Gesetzliche Grundlagen für Mieterhöhungen
Der Brief vom Vermieter liegt auf dem Küchentisch: Mieterhöhung um 80 Euro monatlich ab nächstem Quartal. Das Herz schlägt schneller, die Gedanken rasen. Darf der das überhaupt? Muss ich das akzeptieren? Diese Fragen stellen sich Millionen Mieter in Deutschland jedes Jahr. Die gute Nachricht: Das Gesetz schützt Sie vor willkürlichen Mieterhöhungen stärker, als viele denken.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in den §§ 557 bis 561 präzise, unter welchen Umständen Vermieter die Miete erhöhen dürfen. Diese Vorschriften sind nicht dispositiv – das bedeutet, Ihr Mietvertrag kann sie nicht einfach aushebeln. Selbst wenn im Vertrag andere Regelungen stehen, gelten die gesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten der Mieter. Vermieter können also nicht durch clevere Vertragsklauseln die Mieterschutzrechte umgehen.
Das Gesetz kennt grundsätzlich drei verschiedene Arten der Mieterhöhung: Die Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 BGB, die Erhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 559 BGB und die Erhöhung aufgrund gestiegener Betriebskosten nach § 560 BGB. Jede dieser Erhöhungsarten unterliegt eigenen Regeln, Fristen und Grenzen. Besonders wichtig: Eine pauschale Mieterhöhung ohne konkreten Grund ist bei unbefristeten Mietverträgen nicht zulässig.
Vertragsfreiheit und ihre Grenzen
Bei Vertragsabschluss herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit – Vermieter und Mieter können die Miethöhe frei vereinbaren. Nach Abschluss des Mietvertrags ist diese Freiheit jedoch erheblich eingeschränkt. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Mieter durch ständige Erhöhungen aus ihren Wohnungen gedrängt werden. Die Regelungen sind Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf Wohnen.
Staffelmietverträge und Indexmietverträge bilden Sonderformen. Bei einer Staffelmiete sind künftige Erhöhungen bereits im Vertrag festgelegt. Bei der Indexmiete orientiert sich die Miete am Verbraucherpreisindex. Für diese Vertragstypen gelten teilweise andere Regelungen, die wir später noch betrachten werden. Wichtig ist: Auch hier existieren gesetzliche Grenzen, die der Vermieter nicht überschreiten darf.
Schriftformerfordernis bei Mieterhöhungen
Eine Mieterhöhung muss zwingend in Textform erfolgen – also schriftlich per Brief, Fax oder E-Mail. Eine mündliche Ankündigung am Telefon oder im Treppenhaus ist rechtlich unwirksam. Diese Formvorschrift schützt Sie als Mieter: Sie haben die Möglichkeit, das Schreiben in Ruhe zu prüfen und die Angaben zu überprüfen. Bewahren Sie das Schreiben unbedingt auf, denn im Streitfall müssen Sie nachweisen können, wann Sie es erhalten haben.
Das Erhöhungsschreiben muss zudem an alle im Mietvertrag genannten Mieter adressiert sein. Leben Sie beispielsweise mit Ihrem Partner zusammen und stehen beide im Mietvertrag, muss das Schreiben an beide gerichtet sein. Eine Erhöhung, die nur an einen Mieter adressiert ist, kann formunwirksam sein. Dieser Formfehler ist häufiger als man denkt – und er gibt Ihnen die Möglichkeit, die Erhöhung zurückzuweisen.
Praxis-Tipp: Mieterhöhungsschreiben sofort dokumentieren
Notieren Sie auf dem Umschlag das Eingangsdatum und fotografieren Sie beides. Diese Dokumentation ist entscheidend für die Berechnung Ihrer Widerspruchsfrist. Ohne Nachweis des Eingangsdatums können Sie später kaum beweisen, dass Sie rechtzeitig reagiert haben.
Wie oft darf die Miete erhöht werden?
Die zeitliche Begrenzung von Mieterhöhungen ist einer der wichtigsten Schutzmechanismen für Mieter. Das Gesetz schreibt vor, dass zwischen zwei Mieterhöhungen zur Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete mindestens 15 Monate liegen müssen. Diese sogenannte Sperrfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die letzte Mieterhöhung wirksam geworden ist – nicht mit dem Datum des Erhöhungsschreibens.
