Verfassungsrechtliche Grundlagen des Rechts auf Studium
Der Ablehnungsbescheid liegt vor Ihnen. Nach Jahren der Vorbereitung, dem bestandenen Abitur und der sorgfältigen Bewerbung kommt die ernüchternde Nachricht: Kein Studienplatz. Doch bevor Sie resignieren, sollten Sie wissen: Das Grundgesetz steht auf Ihrer Seite. Die Frage ist nur, wie Sie dieses Recht durchsetzen können.
Das Recht auf Studium ist in Deutschland kein bloßes Privileg, sondern verfassungsrechtlich verankert. Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert die freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner wegweisenden Rechtsprechung klargestellt, dass diese Berufsfreiheit auch den Zugang zu Hochschulen umfasst. Wer einen bestimmten Beruf anstrebt, muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, das dafür erforderliche Studium aufzunehmen.
Teilhaberecht auf Bildung und staatliche Pflichten
Aus der Berufsfreiheit leitet sich ein sogenanntes Teilhaberecht ab. Dieses bedeutet, dass der Staat verpflichtet ist, ausreichend Studienplätze zur Verfügung zu stellen. Allerdings handelt es sich nicht um einen unbedingten Anspruch auf einen bestimmten Studienplatz an einer bestimmten Hochschule. Vielmehr besteht ein Recht auf chancengleiche Teilhabe an den vorhandenen Kapazitäten. Der Staat muss sicherstellen, dass jeder Bewerber eine faire Chance erhält.
Das Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz verstärkt dieses Teilhaberecht zusätzlich. Der Staat ist gehalten, Bildungschancen möglichst gerecht zu verteilen und Benachteiligungen auszugleichen. Aus dieser Verpflichtung ergeben sich konkrete Anforderungen an die Gestaltung von Zulassungsverfahren und die Ausschöpfung vorhandener Kapazitäten.
Kapazitätserschöpfungsgrundsatz als Kernprinzip
Ein zentrales Element des Rechts auf Studium ist der Kapazitätserschöpfungsgrundsatz. Hochschulen sind verfassungsrechtlich verpflichtet, ihre Aufnahmekapazitäten vollständig auszuschöpfen. Sie müssen so viele Studierende aufnehmen, wie es ihre personellen und sachlichen Ressourcen erlauben. Eine künstliche Verknappung von Studienplätzen ist rechtswidrig.
Die Ermittlung der tatsächlichen Kapazität erfolgt durch komplexe Berechnungen, die auf der Kapazitätsverordnung des jeweiligen Bundeslandes basieren. Dabei werden Faktoren wie Lehrpersonal, Räumlichkeiten, Laborplätze und Betreuungsrelationen berücksichtigt. Fehler in dieser Berechnung können dazu führen, dass weniger Studienplätze vergeben werden als eigentlich möglich wären – und genau hier setzt die Studienplatzklage an.
Praxis-Tipp: Kapazitätsberechnungen verstehen und prüfen
Fordern Sie bei der Hochschule die Kapazitätsberechnung für Ihren gewünschten Studiengang an. Diese Unterlagen sind in der Regel öffentlich zugänglich. Unstimmigkeiten in der Berechnung – etwa unberücksichtigte Lehraufträge oder falsch angesetzte Curricularnormwerte – können ein Ansatzpunkt für rechtliche Schritte sein.
Hochschulzugang und formelle Voraussetzungen
Bevor überhaupt über Zulassungsquoten und Auswahlverfahren nachgedacht werden kann, müssen Studienbewerber zunächst die formellen Voraussetzungen für den Hochschulzugang erfüllen. Diese Hürde ist der erste Filter im Bewerbungsprozess und entscheidet darüber, ob eine Bewerbung überhaupt inhaltlich geprüft wird.
Die Hochschulzugangsberechtigung ist das Eingangstor zum Studium. In Deutschland wird sie typischerweise durch das Abitur erworben, das die allgemeine Hochschulreife vermittelt. Daneben existieren weitere Wege: Die Fachhochschulreife berechtigt zum Studium an Fachhochschulen und in manchen Bundesländern auch an Universitäten. Die fachgebundene Hochschulreife ermöglicht das Studium bestimmter Fächergruppen.
