Zeit. Sammeln Sie alle Bewerbungsunterlagen und Ablehnungsbescheide sorgfältig – diese Dokumente werden für das Verfahren benötigt.
Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
Die Studienplatzklage basiert auf fundamentalen verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Das Verständnis dieser rechtlichen Basis hilft Ihnen einzuschätzen, warum dieses Verfahren funktioniert und welche Voraussetzungen Sie persönlich erfüllen müssen.
Die verfassungsrechtliche Basis
Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert allen Deutschen das Recht auf freie Berufswahl. Dieses Grundrecht schließt auch die freie Wahl der Ausbildungsstätte ein. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Numerus-Clausus-Urteil von 1972 klargestellt, dass dieses Recht nur eingeschränkt werden darf, wenn die Hochschulkapazitäten tatsächlich erschöpft sind. Daraus folgt die sogenannte Kapazitätserschöpfungspflicht.
Hochschulen müssen ihre Aufnahmekapazität nach der Kapazitätsverordnung (KapVO) berechnen. Diese Verordnung legt fest, wie viele Studienplätze angeboten werden müssen – basierend auf verfügbarem Lehrpersonal, Räumlichkeiten und Ausstattung. Die Berechnung ist komplex und bietet zahlreiche Ansatzpunkte für rechtliche Überprüfungen.
Welche persönlichen Voraussetzungen müssen Sie erfüllen?
Grundsätzlich kann jeder eine Studienplatzklage einreichen, der die formalen Zugangsvoraussetzungen für das gewünschte Studium erfüllt. Für ein Universitätsstudium benötigen Sie die allgemeine Hochschulreife (Abitur). Für Fachhochschulen genügt die Fachhochschulreife. Diese grundlegende Qualifikation muss zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen.
Wichtig: Sie müssen sich vor der Klage regulär um einen Studienplatz beworben haben. Eine Ablehnung ist zwar nicht zwingend erforderlich, vereinfacht das Verfahren jedoch erheblich. Der Ablehnungsbescheid dokumentiert Ihr ernsthaftes Studieninteresse und dient als Ausgangspunkt für die Berechnung wichtiger Fristen.
Beispiel: Medizinstudium trotz NC von 2,3
Eine Abiturientin aus Niedersachsen hatte einen Notenschnitt von 2,3 – weit entfernt vom Medizin-NC. Nach ihrer Ablehnung reichte sie Studienplatzklagen an mehreren Universitäten ein. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass eine der beklagten Hochschulen ihre Personalkapazitäten zu niedrig angesetzt hatte. Die Klägerin erhielt einen der dadurch aufgedeckten zusätzlichen Studienplätze und begann ihr Medizinstudium im gleichen Semester.
Verschiedene Arten der Studienplatzklage
Je nach Studiengang kommen unterschiedliche Verfahrensarten in Betracht. Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen wird typischerweise eine Kapazitätsklage eingereicht. Hier wird die Berechnung der Studienplatzkapazität durch die Hochschule angefochten. Bei zulassungsfreien Studiengängen kann unter bestimmten Umständen eine Immatrikulationsklage erfolgen, wenn die Hochschule die Einschreibung verweigert.
Zusätzlich zur Hauptsacheklage wird regelmäßig ein Eilantrag gestellt. Dieser sogenannte Antrag auf einstweilige Anordnung zielt darauf ab, dass Sie bereits vor dem Abschluss des Hauptverfahrens vorläufig zum Studium zugelassen werden. Da Gerichtsverfahren sich über mehrere Semester erstrecken können, ist dieser Eilantrag für die meisten Studieninteressierten der praktisch relevante Teil des Verfahrens.
Erfolgsaussichten nach Studiengängen
Die Erfolgsaussichten einer Studienplatzklage variieren erheblich – je nach Studiengang, Hochschule und aktueller Bewerberkonkurrenz. Eine realistische Einschätzung der Chancen ist essenziell, bevor Sie den Klageweg beschreiten.
Medizin und Zahnmedizin
Medizin gehört zu den am stärksten nachgefragten Studiengängen in Deutschland. Die Zulassungsbeschränkungen sind entsprechend streng, und die Anzahl der Kläger pro Semester ist hoch. Dennoch werden regelmäßig durch Studienplatzklagen zusätzliche Kapazitäten aufgedeckt. Die Konkurrenz unter den Klägern ist allerdings ebenfalls beträchtlich, sodass nicht jeder erfolgreiche Kläger automatisch einen Platz erhält.