Nach Einzug in eine neue Wohnung darf der Vermieter frühestens nach 12 Monaten eine erste Mieterhöhung verlangen. Die erhöhte Miete wird dann nach Ablauf einer weiteren Überlegungsfrist von mindestens zwei vollen Kalendermonaten wirksam. Praktisch bedeutet das: Wenn Sie am 1. Januar einziehen, kann der Vermieter frühestens am 1. Januar des Folgejahres eine Erhöhung verlangen. Diese wird dann frühestens am 1. April wirksam. Von Einzug bis zur ersten tatsächlichen Erhöhung vergehen also mindestens 15 Monate.
Diese Fristen sind zwingend. Ein Vermieter, der eine Erhöhung vor Ablauf der Sperrfrist verlangt, handelt rechtswidrig. Sie müssen einer solchen Erhöhung nicht zustimmen, selbst wenn sie inhaltlich gerechtfertigt wäre. Die Fristüberschreitung allein macht das gesamte Erhöhungsverlangen unwirksam.
Wann wird die Mieterhöhung wirksam?
Die Mieterhöhung wird nicht automatisch wirksam. Sie als Mieter müssen der Erhöhung zustimmen. Dafür haben Sie nach Zugang des Erhöhungsverlangens bis zum Ablauf des übernächsten Monats Zeit. Erhalten Sie das Schreiben beispielsweise am 15. März, läuft Ihre Überlegungsfrist bis zum 31. Mai. Erst mit Beginn des dritten Monats nach Zugang – in unserem Beispiel der 1. Juni – müssten Sie die erhöhte Miete zahlen, sofern Sie zugestimmt haben.
Ihre Zustimmung kann ausdrücklich erfolgen, indem Sie schriftlich erklären, dass Sie der Erhöhung zustimmen. Sie kann aber auch stillschweigend erfolgen, etwa wenn Sie die erhöhte Miete vorbehaltlos zahlen. Vorsicht ist geboten: Zahlen Sie die erhöhte Miete auch nur einmal ohne Vorbehalt, kann dies als Zustimmung gewertet werden. Wenn Sie prüfen möchten, ob die Erhöhung berechtigt ist, zahlen Sie zunächst nur die bisherige Miete.
Beispiel: Die versäumte Sperrfrist
Frau M. erhielt im Februar 2024 ein Mieterhöhungsschreiben. Ihre letzte Mieterhöhung war erst im Januar 2024 wirksam geworden. Da zwischen Januar und Februar keine 15 Monate lagen, war das Erhöhungsverlangen formunwirksam. Frau M. widersprach, und der Vermieter musste den Vorgang zurückziehen. Er durfte erst im April 2025 einen neuen Versuch starten.
Sonderfall Staffelmiete und Indexmiete
Bei Staffelmietverträgen gelten die 15-Monats-Frist und die Kappungsgrenze nicht. Hier sind die Erhöhungen bereits im Vertrag festgelegt und erfolgen automatisch zu den vereinbarten Zeitpunkten. Die Staffeln müssen jedoch mindestens ein Jahr auseinanderliegen und konkret beziffert sein. Eine Staffelmietvereinbarung, die weniger als zwölf Monate zwischen den Stufen vorsieht, ist unwirksam.
Bei der Indexmiete richtet sich die Erhöhung nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts. Der Vermieter darf die Miete anpassen, wenn sich der Index seit der letzten Anpassung verändert hat. Auch hier gilt die Kappungsgrenze nicht. Allerdings muss der Vermieter die Anpassung schriftlich verlangen und die eingetretene Änderung des Preisindex sowie die sich daraus ergebende Miete angeben.
Maximale Höhe der Mieterhöhung
Die zentrale Frage für jeden Mieter lautet: Wie viel mehr muss ich maximal zahlen? Das Gesetz gibt hier eine klare Antwort: Die Miete darf nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden. Diese Obergrenze gilt unabhängig davon, welchen Begründungsweg der Vermieter wählt. Selbst wenn Ihre aktuelle Miete deutlich unter dem Marktniveau liegt, darf der Vermieter nicht unbegrenzt erhöhen.
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist die Miete, die für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in der Gemeinde gezahlt wird. Dabei werden nur Mieten berücksichtigt, die in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert wurden. Ältere Bestandsmieten fließen nicht in die Berechnung ein. Die Vergleichsmiete bildet also einen Durchschnittswert, keine Höchstgrenze des aktuellen Mietmarktes.