Alternative Zugangswege und berufliche Qualifikation
Zunehmend öffnen sich Hochschulen auch für Bewerber ohne klassische Hochschulreife. Wer eine Meisterprüfung oder eine gleichwertige berufliche Fortbildung abgeschlossen hat, kann in der Regel ein Studium aufnehmen. Auch beruflich Qualifizierte mit mehrjähriger Berufserfahrung können unter bestimmten Voraussetzungen studieren. Die konkreten Regelungen unterscheiden sich jedoch erheblich zwischen den Bundesländern.
Diese alternativen Zugangswege sind rechtlich abgesichert. Die Kultusministerkonferenz hat entsprechende Beschlüsse gefasst, die in Landesrecht umgesetzt wurden. Bewerber, die diese Voraussetzungen erfüllen, haben einen Rechtsanspruch darauf, dass ihre Bewerbung gleichwertig behandelt wird.
Formelle Anforderungen und häufige Fallstricke
Neben der Hochschulzugangsberechtigung müssen Bewerber zahlreiche formelle Anforderungen beachten. Bewerbungsfristen sind dabei besonders kritisch. Für das Wintersemester endet die Bewerbungsfrist typischerweise am 15. Juli, für das Sommersemester am 15. Januar. Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen, die über hochschulstart.de vergeben werden, gelten teilweise abweichende Fristen.
Die Bewerbungsunterlagen müssen vollständig und korrekt eingereicht werden. Fehlende Nachweise, unleserliche Dokumente oder formale Fehler können zur sofortigen Ablehnung führen – unabhängig von der Qualifikation des Bewerbers. Hochschulen sind nicht verpflichtet, auf fehlende Unterlagen hinzuweisen oder Nachfristen zu gewähren.
Checkliste: Vollständige Bewerbungsunterlagen
- Beglaubigte Kopie des Abiturzeugnisses oder der Hochschulzugangsberechtigung
- Vollständig ausgefülltes und unterschriebenes Bewerbungsformular
- Aktuelles Passfoto bei Hochschulen, die dies verlangen
- Nachweis über Sprachkenntnisse bei internationalen Studiengängen
- Motivationsschreiben und Lebenslauf bei Studiengängen mit Eignungsprüfung
- Nachweis über Vorpraktika, falls diese gefordert werden
- Bei Masterbewerbungen: Nachweis des Bachelorabschlusses oder aktuelle Leistungsübersicht
Numerus clausus und seine rechtlichen Grenzen
Der Numerus clausus – kurz NC – ist für viele Studienbewerber das größte Hindernis auf dem Weg zum Wunschstudium. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff, und welche rechtlichen Grenzen bestehen für die Zulassungsbeschränkung?
Der Begriff Numerus clausus bedeutet wörtlich übersetzt "geschlossene Zahl" und bezeichnet die Beschränkung der Zulassung zu einem Studiengang. Wenn die Nachfrage das Angebot an Studienplätzen übersteigt, werden Auswahlkriterien angewandt. Der am häufigsten verwendete Maßstab ist dabei die Durchschnittsnote des Abiturs. Allerdings ist der NC kein fester Wert, sondern ergibt sich erst nach Abschluss des Auswahlverfahrens als die Note des zuletzt zugelassenen Bewerbers.
Verfassungsmäßigkeit der Zulassungsbeschränkung
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mehrfach mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen Zulassungsbeschränkungen verfassungsgemäß sind. In seinem grundlegenden Numerus-clausus-Urteil von 1972 stellte das Gericht fest, dass absolute Zulassungsbeschränkungen nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sind. Sie müssen zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebs erforderlich sein und dürfen nur als letztes Mittel eingesetzt werden.
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alles ihm Mögliche zu tun, um Kapazitäten zu erweitern und Zulassungsbeschränkungen zu vermeiden oder zumindest zu mildern. Diese sogenannte Kapazitätserweiterungspflicht ist ein wichtiger Aspekt des Grundrechtsschutzes. Verstößt eine Hochschule gegen diese Pflicht, kann dies die Rechtswidrigkeit der Zulassungsbeschränkung begründen.
