Was ist ein Strafbefehl wegen illegalen Glücksspiels?
Der Brief vom Amtsgericht liegt auf dem Tisch. Strafbefehl. Geldstrafe wegen unerlaubten Glücksspiels. Frist: zwei Wochen. In diesem Moment fragen sich viele Betroffene, wie es überhaupt so weit kommen konnte – und was jetzt zu tun ist. Der Strafbefehl ist dabei kein Urteil im klassischen Sinne, sondern ein vereinfachtes Verfahren, das die Staatsanwaltschaft bei weniger schwerwiegenden Delikten anwendet.
Im deutschen Strafprozessrecht ermöglicht der Strafbefehl eine schnelle Erledigung von Strafsachen ohne aufwendige Hauptverhandlung. Das Amtsgericht erlässt den Strafbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft, wenn der Sachverhalt aus deren Sicht eindeutig erscheint. Bei Glücksspieldelikten kommt dieses Verfahren besonders häufig zum Einsatz, da die Ermittlungen oft durch digitale Spuren wie Zahlungsströme oder Serverprotokolle untermauert werden.
Der Strafbefehl enthält alle wesentlichen Angaben zum Tatvorwurf: die konkrete Tat, den Tatzeitraum, die angewandte Strafnorm und die verhängte Sanktion. Bei illegalem Glücksspiel wird typischerweise auf § 284 StGB (unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels) oder § 285 StGB (Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel) verwiesen. Die Strafe besteht meist aus einer Geldstrafe, die in Tagessätzen bemessen wird.
Unterschied zwischen Strafbefehl und regulärer Anklage
Während eine reguläre Anklage zwingend zu einer Hauptverhandlung führt, in der Zeugen vernommen und Beweise gewürdigt werden, verzichtet der Strafbefehl auf diesen Aufwand. Das Gericht prüft lediglich die Akten und entscheidet auf dieser Grundlage. Für den Beschuldigten bedeutet das: Ohne eigenes Zutun wird eine Strafe festgesetzt, die ohne Widerspruch rechtskräftig wird. Der Strafbefehl steht dann einem Urteil gleich – mit allen Konsequenzen für das Führungszeugnis und die persönliche Zukunft.
Diese Verfahrensart birgt Risiken, aber auch Chancen. Wer innerhalb der Frist Einspruch einlegt, erzwingt die mündliche Verhandlung. Dort kann der Sachverhalt neu aufgerollt werden, und nicht selten ergibt sich ein anderes Bild als in den Ermittlungsakten dargestellt. Gleichzeitig besteht bei einem Einspruch auch das Risiko einer höheren Strafe, wenn das Gericht die Vorwürfe als schwerwiegender bewertet.
Praxis-Tipp: Zustellung genau dokumentieren
Notieren Sie sich sofort das Datum, an dem Sie den Strafbefehl erhalten haben. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt mit der Zustellung – nicht mit dem Ausstellungsdatum des Dokuments. Im Zweifelsfall gilt der Vermerk auf dem gelben Umschlag oder der Empfangsbestätigung. Versäumen Sie die Frist, wird der Strafbefehl automatisch rechtskräftig und eine Vorstrafe ist die Folge.
Wann liegt illegales Glücksspiel vor?
Nicht jedes Spiel um Geld ist automatisch illegal. Das deutsche Recht unterscheidet präzise zwischen erlaubten und unerlaubten Formen des Glücksspiels. Die zentrale Voraussetzung für legales Glücksspiel ist eine behördliche Genehmigung. Fehlt diese Erlaubnis, bewegt sich der Veranstalter – und unter Umständen auch der Teilnehmer – im Bereich der Strafbarkeit nach den §§ 284 ff. StGB.
Der Glücksspielbegriff selbst ist im Gesetz definiert: Ein Glücksspiel liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt und für die Teilnahme ein Entgelt verlangt wird. Typische Beispiele sind Roulette, Spielautomaten, Sportwetten und bestimmte Kartenspiele. Entscheidend ist dabei nicht der subjektive Eindruck, sondern eine objektive Bewertung des Spielmechanismus.