Für die Ermittlung der Vergleichsmiete stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung: der qualifizierte Mietspiegel, der einfache Mietspiegel, Vergleichswohnungen, ein Sachverständigengutachten oder eine Auskunft aus der Mietdatenbank. In Städten mit qualifiziertem Mietspiegel ist dieser das maßgebliche Instrument. Der Vermieter muss sich daran orientieren und kann nicht einfach behaupten, die Marktmiete sei höher.
Den Mietspiegel richtig lesen und anwenden
Mietspiegel sind komplexe Dokumente, die viele Faktoren berücksichtigen. Die Miete hängt nicht nur von der Quadratmeterzahl ab, sondern auch von Baujahr, Ausstattung, Modernisierungsstand und Lage. Ein qualifizierter Mietspiegel gibt für jede Kombination dieser Faktoren einen Mittelwert und eine Spanne an. Die Spanne reicht typischerweise vom unteren bis zum oberen Wert für vergleichbare Wohnungen.
Der Vermieter darf grundsätzlich nur bis zum Mittelwert der Spanne erhöhen. Eine Erhöhung bis zum oberen Wert ist nur zulässig, wenn besondere wohnwerterhöhende Merkmale vorliegen – etwa ein Balkon, eine besonders hochwertige Ausstattung oder eine Einbauküche. Umgekehrt müssen wohnwertmindernde Merkmale wie Straßenlärm, fehlender Aufzug im oberen Stockwerk oder schlechter Gebäudezustand berücksichtigt werden.
Checkliste: Mieterhöhung auf Plausibilität prüfen
- Liegt ein aktueller Mietspiegel vor und wurde er korrekt angewendet?
- Stimmen Baujahr, Wohnungsgröße und Ausstattungsmerkmale?
- Wurden wohnwertmindernde Faktoren berücksichtigt?
- Ist die Erhöhung innerhalb der Spanne oder darüber?
- Wurde die 15-Monats-Frist seit der letzten Erhöhung eingehalten?
- Wird die Kappungsgrenze eingehalten?
Erhöhung mit Vergleichswohnungen
In Gemeinden ohne Mietspiegel kann der Vermieter die Erhöhung mit Vergleichswohnungen begründen. Er muss mindestens drei vergleichbare Wohnungen benennen, deren Miete auf dem Niveau der verlangten Erhöhung liegt. Diese Wohnungen müssen hinsichtlich Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage mit Ihrer Wohnung vergleichbar sein.
Die Benennung von Vergleichswohnungen ist für Vermieter oft schwierig. Die Wohnungen müssen tatsächlich existieren und die Angaben müssen überprüfbar sein. Sie haben das Recht, die genannten Adressen zu überprüfen und bei den dortigen Mietern nachzufragen. Stellt sich heraus, dass die Angaben nicht stimmen oder die Wohnungen nicht vergleichbar sind, ist die Erhöhung unbegründet.
Kappungsgrenze: 20%-Regel in drei Jahren
Selbst wenn Ihre Miete weit unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, darf der Vermieter nicht in einem Schritt auf dieses Niveau erhöhen. Die sogenannte Kappungsgrenze begrenzt Mieterhöhungen auf maximal 20 Prozent innerhalb von drei Jahren. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt – und das betrifft mittlerweile die meisten deutschen Großstädte – liegt diese Grenze sogar bei nur 15 Prozent.
Die Kappungsgrenze ist eine absolute Obergrenze, die auch dann gilt, wenn die Vergleichsmiete deutlich höher liegt. Beträgt Ihre aktuelle Miete beispielsweise 700 Euro und die Vergleichsmiete 1.000 Euro, dürfte der Vermieter theoretisch um 300 Euro erhöhen. Die Kappungsgrenze begrenzt die Erhöhung jedoch auf maximal 140 Euro (20 Prozent) beziehungsweise 105 Euro (15 Prozent) in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt.
Die Drei-Jahres-Frist beginnt nicht mit dem Erhöhungsverlangen, sondern drei Jahre rückwirkend vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der neuen Miete. Alle Mieterhöhungen innerhalb dieses Zeitraums werden zusammengerechnet. Dabei zählen nur Erhöhungen nach § 558 BGB – also Anpassungen an die Vergleichsmiete. Modernisierungsumlagen und Betriebskostenerhöhungen werden nicht eingerechnet.