Bei medizinischen Studiengängen spielt die Wahl der beklagten Hochschulen eine besonders wichtige Rolle. Größere Universitätskliniken haben tendenziell mehr Spielraum bei der Kapazitätsberechnung als kleinere Standorte. Eine strategische Auswahl der Beklagten kann die individuellen Erfolgsaussichten merklich verbessern.
Psychologie und Rechtswissenschaften
Auch Psychologie und Jura zählen zu den stark nachgefragten Fächern mit hohen NC-Hürden. Im Vergleich zu Medizin ist die Anzahl der Kläger hier jedoch oft geringer, was die relativen Erfolgsaussichten verbessern kann. Gleichzeitig sind die Kapazitätsberechnungen in diesen Fächern weniger komplex als bei Medizin, sodass weniger Ansatzpunkte für rechtliche Einwände existieren.
Bei juristischen Studiengängen variieren die Erfolgsaussichten stark nach Bundesland und Hochschule. Einige Universitäten sind erfahrungsgemäß häufiger von erfolgreichen Klagen betroffen als andere. Diese Information ist für die Klagestrategie relevant.
Praxis-Tipp: Mehrere Hochschulen parallel verklagen
Erhöhen Sie Ihre Chancen, indem Sie Studienplatzklagen an mehreren Universitäten gleichzeitig einreichen. Dies ist rechtlich zulässig und strategisch sinnvoll. Allerdings multiplizieren sich dadurch auch die Kosten. Wägen Sie ab, wie viele Verfahren Sie finanziell stemmen können, und wählen Sie die Hochschulen mit den aussichtsreichsten Konstellationen aus.
Andere zulassungsbeschränkte Studiengänge
Neben den klassischen NC-Fächern können auch Studiengänge wie BWL, Lehramt, Biologie oder Pharmazie eingeklagt werden. Bei weniger stark nachgefragten Fächern ist die Konkurrenz unter den Klägern oft geringer. Gleichzeitig gibt es weniger spezialisierte Anwälte und weniger Erfahrungswerte zu diesen Studiengängen.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Kläger um die aufgedeckten Plätze konkurrieren, desto geringer sind die individuellen Erfolgsaussichten. Die absolute Erfolgsquote sagt daher wenig über Ihre persönlichen Chancen aus. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen aufgedeckten Plätzen und der Anzahl der Kläger an der jeweiligen Hochschule.
Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten
Eine Studienplatzklage ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Diese setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen und können je nach Umfang des Verfahrens erheblich variieren. Eine realistische Kostenplanung gehört zur sorgfältigen Vorbereitung.
Zusammensetzung der Kosten
Die Gesamtkosten einer Studienplatzklage setzen sich aus Gerichtskosten, Anwaltsgebühren und gegebenenfalls Gutachterkosten zusammen. Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert, der bei Studienplatzklagen in der Regel zwischen wenigen tausend Euro liegt. Die Anwaltsgebühren werden nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet, wobei Honorarvereinbarungen möglich sind.
Bei Klagen gegen mehrere Hochschulen multiplizieren sich die Kosten entsprechend. Jede Klage ist ein eigenständiges Verfahren mit separaten Gerichts- und Anwaltskosten. Hinzu kommen mögliche Kosten für Eilverfahren, die parallel zum Hauptsacheverfahren laufen.
Kostenrisiko bei Niederlage
Unterliegen Sie im Verfahren, müssen Sie grundsätzlich die Kosten des Verfahrens tragen – sowohl Ihre eigenen als auch die der Gegenseite. Allerdings sind die Kosten der Hochschule in der Regel überschaubar, da diese selten externe Anwälte beauftragen. Das Hauptkostenrisiko liegt in den eigenen Anwalts- und Gerichtskosten.
Bei Rücknahme der Klage vor einer gerichtlichen Entscheidung reduzieren sich die Kosten. Wenn beispielsweise während des Verfahrens ein regulärer Studienplatz angeboten wird, kann die Klage zurückgenommen werden, ohne dass weitere Kosten entstehen.
Finanzierungsmöglichkeiten
Wer die Kosten nicht aus eigener Tasche stemmen kann, hat verschiedene Optionen. Manche Anbieter ermöglichen Ratenzahlungen oder bieten spezielle Studenten-Konditionen an. Auch ein Kredit oder die Unterstützung durch Familie kann eine Option sein.