Seit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 gelten in Deutschland einheitliche Regelungen für Online-Glücksspiele. Anbieter benötigen eine deutsche Lizenz, um legal operieren zu können. Viele ausländische Plattformen verfügen jedoch nicht über diese Genehmigung. Wer dort spielt, setzt sich dem Risiko einer Strafverfolgung aus – auch wenn die Webseite professionell wirkt und in anderen EU-Ländern lizenziert ist.
Strafbarkeit für Veranstalter und Teilnehmer
Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen zwei Tätergruppen: § 284 StGB richtet sich gegen Veranstalter und Betreiber illegaler Glücksspiele. Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen. Wer gewerbsmäßig handelt oder eine größere Organisation betreibt, muss mit deutlich höheren Strafen rechnen. § 285 StGB erfasst hingegen die Teilnehmer an illegalen Spielen – also die Spieler selbst. Auch für sie gilt ein Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten.
In der Praxis werden Teilnehmer seltener verfolgt als Veranstalter. Dennoch zeigen die Ermittlungsbehörden zunehmend Interesse an der Spielerseite, insbesondere wenn größere Geldsummen im Spiel sind. Die Verfolgung wird durch internationale Amtshilfe und den Zugriff auf Zahlungsdaten erleichtert. Wer regelmäßig bei unlizenzierten Anbietern spielt, sollte sich der Risiken bewusst sein.
Beispiel: Pokerspiel im privaten Rahmen
Herr M. organisiert regelmäßig Pokerabende mit Freunden. Es wird um Geld gespielt, die Einsätze bewegen sich im zweistelligen Bereich. Nach einer anonymen Anzeige ermittelt die Polizei. Das Verfahren wird jedoch eingestellt: Private Spielrunden ohne öffentlichen Charakter und ohne dass der Veranstalter einen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, fallen nicht unter § 284 StGB. Anders wäre es, wenn Herr M. Eintritt verlangt oder einen Anteil der Spielgewinne einbehält.
Abgrenzung zum Geschicklichkeitsspiel
Die Unterscheidung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel ist rechtlich bedeutsam. Bei Geschicklichkeitsspielen überwiegt das Können des Spielers den Zufallsfaktor. Klassische Beispiele sind Schach, Skat in bestimmten Formaten oder Dart. Diese Spiele fallen nicht unter die Glücksspielregulierung, selbst wenn um Geld gespielt wird. Die Abgrenzung ist jedoch im Einzelfall schwierig und Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren.
Poker nimmt eine Sonderstellung ein: Obwohl erfahrene Spieler langfristig erfolgreicher sind, wird das Spiel in Deutschland überwiegend als Glücksspiel eingestuft. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Zufallselemente – Kartenverteilung, unbekannte Hände der Gegner – das Geschicklichkeitselement überwiegen. Online-Poker ohne deutsche Lizenz bleibt damit illegal.
Welche Strafen drohen bei illegalem Glücksspiel?
Die Sanktionen für illegales Glücksspiel variieren erheblich je nach Rolle des Beschuldigten und Umfang der Tat. Das Gesetz sieht einen breiten Strafrahmen vor, der von einer moderaten Geldstrafe bis hin zu mehrjähriger Freiheitsstrafe reicht. In der Praxis orientieren sich die Gerichte an verschiedenen Faktoren: der wirtschaftlichen Dimension, der Dauer der Tatbegehung, etwaigen Vorstrafen und der Kooperationsbereitschaft des Beschuldigten.
Für Veranstalter nach § 284 StGB beträgt der Strafrahmen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Bei gewerbsmäßigem Handeln oder als Mitglied einer Bande erhöht sich die Obergrenze auf fünf Jahre. Die Gerichte verhängen in solchen Fällen regelmäßig Freiheitsstrafen, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Zusätzlich droht die Einziehung aller erlangten Gewinne nach den Vorschriften über die Vermögensabschöpfung.
Teilnehmer am illegalen Glücksspiel nach § 285 StGB werden milder bestraft. Der Strafrahmen umfasst Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten. In der Mehrzahl der Fälle ergeht ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe. Die Höhe richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten sowie nach dem Umfang der Spieltätigkeit.
Berechnung der Geldstrafe in Tagessätzen
Das deutsche Strafrecht bemisst Geldstrafen in Tagessätzen. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt die Schwere der Tat wider und reicht von fünf bis zu 360 Tagessätzen. Die Höhe eines einzelnen Tagessatzes entspricht dem Nettoeinkommen des Verurteilten, geteilt durch dreißig. Mindestens beträgt ein Tagessatz einen Euro, nach oben gibt es theoretisch keine Grenze.