Vielfalt der Auswahlkriterien als Verfassungsgebot
Ein wichtiger verfassungsrechtlicher Grundsatz betrifft die Auswahl der Kriterien selbst. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner jüngeren Rechtsprechung zum Medizinstudium klargestellt, dass die Abiturnote allein kein ausreichendes Auswahlkriterium sein darf. Die Hochschulen müssen weitere eignungsrelevante Kriterien berücksichtigen, um eine hinreichend differenzierte Auswahl zu gewährleisten.
Diese Rechtsprechung hat weitreichende Folgen für die Gestaltung von Auswahlverfahren. Hochschulen müssen neben der Note auch andere Faktoren einbeziehen – etwa Auswahlgespräche, studiengangspezifische Tests, Berufserfahrung oder besondere Qualifikationen. Die alleinige Abstufung nach der Abiturdurchschnittsnote ist verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar.
Beispiel: Erfolgreiche Anfechtung eines NC-Verfahrens
Ein Bewerber für einen medizinischen Studiengang wurde mit einer Abiturnote von 1,8 abgelehnt. Der NC lag bei 1,2. Im Rahmen einer Kapazitätsklage wurde festgestellt, dass die Hochschule bei der Kapazitätsberechnung mehrere Lehrdeputate nicht berücksichtigt hatte. Zudem hatte sie ausgeschiedene Professoren noch als lehrend geführt, obwohl deren Stellen bereits nachbesetzt waren. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Hochschule, den Bewerber vorläufig zum Studium zuzulassen.
Auswahlverfahren und Rechtmäßigkeitsprüfung
Die Gestaltung von Auswahlverfahren unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. Nicht jedes Kriterium, das eine Hochschule anlegen möchte, ist auch zulässig. Bewerber haben das Recht, die Rechtmäßigkeit der angewandten Verfahren überprüfen zu lassen.
Grundsätzlich müssen Auswahlkriterien geeignet sein, die Eignung für das angestrebte Studium zu prognostizieren. Sie müssen zudem transparent und nachvollziehbar sein. Willkürliche oder sachfremde Kriterien sind unzulässig. Die Hochschulen tragen die Beweislast dafür, dass ihre Auswahlverfahren diesen Anforderungen genügen.
Hochschuleigene Auswahlverfahren im Detail
Viele Hochschulen führen eigene Auswahlverfahren durch, die über die bloße Berücksichtigung der Abiturnote hinausgehen. Zu den häufig eingesetzten Instrumenten gehören Auswahlgespräche, in denen Motivation und Eignung der Bewerber geprüft werden. Solche Gespräche müssen nach standardisierten Kriterien durchgeführt werden, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Studiengangspezifische Eignungstests sind ein weiteres verbreitetes Instrument. Der Test für medizinische Studiengänge (TMS) etwa wird von vielen medizinischen Fakultäten als zusätzliches Kriterium herangezogen. Die Ergebnisse solcher Tests können die Chancen von Bewerbern mit nicht optimaler Abiturnote erheblich verbessern. Allerdings müssen auch diese Tests wissenschaftlichen Standards genügen und tatsächlich studienrelevante Fähigkeiten messen.
Transparenzgebot und Informationsrechte
Bewerber haben einen Anspruch darauf, die Kriterien und Gewichtungen des Auswahlverfahrens zu erfahren. Die Hochschulen müssen ihre Auswahlsatzungen veröffentlichen und transparent darlegen, nach welchen Maßstäben sie entscheiden. Diese Transparenz ist Voraussetzung dafür, dass Bewerber ihre Chancen realistisch einschätzen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten können.
Auch nach erfolgter Auswahl besteht ein Informationsrecht. Abgelehnte Bewerber können Auskunft darüber verlangen, warum sie nicht berücksichtigt wurden und wie ihre Bewerbung im Vergleich zu erfolgreichen Bewerbern bewertet wurde. Diese Informationen sind essentiell für die Entscheidung, ob ein Widerspruch sinnvoll erscheint.
Praxis-Tipp: Auswahlsatzung vor der Bewerbung studieren
Lesen Sie vor Ihrer Bewerbung die Auswahlsatzung der Hochschule sorgfältig durch. Diese finden Sie in der Regel auf der Website der Hochschule oder im Amtsblatt. Achten Sie besonders auf die Gewichtung verschiedener Kriterien und nutzen Sie alle Möglichkeiten, Zusatzpunkte zu sammeln – etwa durch Berufserfahrung, Freiwilligendienste oder fachspezifische Qualifikationen.