Die Prozesskostenhilfe steht grundsätzlich auch für Studienplatzklagen zur Verfügung. Die Bewilligung hängt von Ihren finanziellen Verhältnissen und den Erfolgsaussichten der Klage ab. Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe sollte frühzeitig gestellt werden, um Fristprobleme zu vermeiden.
Checkliste: Kostenplanung für die Studienplatzklage
- Gesamtbudget festlegen: Wie viel können Sie maximal investieren?
- Anzahl der Klagen bestimmen: An wie vielen Hochschulen wollen Sie parallel klagen?
- Kosten pro Verfahren kalkulieren: Gerichtskosten plus Anwaltshonorar plus Nebenkosten
- Kostenrisiko bei Niederlage einplanen: Worst-Case-Szenario durchrechnen
- Finanzierungsquellen prüfen: Erspartes, Unterstützung, Kredit, Prozesskostenhilfe
- Rücklagen für Mehrkosten bilden: Gutachten oder verlängerte Verfahren einkalkulieren
Ablauf des Klageverfahrens
Eine Studienplatzklage folgt einem festgelegten Verfahrensablauf. Das Verständnis der einzelnen Schritte hilft Ihnen, den Prozess realistisch einzuschätzen und sich optimal vorzubereiten.
Vorbereitung und Antragstellung
Der erste Schritt besteht in der Sammlung aller relevanten Unterlagen: Abiturzeugnis, Bewerbungsnachweise, Ablehnungsbescheide. Auf Basis dieser Dokumente wird die Klageschrift erstellt. Diese richtet sich an das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die beklagte Hochschule liegt.
Parallel zur Hauptsacheklage wird in der Regel ein Eilantrag gestellt. Dieser Antrag auf einstweilige Anordnung zielt auf die vorläufige Zulassung zum Studium ab. Da das Hauptverfahren mehrere Semester dauern kann, ist der Eilantrag für die praktische Studienzulassung entscheidend.
Die gerichtliche Prüfung
Das Verwaltungsgericht prüft im Verfahren, ob die Hochschule ihre Kapazitäten korrekt berechnet hat. Dazu werden die Kapazitätsberechnungen der Hochschule angefordert und auf Fehler untersucht. Typische Ansatzpunkte sind die Berechnung des Lehrpersonals, die Berücksichtigung von Schwundquoten oder die Anrechnung von Drittmittelprojekten.
In manchen Fällen werden Sachverständigengutachten eingeholt, um komplexe Berechnungsfragen zu klären. Die Hochschule muss nachweisen, dass ihre Kapazitätsberechnung korrekt ist. Gelingt ihr dies nicht, deckt das Gericht zusätzliche Studienplätze auf.
Beispiel: Erfolgreiche Kapazitätsüberprüfung
Ein Kläger im Fach Psychologie beanstandete die Berechnung des Curricularnormwerts an einer norddeutschen Universität. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Hochschule bestimmte Lehrveranstaltungen zu großzügig angesetzt hatte. Dadurch wurden mehrere zusätzliche Studienplätze aufgedeckt. Der Kläger erhielt im Losverfahren unter den erfolgreichen Klägern einen dieser Plätze.
Verteilung der aufgedeckten Plätze
Werden durch das Verfahren zusätzliche Studienplätze aufgedeckt, erfolgt deren Verteilung unter den Klägern. Übersteigt die Anzahl der Kläger die aufgedeckten Plätze, entscheidet in der Regel ein Losverfahren. Die Abiturnote spielt bei dieser Verteilung keine Rolle.
Bei erfolgreicher Zuteilung erhalten Sie zunächst eine vorläufige Zulassung. Diese wird in eine endgültige Immatrikulation umgewandelt, sobald das Hauptsacheverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. In der Praxis studieren die meisten erfolgreichen Kläger regulär weiter, auch wenn das Hauptverfahren noch läuft.
Wichtige Fristen und Termine
Die Einhaltung von Fristen ist bei der Studienplatzklage von existenzieller Bedeutung. Versäumte Fristen können das gesamte Verfahren unmöglich machen. Die wichtigsten Termine sollten Sie daher von Anfang an im Blick haben.
Reguläre Bewerbungsfristen
Vor der Klage steht die reguläre Bewerbung. Die Bewerbungsfristen für das Wintersemester enden in der Regel am 15. Juli, für das Sommersemester am 15. Januar. Diese Fristen sind strikt einzuhalten, um später klageberechtigt zu sein. Ohne vorherige Bewerbung ist eine Studienplatzklage zwar nicht ausgeschlossen, aber erheblich schwieriger.