Welche Gebiete gelten als angespannter Wohnungsmarkt?
Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung, welche Gemeinden oder Stadtteile als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten. In diesen Gebieten beträgt die Kappungsgrenze nur 15 statt 20 Prozent. Betroffen sind praktisch alle großen Städte Deutschlands sowie viele Umlandgemeinden. Die Verordnungen gelten jeweils für maximal fünf Jahre, werden aber regelmäßig verlängert.
Ob Ihre Wohnung in einem solchen Gebiet liegt, können Sie bei Ihrer Gemeindeverwaltung erfragen oder im Internet recherchieren. Die entsprechenden Verordnungen sind öffentlich zugänglich. Vermieter, die in solchen Gebieten die 20-Prozent-Grenze anlegen, handeln rechtswidrig. Sie können die Erhöhung in diesem Fall auf 15 Prozent begrenzen.
Beispiel: Berechnung der Kappungsgrenze
Herr K. zahlt seit 2022 eine Kaltmiete von 800 Euro. Im Jahr 2023 wurde die Miete um 60 Euro auf 860 Euro erhöht. Nun fordert der Vermieter eine weitere Erhöhung auf 980 Euro. Die Gesamterhöhung betrüge 180 Euro (22,5 Prozent). Da Herr K. in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt wohnt, gilt die 15-Prozent-Grenze. Maximal zulässig sind 120 Euro Erhöhung in drei Jahren. Da bereits 60 Euro ausgeschöpft sind, darf die neue Erhöhung höchstens 60 Euro betragen – die Miete also maximal auf 920 Euro steigen.
Ausnahmen von der Kappungsgrenze
Die Kappungsgrenze gilt nicht für alle Mieterhöhungen. Modernisierungsumlagen nach § 559 BGB werden gesondert berechnet und fallen nicht unter die 20-Prozent-Regel. Auch Erhöhungen der Betriebskostenvorauszahlungen aufgrund gestiegener tatsächlicher Kosten sind von der Kappungsgrenze ausgenommen. Dies kann dazu führen, dass Ihre Gesamtmiete innerhalb von drei Jahren um mehr als 20 Prozent steigt.
Bei Staffelmietverträgen und Indexmietverträgen gilt die Kappungsgrenze ebenfalls nicht. Die Staffeln beziehungsweise Indexanpassungen können die 20-Prozent-Grenze überschreiten, sofern sie vertraglich vereinbart wurden. Allerdings darf auch bei diesen Vertragsformen die Miete nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus erhöht werden – mit Ausnahme der Modernisierungsumlage.
Begründungspflicht des Vermieters
Eine Mieterhöhung ist nur dann formal wirksam, wenn sie ausreichend begründet wird. Der Vermieter muss nachvollziehbar darlegen, warum die verlangte Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht. Eine bloße Behauptung reicht nicht aus. Das Begründungserfordernis soll Ihnen als Mieter ermöglichen, die Berechtigung der Erhöhung zu überprüfen und eine fundierte Entscheidung über Ihre Zustimmung zu treffen.
Das Gesetz nennt vier zulässige Begründungsmittel: den Mietspiegel (einfach oder qualifiziert), eine Auskunft aus einer Mietdatenbank, ein Sachverständigengutachten oder die Benennung von mindestens drei Vergleichswohnungen. Der Vermieter muss eines dieser Mittel verwenden. Eine Erhöhung, die nur pauschal auf "gestiegene Kosten" oder "aktuelle Marktentwicklung" verweist, ist formell unwirksam.
In Gemeinden mit qualifiziertem Mietspiegel muss der Vermieter diesen in seinem Erhöhungsschreiben angeben, auch wenn er ein anderes Begründungsmittel verwendet. Dies soll sicherstellen, dass Sie als Mieter die Möglichkeit haben, die Erhöhung anhand des Mietspiegels zu überprüfen. Fehlt dieser Hinweis, kann die Erhöhung formunwirksam sein.
Welche Anforderungen muss die Begründung erfüllen?
Die Begründung muss so konkret sein, dass Sie als Mieter die Berechnung nachvollziehen können. Bei Verwendung eines Mietspiegels muss der Vermieter angeben, in welche Kategorie Ihre Wohnung eingeordnet wurde und welcher Mietspiegelwert daraus resultiert. Pauschale Verweise auf den Mietspiegel ohne konkrete Einordnung genügen nicht.