Härtefallregelungen und Nachteilsausgleich
Nicht alle Bewerber starten unter gleichen Bedingungen in das Rennen um Studienplätze. Krankheiten, Behinderungen, familiäre Belastungen oder andere außergewöhnliche Umstände können die schulische Leistung beeinträchtigt haben, ohne dass dies die tatsächliche Eignung für ein Studium widerspiegelt. Für diese Situationen existieren Härtefallregelungen und Nachteilsausgleiche.
Die Härtefallquote reserviert einen Teil der Studienplätze für Bewerber, die aufgrund besonderer Umstände sofort zugelassen werden müssen. Typischerweise werden zwei bis drei Prozent der Studienplätze über diese Quote vergeben. Die Voraussetzungen sind bewusst eng gefasst: Es muss eine außergewöhnliche Härte vorliegen, die das sofortige Studium zwingend erfordert.
Anerkannte Härtefallgründe im Überblick
Als Härtefallgründe werden typischerweise anerkannt: eine Erkrankung, die sich ohne sofortigen Studienbeginn verschlechtern würde und ein späteres Studium unmöglich machen könnte. Auch die Pflege eines nahen Angehörigen, die nur an einem bestimmten Studienort möglich ist, kann einen Härtefall begründen. Finanzielle Notlagen allein genügen hingegen in der Regel nicht.
Die Beweislast für das Vorliegen eines Härtefalls liegt beim Bewerber. Erforderlich sind in der Regel ärztliche Atteste, amtliche Bescheinigungen oder andere geeignete Nachweise. Diese müssen konkret darlegen, warum gerade in diesem Fall eine sofortige Zulassung zwingend notwendig ist und ein Zuwarten unzumutbar wäre.
Nachteilsausgleich bei Behinderung und chronischer Erkrankung
Vom Härtefall zu unterscheiden ist der Nachteilsausgleich. Dieser dient dazu, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, die sich auf die Abiturnote ausgewirkt haben. Hat etwa eine chronische Erkrankung während der Schulzeit zu erheblichen Fehlzeiten geführt und dadurch die Abiturnote verschlechtert, kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden.
Der Nachteilsausgleich führt nicht zu einer automatischen Zulassung, sondern zu einer Verbesserung der Bewertung im Auswahlverfahren. Die Abiturnote kann rechnerisch angehoben werden, oder der Bewerber wird in einer günstigeren Quote berücksichtigt. Die konkreten Regelungen unterscheiden sich je nach Bundesland und Hochschule erheblich.
Beispiel: Erfolgreicher Härtefallantrag
Eine Bewerberin litt an einer fortschreitenden Augenerkrankung, die ohne baldige Behandlung zur Erblindung führen würde. Ihr Berufswunsch war Physiotherapeutin, wofür sie ein Studium der Sportwissenschaft anstrebte. Sie legte ärztliche Atteste vor, die belegten, dass ein Studium nach Eintritt der Erblindung nicht mehr möglich wäre. Die Hochschule erkannte den Härtefall an und erteilte die Zulassung außerhalb des regulären Auswahlverfahrens.
Widerspruchsverfahren und Studienplatzklage
Die Ablehnung ist da – aber das muss nicht das Ende sein. Das deutsche Verwaltungsrecht bietet Bewerbern verschiedene Möglichkeiten, sich gegen eine ablehnende Entscheidung zur Wehr zu setzen. Der Weg führt zunächst über das Widerspruchsverfahren und kann bei dessen Erfolglosigkeit vor Gericht enden.
Der Widerspruch ist der erste formelle Schritt gegen einen Ablehnungsbescheid. Er muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids bei der Hochschule eingelegt werden. Diese Frist ist zwingend einzuhalten – wird sie versäumt, wird der Bescheid bestandskräftig und kann grundsätzlich nicht mehr angefochten werden.