Für einen Arbeitnehmer mit einem Nettoeinkommen von 2.400 Euro monatlich ergibt sich ein Tagessatz von 80 Euro. Erhält diese Person eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen, beläuft sich die Gesamtsumme auf 2.400 Euro. Bei Arbeitslosen oder Geringverdienern fällt die absolute Summe entsprechend niedriger aus, während Gutverdiener mit höheren Beträgen rechnen müssen.
Praxis-Tipp: Einkommensnachweis vorbereiten
Legen Sie bei einem Einspruch oder einer Verhandlung aktuelle Einkommensnachweise vor. Viele Beschuldigte versäumen dies, sodass das Gericht von falschen Annahmen ausgeht. Insbesondere bei Arbeitslosigkeit, Teilzeit oder hohen Unterhaltsverpflichtungen kann die korrekte Darstellung Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer deutlich niedrigeren Geldstrafe führen.
Nebenfolgen und Einziehung von Gewinnen
Neben der eigentlichen Strafe ordnen die Gerichte regelmäßig die Einziehung der durch die Tat erlangten Vermögenswerte an. Bei Veranstaltern betrifft dies die gesamten Spieleinnahmen, bei Teilnehmern die erzielten Gewinne. Die Einziehung erfolgt unabhängig davon, ob das Geld noch vorhanden ist – im Zweifelsfall wird ein Wertersatz angeordnet.
Weitere Nebenfolgen können gewerberechtliche Konsequenzen sein. Wer wegen illegalen Glücksspiels verurteilt wird, muss mit dem Verlust von Gewerbeerlaubnissen rechnen oder wird für die Erteilung neuer Lizenzen als unzuverlässig eingestuft. Für bestimmte Berufsgruppen – etwa im Finanzsektor oder öffentlichen Dienst – kann bereits eine geringfügige Verurteilung gravierende berufliche Folgen haben.
Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen
Der Einspruch ist das zentrale Rechtsmittel gegen einen Strafbefehl. Mit ihm verhindert der Beschuldigte, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung rechtskräftig wird. Stattdessen muss das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung anberaumen, in dem der Fall vollständig neu verhandelt wird. Dies eröffnet die Möglichkeit, Beweise zu präsentieren, Zeugen zu hören und den Sachverhalt aus eigener Perspektive darzustellen.
Die Entscheidung für oder gegen einen Einspruch will wohlüberlegt sein. Auf der einen Seite besteht die Chance auf einen Freispruch, eine Verfahrenseinstellung oder zumindest eine mildere Strafe. Auf der anderen Seite kann das Gericht in der Hauptverhandlung auch zu einer höheren Strafe gelangen, wenn es die Tat als schwerwiegender bewertet. Das sogenannte Verschlechterungsverbot gilt beim Einspruch gegen einen Strafbefehl nur eingeschränkt.
Vor der Einspruchsentscheidung empfiehlt sich eine gründliche Analyse der Aktenlage. Welche Beweise liegen vor? Auf welche Zeugenaussagen stützt sich die Staatsanwaltschaft? Gibt es Lücken in der Beweiskette oder rechtliche Schwächen im Tatvorwurf? Diese Fragen bestimmen maßgeblich, ob ein Einspruch erfolgversprechend ist oder ob eine andere Strategie – etwa eine Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen – sinnvoller wäre.
Möglichkeit des beschränkten Einspruchs
Nicht immer ist ein vollständiger Einspruch die beste Wahl. Das Gesetz ermöglicht auch einen sogenannten beschränkten Einspruch, der sich nur gegen die Rechtsfolgen richtet – also die Höhe der Geldstrafe oder andere Sanktionen. In diesem Fall akzeptiert der Beschuldigte den Schuldspruch, bestreitet aber die Angemessenheit der verhängten Strafe.
Der beschränkte Einspruch bietet Vorteile: Das Risiko einer Verschlechterung ist geringer, da nur noch über die Strafhöhe verhandelt wird. Außerdem läuft die Verhandlung schneller ab, weil keine Beweisaufnahme zur Tat selbst erforderlich ist. Diese Variante eignet sich besonders, wenn die Beweislage eindeutig ist, aber die verhängte Strafe unverhältnismäßig erscheint.