Bei der Benennung von Vergleichswohnungen müssen die Adressen, die Größe und die Kaltmiete der Wohnungen angegeben werden. Die Wohnungen müssen tatsächlich vergleichbar sein – also ähnliche Größe, ähnliches Baujahr, ähnliche Ausstattung und ähnliche Lage aufweisen. Eine Altbauwohnung mit Ofenheizung ist keine geeignete Vergleichswohnung für einen sanierten Neubau mit Fußbodenheizung.
Praxis-Tipp: Begründung Punkt für Punkt prüfen
Nehmen Sie sich den aktuellen Mietspiegel Ihrer Stadt und vergleichen Sie die Angaben im Erhöhungsschreiben mit den tatsächlichen Gegebenheiten Ihrer Wohnung. Stimmt das angegebene Baujahr? Ist die Ausstattung korrekt erfasst? Wurden wohnwertmindernde Merkmale wie fehlender Balkon oder Straßenlärm berücksichtigt? Oft finden sich hier Fehler, die zur Unwirksamkeit führen.
Formfehler und ihre Konsequenzen
Formfehler bei der Mieterhöhung führen zur Unwirksamkeit des gesamten Erhöhungsverlangens. Der Vermieter muss dann ein neues, korrektes Erhöhungsschreiben versenden – und die Fristen beginnen von vorn. Typische Formfehler sind: fehlende oder unzureichende Begründung, falsche Adressierung, fehlende Bezugnahme auf den qualifizierten Mietspiegel, Nichteinhaltung der Sperrfrist oder fehlende Unterschrift.
Wenn Sie Formfehler entdecken, müssen Sie diese nicht aktiv rügen. Es genügt, der Erhöhung nicht zuzustimmen. Der Vermieter müsste dann auf Zustimmung klagen, und das Gericht würde die Formfehler von Amts wegen prüfen. Dennoch kann es sinnvoll sein, den Vermieter auf die Fehler hinzuweisen – manchmal lässt sich so ein langwieriger Rechtsstreit vermeiden.
Widerspruchsrecht und Fristen für Mieter
Sie sind nicht verpflichtet, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Das Gesetz gibt Ihnen eine Überlegungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Monats nach Zugang des Erhöhungsverlangens. In dieser Zeit können Sie prüfen, ob die Erhöhung berechtigt ist, und sich gegebenenfalls beraten lassen. Reagieren Sie in dieser Frist nicht, bedeutet das allerdings nicht automatisch Zustimmung.
Wenn Sie der Erhöhung nicht zustimmen, kann der Vermieter auf Zustimmung klagen. Diese Klage muss er innerhalb von drei Monaten nach Ablauf Ihrer Überlegungsfrist erheben. Versäumt er diese Frist, ist sein Erhöhungsverlangen hinfällig – er müsste ein komplett neues Verfahren einleiten. Diese Klagefrist ist für Sie als Mieter ein wichtiger Schutz: Viele Vermieter scheuen den Aufwand und die Kosten eines Gerichtsverfahrens.
Im Prozess muss der Vermieter die Berechtigung seiner Erhöhung beweisen. Das Gericht prüft nicht nur die formellen Voraussetzungen, sondern auch, ob die verlangte Miete tatsächlich der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht. Dabei kann es auch ein Sachverständigengutachten einholen. Die Kosten des Verfahrens trägt die unterliegende Partei.
Teilzustimmung zur Mieterhöhung
Sie können einer Mieterhöhung auch teilweise zustimmen. Wenn Sie beispielsweise der Meinung sind, dass die Erhöhung zwar grundsätzlich berechtigt ist, aber der Vermieter zu hoch gegriffen hat, können Sie einem Teil zustimmen und den Rest ablehnen. Der Vermieter muss dann entscheiden, ob er den akzeptierten Teil annimmt oder auf den vollen Betrag klagt.
Eine Teilzustimmung kann strategisch sinnvoll sein: Sie zeigen Kooperationsbereitschaft, begrenzen aber Ihr finanzielles Risiko. Im Gerichtsverfahren würde dann nur noch über die Differenz gestritten. Wenn das Gericht feststellt, dass Ihre Teilzustimmung angemessen war, trägt der Vermieter die Prozesskosten. Dieses Risiko scheuen viele Vermieter.