Ablauf und Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens
Im Widerspruchsverfahren prüft die Hochschule ihre Entscheidung noch einmal. Sie ist dabei nicht an die Argumente des Widerspruchsführers gebunden, sondern prüft den gesamten Sachverhalt erneut. Stellt sie einen Fehler fest, kann sie dem Widerspruch abhelfen und die Zulassung erteilen. Hält sie ihre Entscheidung für richtig, erlässt sie einen Widerspruchsbescheid.
Die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs hängen stark vom Einzelfall ab. Bei rein formalen Ablehnungen – etwa wegen verspäteter Bewerbung oder fehlender Unterlagen – sind die Aussichten gering, sofern der formale Mangel tatsächlich vorlag. Bei inhaltlichen Fragen, etwa zur Bewertung von Auswahlkriterien oder zur Kapazitätsberechnung, können die Chancen deutlich besser stehen.
Grundlagen der Studienplatzklage
Bleibt der Widerspruch erfolglos, steht der Weg zum Verwaltungsgericht offen. Die Studienplatzklage zielt darauf ab, die Hochschule zur Zulassung zu verpflichten. Dabei gibt es zwei grundlegend verschiedene Ansätze: Die Anfechtung des konkreten Ablehnungsbescheids und die sogenannte Kapazitätsklage.
Die Kapazitätsklage ist der in der Praxis bedeutsamere Weg. Sie beruht auf der These, dass die Hochschule ihre tatsächliche Kapazität nicht vollständig ausgeschöpft hat und daher mehr Studienplätze zur Verfügung stehen als offiziell vergeben wurden. Das Gericht prüft dann die Kapazitätsberechnung der Hochschule und kann sie zur Aufnahme weiterer Studierender verpflichten.
Checkliste: Vorbereitung auf die Studienplatzklage
- Widerspruch fristgerecht einlegen und Eingang dokumentieren
- Alle Bewerbungsunterlagen und den Ablehnungsbescheid aufbewahren
- Kapazitätsberechnung der Hochschule anfordern
- Fristen für das Eilverfahren beachten – meist nur wenige Wochen nach Semesterbeginn
- Finanzierung der Verfahrenskosten klären
- Parallelklagen an mehreren Hochschulen prüfen
Eilverfahren und vorläufiger Rechtsschutz
Verwaltungsgerichtliche Verfahren können Monate oder sogar Jahre dauern. Für Studienbewerber ist das ein Problem: Das Semester beginnt, und ohne Zulassung können sie nicht teilnehmen. Selbst wenn sie Jahre später Recht bekommen, hätten sie wertvolle Zeit verloren. Deshalb spielt das Eilverfahren bei Studienplatzklagen eine zentrale Rolle.
Das Eilverfahren – juristisch als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezeichnet – ermöglicht eine vorläufige Zulassung zum Studium, noch bevor das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Das Gericht trifft eine summarische Prüfung und entscheidet, ob die Zulassung vorläufig zu gewähren ist.
Voraussetzungen für den Erfolg im Eilverfahren
Für den Erfolg im Eilverfahren müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass er einen Anspruch auf Zulassung hat (Anordnungsanspruch). Zudem muss er darlegen, dass die Sache so eilig ist, dass eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden kann (Anordnungsgrund). Bei Studienplatzklagen liegt der Anordnungsgrund typischerweise auf der Hand: Ohne vorläufige Zulassung kann das Studium nicht begonnen werden.
Der Anordnungsanspruch erfordert eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in der Hauptsache. Das Gericht prüft summarisch, ob die Kapazitätsberechnung der Hochschule fehlerhaft ist oder ob andere Gründe für eine Zulassung sprechen. Eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts erfolgt im Eilverfahren nicht.
Losverfahren und weitere Zugangswege
Neben der gerichtlichen Durchsetzung existieren weitere Möglichkeiten, doch noch einen Studienplatz zu erhalten. Die meisten Hochschulen führen Nachrückverfahren durch, wenn zugelassene Bewerber ihren Platz nicht annehmen. Darüber hinaus gibt es an vielen Hochschulen Losverfahren für Studienplätze, die nach Abschluss aller Vergabeverfahren noch frei sind.
Die Teilnahme am Losverfahren ist meist formlos möglich und kostet nichts außer einer kurzen Bewerbung. Die Chancen sind statistisch zwar gering, aber der Aufwand ist minimal. Es empfiehlt sich daher, parallel zu anderen Maßnahmen auch diese Option zu nutzen.