Bei Bewerbungen über hochschulstart.de (ehemals ZVS) gelten zusätzliche Besonderheiten. Hier sollten Sie darauf achten, dass Ihre Bewerbung vollständig und fristgerecht eingeht. Formale Fehler können später im Klageverfahren problematisch werden.
Fristen für die Klageerhebung
Nach Erhalt des Ablehnungsbescheids läuft die Frist für rechtliche Schritte. Beim Widerspruch gegen den Bescheid gilt in der Regel eine Monatsfrist ab Zustellung. Diese Frist sollte unbedingt gewahrt werden, auch wenn parallel die Klage vorbereitet wird.
Für den Eilantrag auf vorläufige Zulassung gelten besondere zeitliche Vorgaben. Dieser muss so rechtzeitig gestellt werden, dass eine Entscheidung noch vor Semesterbeginn möglich ist. In der Praxis bedeutet dies, dass Eilanträge für das Wintersemester bis spätestens August oder September eingereicht werden sollten.
Praxis-Tipp: Fristenkalender anlegen
Erstellen Sie einen detaillierten Fristenkalender mit allen relevanten Terminen: Bewerbungsfristen, Widerspruchsfristen, Klagefristen, Semesterbeginn. Tragen Sie zu jeder Frist eine Erinnerung mindestens eine Woche vorher ein. Bei Studienplatzklagen können versäumte Fristen nicht nachgeholt werden – der Fristenkalender schützt vor folgenschweren Versäumnissen.
Semestertermine und Vorlesungsbeginn
Die zeitliche Planung muss den Semesterbeginn berücksichtigen. Das Wintersemester beginnt offiziell am 1. Oktober, der Vorlesungsbeginn liegt meist Mitte Oktober. Für das Sommersemester gilt der 1. April als Semesterstart. Eine vorläufige Zulassung sollte idealerweise vor dem Vorlesungsbeginn vorliegen.
Wird die Zulassung erst während des laufenden Semesters erteilt, können Sie das Studium in der Regel dennoch aufnehmen. Verpasste Lehrveranstaltungen und Prüfungen müssen dann nachgeholt werden. Die Hochschulen sind grundsätzlich verpflichtet, erfolgreich eingeklagte Studierende wie regulär Zugelassene zu behandeln.
Risiken und mögliche Nachteile
Eine Studienplatzklage ist kein risikoloser Weg zum Wunschstudium. Neben den offensichtlichen Kosten gibt es weitere Faktoren, die Sie in Ihre Entscheidung einbeziehen sollten.
Finanzielle Risiken
Das offensichtlichste Risiko ist finanzieller Natur. Die Kosten für das Verfahren fallen auch bei Misserfolg an. Wer an mehreren Hochschulen klagt, potenziert dieses Risiko. Eine erfolglose Klage kann mehrere tausend Euro kosten, ohne dass ein Studienplatz dabei herausspringt.
Hinzu kommt das Kostenrisiko bei unterlegener Klage. Zwar sind die Kosten der Gegenseite bei Studienplatzklagen meist überschaubar, dennoch können sie das Budget zusätzlich belasten. Eine realistische Worst-Case-Kalkulation sollte vor Klagebeginn erfolgen.
Zeitliche Unsicherheit und Planungsprobleme
Das Klageverfahren zieht sich oft über mehrere Monate hin. In dieser Zeit herrscht Ungewissheit über die berufliche Zukunft. Die Planung von Alternativen – etwa ein Gap Year oder eine Ausbildung – wird erschwert, wenn parallel ein Klageverfahren läuft.
Auch bei Erfolg im Eilverfahren bleibt Restunsicherheit. Die vorläufige Zulassung kann theoretisch widerrufen werden, wenn das Hauptsacheverfahren negativ ausgeht. In der Praxis ist dies zwar selten, psychologisch belastend kann die Situation dennoch sein.
Emotionale Belastung
Ein laufendes Gerichtsverfahren bedeutet Stress. Die Ungewissheit über den Ausgang, die Auseinandersetzung mit juristischen Fragen und die finanzielle Belastung können emotional fordernd sein. Wer ohnehin sensibel auf Unsicherheit reagiert, sollte diesen Aspekt nicht unterschätzen.