Sonderkündigungsrecht bei Mieterhöhung
Ein oft übersehener Aspekt: Bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB haben Sie ein Sonderkündigungsrecht. Sie können das Mietverhältnis bis zum Ablauf des zweiten Monats nach Zugang des Erhöhungsverlangens außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Die Mieterhöhung tritt dann nicht in Kraft.
Dieses Sonderkündigungsrecht besteht unabhängig von den vereinbarten Kündigungsfristen. Selbst wenn Ihr Mietvertrag eine längere Kündigungsfrist vorsieht, gilt hier die verkürzte Frist. Das Sonderkündigungsrecht gibt Ihnen die Möglichkeit, sich aus einem Mietverhältnis zu lösen, wenn die Miete für Sie nicht mehr tragbar ist – ohne an lange Kündigungsfristen gebunden zu sein.
Mieterhöhung nach Modernisierung
Modernisierungsmaßnahmen berechtigen den Vermieter zu einer gesonderten Mieterhöhung, die unabhängig von der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete erfolgt. Der Vermieter kann jährlich bis zu acht Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen. Diese Umlage ist nicht durch die Kappungsgrenze begrenzt und kann zu erheblichen Mietsteigerungen führen.
Allerdings sind nicht alle Baumaßnahmen Modernisierungen im rechtlichen Sinne. Reine Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten berechtigen nicht zur Mieterhöhung. Eine Modernisierung liegt vor bei energetischer Sanierung, Maßnahmen zur Wassereinsparung, Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöhen, oder Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums. Die Abgrenzung ist oft schwierig und streitanfällig.
Der Vermieter muss Modernisierungsmaßnahmen mindestens drei Monate vor Beginn schriftlich ankündigen. In der Ankündigung muss er Art, Umfang und voraussichtlichen Beginn der Arbeiten sowie die zu erwartende Mieterhöhung mitteilen. Fehlt diese Ankündigung oder ist sie unvollständig, verschiebt sich der Beginn der Mieterhöhung um sechs Monate.
Berechnung der Modernisierungsumlage
Die Berechnung der Modernisierungsumlage ist komplex. Umlagefähig sind nur die Kosten der Modernisierung, nicht die Kosten von Instandhaltungsmaßnahmen, die mit der Modernisierung verbunden sind. Wenn beispielsweise bei einer energetischen Sanierung auch das marode Dach repariert werden muss, sind die Dachkosten herauszurechnen. Der Vermieter muss die Kosten aufschlüsseln.
Außerdem gibt es eine Härtefallregelung: Die Miete darf innerhalb von sechs Jahren nach der Modernisierung nicht um mehr als drei Euro pro Quadratmeter steigen. Bei Mieten unter sieben Euro pro Quadratmeter liegt die Grenze bei zwei Euro. Diese sogenannte Kappungsgrenze für Modernisierungen soll verhindern, dass Mieter durch umfangreiche Modernisierungen aus ihren Wohnungen verdrängt werden.
Checkliste: Modernisierungsumlage prüfen
- Wurde die Modernisierung drei Monate vorher angekündigt?
- Handelt es sich tatsächlich um Modernisierung oder um Instandhaltung?
- Wurden Instandhaltungskosten von den Modernisierungskosten getrennt?
- Ist die Berechnung der Umlage nachvollziehbar dargestellt?
- Wird die Kappungsgrenze für Modernisierungen eingehalten?
- Liegt ein Härtefall vor, der der Erhöhung entgegensteht?
Der Härtefalleinwand
Bei Modernisierungsumlagen können Sie einen Härtefalleinwand erheben. Die Erhöhung ist ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten eine Härte bedeuten würde, die nicht zu rechtfertigen ist. Dabei werden die berechtigten Interessen des Vermieters und der anderen Mieter berücksichtigt.
Ein Härtefall kann vorliegen bei sehr geringem Einkommen, Alter, Krankheit oder wenn die Wohnung für Sie aus anderen Gründen besonders wichtig ist. Den Härtefalleinwand müssen Sie spätestens bis zum Ablauf des Monats erheben, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt. Versäumen Sie diese Frist, können Sie den Einwand später nicht mehr geltend machen – außer Sie kannten den Grund ohne Verschulden vorher nicht.