Fristen und Formvorschriften beim Einspruch
Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung des Strafbefehls. Diese Frist ist absolut – eine Verlängerung ist nicht möglich, und eine Versäumung führt zur Rechtskraft des Strafbefehls. Die Zustellung erfolgt in der Regel durch Postzustellungsurkunde oder Einschreiben. Das Datum auf dem Zustellungsnachweis ist entscheidend, nicht das Ausstellungsdatum des Strafbefehls.
Für die Fristberechnung gilt: Der Tag der Zustellung zählt nicht mit. Die Frist beginnt am folgenden Tag und endet nach Ablauf von zwei Wochen. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag. Im Zweifelsfall sollte der Einspruch so früh wie möglich eingereicht werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Der Einspruch muss schriftlich beim zuständigen Amtsgericht eingehen. Eine mündliche Erklärung genügt nicht. Alternativ kann der Einspruch zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erklärt werden. Dies ist sinnvoll, wenn die Zeit knapp wird und die schriftliche Übermittlung nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Die Geschäftsstelle dokumentiert den Einspruch und gibt eine Bestätigung aus.
Form und Inhalt des Einspruchsschreibens
An den Einspruch selbst stellt das Gesetz keine hohen formalen Anforderungen. Es genügt ein kurzes Schreiben, das den Strafbefehl eindeutig bezeichnet und die Erklärung enthält, dass Einspruch eingelegt wird. Eine Begründung ist zunächst nicht erforderlich – sie kann später nachgereicht werden. In der Praxis empfiehlt es sich dennoch, bereits im Einspruchsschreiben erste Argumente anzudeuten.
Das Schreiben sollte folgende Angaben enthalten: Name und Anschrift des Beschuldigten, Aktenzeichen des Strafbefehls, Bezeichnung des Gerichts und das Wort „Einspruch" oder eine vergleichbare eindeutige Formulierung. Eine Unterschrift ist zwingend erforderlich. Wer auf Nummer sicher gehen will, sendet den Einspruch per Fax mit Sendebericht oder gibt ihn persönlich bei Gericht ab.
Checkliste: Einspruch gegen Strafbefehl einlegen
- Zustellungsdatum dokumentieren und Fristende berechnen
- Aktenzeichen und Gerichtsbezeichnung dem Strafbefehl entnehmen
- Einspruchsschreiben mit eindeutiger Formulierung verfassen
- Unterschrift nicht vergessen
- Einspruch per Fax, Einschreiben oder persönlich einreichen
- Kopie des Einspruchs und Sendebestätigung aufbewahren
Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis
Wurde die Frist unverschuldet versäumt, besteht unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gründe können eine schwere Erkrankung, ein Krankenhausaufenthalt oder eine fehlerhafte Zustellung sein. Bloße Unkenntnis der Frist oder Nachlässigkeit genügen nicht.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Gleichzeitig ist der versäumte Einspruch nachzuholen. Im Antrag sind die Gründe für die Fristversäumung darzulegen und glaubhaft zu machen – etwa durch ärztliche Atteste oder andere Nachweise. Die Erfolgsaussichten hängen stark vom Einzelfall ab.
Verteidigungsstrategien und Einspruchsbegründung
Eine effektive Verteidigung gegen den Vorwurf des illegalen Glücksspiels erfordert eine gründliche Analyse der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen. Der Strafbefehl basiert auf den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die wiederum auf Aussagen, Dokumenten und digitalen Spuren beruhen. Jede dieser Quellen kann Schwächen aufweisen, die sich für die Verteidigung nutzen lassen.
Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Frage, ob überhaupt ein Glücksspiel im Rechtssinne vorliegt. Nicht jedes Spiel um Geld erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen. Handelt es sich möglicherweise um ein Geschicklichkeitsspiel? War das Spiel tatsächlich öffentlich oder fand es im privaten Rahmen statt? Diese Fragen können einen Freispruch begründen, wenn sie zu Gunsten des Beschuldigten beantwortet werden.