Zudem kann die Situation mit Kommilitonen kompliziert sein. Als eingeklagter Studierender starten Sie möglicherweise später ins Semester und müssen erklären, wie Sie Ihren Platz erhalten haben. Die meisten Hochschulen behandeln Klageplätze zwar diskret, völlig anonym bleibt die Situation jedoch selten.
Checkliste: Risiken vor der Klageentscheidung abwägen
- Können Sie den finanziellen Totalverlust der Klagekosten verkraften?
- Haben Sie einen Plan B, falls die Klage scheitert?
- Können Sie mit mehrmonatiger Unsicherheit umgehen?
- Ist Ihre Motivation für das Studienfach stark genug für diesen Aufwand?
- Haben Sie Unterstützung im persönlichen Umfeld für diese Entscheidung?
Alternativen zur Studienplatzklage
Die Studienplatzklage ist nicht für jeden die richtige Lösung. Bevor Sie diesen Weg einschlagen, lohnt ein Blick auf alternative Möglichkeiten, zum Wunschstudium zu gelangen.
Teilnahme am Losverfahren
Viele Hochschulen vergeben nach Abschluss des regulären Vergabeverfahrens nicht besetzte Plätze per Losverfahren. Die Teilnahme ist kostenlos und unkompliziert – meist genügt ein formloser Antrag. Die Chancen sind zwar gering, aber der Aufwand ebenfalls. Das Losverfahren kann parallel zur Studienplatzklage genutzt werden.
Die Fristen für Losverfahren liegen typischerweise kurz vor Semesterbeginn. Die Bekanntgabe erfolgt oft kurzfristig auf den Webseiten der Hochschulen. Wer flexibel ist und mehrere Hochschulen im Blick behält, erhöht seine Chancen.
Wartesemester sammeln
Ein Teil der Studienplätze in NC-Studiengängen wird nach Wartezeit vergeben. Jedes Semester nach dem Abitur, in dem Sie nicht an einer deutschen Hochschule eingeschrieben sind, zählt als Wartesemester. Nach ausreichend langer Wartezeit erhalten Sie unabhängig von Ihrer Abiturnote einen Studienplatz.
Die Wartezeit kann sinnvoll genutzt werden: Auslandsaufenthalte, Praktika, Ausbildungen oder Freiwilligendienste qualifizieren Sie fachlich und persönlich. Allerdings kann die Wartezeit bei stark nachgefragten Fächern wie Medizin viele Jahre betragen. Für manche Bewerber ist dies keine realistische Option.
Beispiel: Sinnvolle Nutzung der Wartesemester
Ein Abiturient mit Medizin-Wunsch und NC 2,0 begann während seiner Wartezeit eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Nach Abschluss arbeitete er ein Jahr im Rettungsdienst. Diese Erfahrung bestätigte nicht nur seinen Berufswunsch, sondern verschaffte ihm wertvolle praktische Kenntnisse. Nach insgesamt vier Wartesemestern erhielt er seinen Medizin-Studienplatz – und startete deutlich besser vorbereitet als viele Kommilitonen.
Studium im Ausland
Manche Fächer können an ausländischen Universitäten ohne NC studiert werden. Besonders osteuropäische Länder sind als Ausweichoptionen für Medizin bekannt. Auch in den Niederlanden, Österreich oder Großbritannien gelten andere Zulassungsregeln. Die Anerkennung der Abschlüsse in Deutschland ist bei akkreditierten Hochschulen in der Regel gewährleistet.
Ein Auslandsstudium bringt jedoch eigene Herausforderungen mit sich: andere Sprache, höhere Lebenshaltungskosten, Trennung vom gewohnten Umfeld. Wer diese Hürden meistern kann, findet im Auslandsstudium eine echte Alternative zur Studienplatzklage.
Verwandte Studiengänge als Einstieg
Manchmal führen Umwege zum Ziel. Wer keinen Psychologie-Platz bekommt, könnte zunächst Pädagogik oder Sozialwissenschaften studieren und später wechseln. Medizin-Interessierte beginnen gelegentlich mit Biologie oder Biochemie. Ein Studienfachwechsel nach dem ersten Semester ist grundsätzlich möglich.
Diese Strategie birgt Risiken: Der Wechsel in einen NC-Studiengang ist nicht garantiert, und bereits erbrachte Studienleistungen werden möglicherweise nicht anerkannt. Dennoch kann der Umweg über ein verwandtes Fach sinnvoller sein als jahrelange Wartezeit oder ein teures Klageverfahren.