Rechtsmittel gegen unrechtmäßige Erhöhungen
Wenn Sie eine Mieterhöhung für unrechtmäßig halten, haben Sie verschiedene Handlungsoptionen. Der erste und wichtigste Schritt ist: Stimmen Sie nicht zu und zahlen Sie nicht die erhöhte Miete. Eine voreilige Zahlung kann als konkludente Zustimmung gewertet werden. Zahlen Sie weiterhin nur die bisherige Miete und prüfen Sie das Erhöhungsverlangen in Ruhe.
Im nächsten Schritt sollten Sie das Erhöhungsschreiben auf formelle und inhaltliche Fehler überprüfen. Formelle Fehler sind etwa fehlende Begründung, falsche Adressierung oder Nichteinhaltung von Fristen. Inhaltliche Fehler betreffen die Berechnung selbst – etwa falsche Einordnung im Mietspiegel, fehlerhafte Berücksichtigung von Wohnwertmerkmalen oder Überschreitung der Kappungsgrenze.
Wenn Sie Fehler gefunden haben, können Sie dem Vermieter schriftlich mitteilen, dass Sie der Erhöhung nicht zustimmen, und die Gründe darlegen. Oft führt dies bereits zu einer Einigung oder dazu, dass der Vermieter sein Erhöhungsverlangen zurückzieht oder korrigiert. Bleibt der Vermieter bei seiner Forderung, muss er auf Zustimmung klagen – das Risiko liegt dann bei ihm.
Das Verfahren der Zustimmungsklage
Klagt der Vermieter auf Zustimmung, findet ein reguläres Zivilverfahren vor dem Amtsgericht statt. Das Gericht prüft alle Voraussetzungen der Mieterhöhung – sowohl formelle als auch materielle. Sie können im Verfahren alle Einwände vorbringen, die Sie haben. Das Gericht ist nicht an Ihre vorgerichtlich geäußerten Einwände gebunden; Sie können auch neue Punkte aufwerfen.
Wenn das Gericht die Erhöhung für teilweise berechtigt hält, verurteilt es Sie zur Teilzustimmung. Die Kostenverteilung richtet sich dann danach, wer in welchem Umfang obsiegt hat. Gewinnt der Vermieter vollständig, tragen Sie die Kosten. Gewinnt er nur teilweise, werden die Kosten geteilt. Dieses Kostenrisiko ist für beide Seiten ein Anreiz zur außergerichtlichen Einigung.
Praxis-Tipp: Dokumentation für den Ernstfall
Führen Sie von Anfang an eine Akte zu Ihrer Wohnung. Sammeln Sie alle Mieterhöhungsschreiben, Ihre Antworten, den aktuellen Mietspiegel und Fotos von Mängeln oder besonderen Merkmalen der Wohnung. Diese Dokumentation kann im Streitfall entscheidend sein – insbesondere wenn es um wohnwertmindernde Faktoren geht, die der Vermieter nicht berücksichtigt hat.
Unterstützung durch Mietervereine
Mietervereine bieten ihren Mitgliedern rechtliche Beratung und oft auch Rechtsschutz bei Mietstreitigkeiten. Die Mitgliedschaft kostet in der Regel einen überschaubaren Jahresbeitrag und umfasst die Prüfung von Mieterhöhungen, Beratung zu Ihren Rechten und teilweise die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung. Bei komplexen Fällen kann die Unterstützung durch erfahrene Mietrechtsexperten den Unterschied machen.
Auch wenn Sie kein Mitglied in einem Mieterverein sind, lohnt sich die rechtliche Prüfung einer Mieterhöhung oft. Die Kosten einer Beratung stehen häufig in keinem Verhältnis zu den Einsparungen, die sich durch eine erfolgreiche Abwehr der Erhöhung ergeben. Eine Mieterhöhung von 100 Euro monatlich bedeutet 1.200 Euro im Jahr – und summiert sich über die Jahre erheblich.
Beispiel: Erfolgreicher Widerspruch durch Detailprüfung
Familie S. erhielt eine Mieterhöhung um 150 Euro monatlich, begründet mit dem örtlichen Mietspiegel. Bei genauer Prüfung stellte sich heraus, dass der Vermieter die Wohnung in die falsche Baualtersklasse eingeordnet hatte – er ging von einem Baujahr nach 1990 aus, obwohl das Haus 1985 errichtet wurde. Außerdem fehlte die Berücksichtigung des fehlenden Balkons als wohnwertminderndes Merkmal. Nach Hinweis auf diese Fehler reduzierte der Vermieter seine Forderung auf 60 Euro monatlich.