Praxis-Tipp: Mehrere Verfahren parallel führen
Führen Sie Eilverfahren parallel an mehreren Hochschulen, wenn Sie flexibel hinsichtlich des Studienorts sind. Die Erfolgsaussichten unterscheiden sich je nach Hochschule und Studiengang erheblich. Beachten Sie dabei, dass jedes Verfahren eigene Kosten verursacht – eine vorherige Recherche zur Erfolgslage an den verschiedenen Standorten kann sich auszahlen.
Besonderheiten für internationale Studierende
Für Studienbewerber aus dem Ausland gelten teilweise andere Regeln als für deutsche Staatsangehörige. Diese Besonderheiten betreffen sowohl die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse als auch die Zulassungsverfahren selbst. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Bewerbern aus EU-Staaten und solchen aus Drittstaaten.
EU-Bürger genießen im Hochschulzugang grundsätzlich die gleichen Rechte wie deutsche Staatsangehörige. Das europäische Freizügigkeitsrecht verbietet eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. EU-Ausländer dürfen daher nicht in gesonderte Quoten gedrängt oder mit zusätzlichen Hürden konfrontiert werden, die für Deutsche nicht gelten.
Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse
Die Anerkennung ausländischer Hochschulzugangsberechtigungen erfolgt nach den Richtlinien der Kultusministerkonferenz. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) stellt Informationen zur Vergleichbarkeit ausländischer Abschlüsse bereit. Viele Hochschulen verlangen eine Bewertung durch uni-assist, eine zentrale Stelle für die Vorprüfung ausländischer Bewerbungen.
Bei der Umrechnung ausländischer Noten in das deutsche Notensystem können sich Nachteile ergeben. Die Umrechnungsformeln sind nicht immer präzise und berücksichtigen nicht alle Besonderheiten nationaler Bildungssysteme. Bewerber sollten prüfen, ob die Umrechnung korrekt erfolgt ist, und gegebenenfalls Einwände erheben.
Aufenthaltsrechtliche Anforderungen für Nicht-EU-Bürger
Studienbewerber aus Drittstaaten benötigen für ein Studium in Deutschland einen entsprechenden Aufenthaltstitel. In der Regel ist dies ein Visum zu Studienzwecken, das bei der deutschen Auslandsvertretung im Heimatland beantragt werden muss. Voraussetzung ist in der Regel eine Zulassung oder zumindest eine bedingte Zulassung einer deutschen Hochschule.
Die aufenthaltsrechtlichen Verfahren können zeitaufwendig sein und sollten frühzeitig eingeleitet werden. Ein abgelehnter Visumantrag kann mit einem Widerspruch oder einer Klage angefochten werden. Die Erfolgsaussichten hängen dabei von den Gründen der Ablehnung ab – lag es an fehlenden finanziellen Mitteln, mangelnden Sprachkenntnissen oder Zweifeln an der Rückkehrabsicht?
Beispiel: Studienplatzklage eines EU-Bürgers
Ein französischer Staatsangehöriger bewarb sich für einen zulassungsbeschränkten Studiengang an einer deutschen Universität. Seine Bewerbung wurde einer gesonderten "Ausländerquote" zugeordnet, die nur fünf Prozent der Studienplätze umfasste. Der Bewerber klagte und berief sich auf das europäische Diskriminierungsverbot. Das Verwaltungsgericht gab ihm Recht: Als EU-Bürger hätte er im regulären Verfahren zusammen mit deutschen Bewerbern berücksichtigt werden müssen. Die Hochschule musste ihn zum Studium zulassen.
Das Recht auf Studium ist mehr als ein abstraktes Verfassungsprinzip. Es ist ein durchsetzbarer Anspruch, der Bewerbern konkrete Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Wer mit einer Ablehnung konfrontiert wird, sollte diese nicht einfach hinnehmen, sondern die rechtlichen Möglichkeiten prüfen. Die Fristen sind kurz, aber die Chancen können real sein. Ein verweigerter Studienplatz muss nicht das letzte Wort sein – das Grundgesetz gibt Ihnen Werkzeuge an die Hand, um Ihr Recht auf Bildung durchzusetzen.