Ein weiterer Ansatz betrifft den subjektiven Tatbestand: das Wissen und Wollen des Beschuldigten. Wusste er, dass das Glücksspiel illegal war? Bei Online-Angeboten, die professionell gestaltet sind und in anderen EU-Ländern lizenziert scheinen, kann ein Irrtum über die Strafbarkeit vorliegen. Zwar schützt dieser Verbotsirrtum nicht automatisch vor Strafe, er kann aber die Schuld mindern oder im Einzelfall zur Straffreiheit führen.
Analyse und Angriff auf die Beweislage
Die Beweislage in Glücksspielverfahren stützt sich häufig auf digitale Daten: Kontoauszüge, Serverprotokolle, E-Mails oder Screenshots. Diese Beweise können auf unterschiedliche Weise angegriffen werden. Sind die Daten ordnungsgemäß erhoben worden? Gibt es Anhaltspunkte für Manipulationen oder Fehler bei der Auswertung? Stammen die Daten tatsächlich vom Beschuldigten oder könnte ein Dritter verantwortlich sein?
Auch Zeugenaussagen verdienen kritische Betrachtung. Anonyme Hinweisgeber können Eigeninteressen verfolgen. Mitbeschuldigte haben möglicherweise Anreize, andere zu belasten, um selbst milder behandelt zu werden. Die Verteidigung kann die Glaubwürdigkeit solcher Aussagen in Frage stellen und auf Widersprüche hinweisen.
Beispiel: Verbotsirrtum bei ausländischem Anbieter
Frau K. spielte regelmäßig bei einem Online-Casino, das mit einer maltesischen Lizenz warb und deutschsprachigen Kundenservice anbot. Sie ging davon aus, dass das Angebot legal sei. Nach Ermittlungen erhielt sie einen Strafbefehl. In der Hauptverhandlung konnte sie glaubhaft machen, dass sie sich über die Rechtslage geirrt hatte und keine Möglichkeit hatte, die Illegalität zu erkennen. Das Gericht stellte das Verfahren gegen eine geringe Auflage ein.
Einstellung des Verfahrens als Ziel
Nicht immer muss ein Einspruch auf einen Freispruch abzielen. In vielen Fällen ist eine Verfahrenseinstellung das realistischere und sinnvollere Ziel. Das Strafprozessrecht kennt verschiedene Einstellungsmöglichkeiten: Nach § 153 StPO kann das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, nach § 153a StPO gegen Auflagen wie eine Geldzahlung oder gemeinnützige Arbeit.
Die Einstellung nach § 153a StPO ist besonders attraktiv, weil sie keine Eintragung im Führungszeugnis zur Folge hat. Der Beschuldigte erfüllt die Auflage, und das Verfahren wird beendet, ohne dass eine Verurteilung erfolgt. Diese Lösung erfordert allerdings die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts. Eine überzeugende Argumentation und Kooperationsbereitschaft erhöhen die Chancen erheblich.
Ablauf der Hauptverhandlung nach Einspruch
Hat der Beschuldigte rechtzeitig Einspruch eingelegt, bestimmt das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung. Diese findet vor dem Strafrichter statt, bei schwerwiegenderen Fällen vor dem Schöffengericht. Der Ablauf folgt den allgemeinen Regeln des Strafprozesses: Aufruf der Sache, Feststellung der Anwesenheit, Verlesung der Anklage, Vernehmung des Angeklagten, Beweisaufnahme, Plädoyers und Urteil.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung verschiedene Rechte. Er kann sich zur Sache äußern oder schweigen, ohne dass daraus negative Schlüsse gezogen werden dürfen. Er kann Beweisanträge stellen, Fragen an Zeugen und Sachverständige richten und am Ende ein letztes Wort sprechen. Diese Rechte sollten aktiv genutzt werden, um die eigene Position zu stärken.
Die Hauptverhandlung bietet die Chance, den Sachverhalt umfassend darzustellen und Zweifel an der Schuld zu wecken. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass das Gericht zu einer ungünstigeren Bewertung gelangt als die Staatsanwaltschaft im Strafbefehl. Eine sorgfältige Vorbereitung ist daher unerlässlich. Alle relevanten Unterlagen, Beweismittel und Argumente sollten vorab zusammengestellt werden.
Rücknahme des Einspruchs
Der Einspruch kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden. In diesem Fall wird der ursprüngliche Strafbefehl rechtskräftig. Diese Option ist sinnvoll, wenn sich in der Verhandlung abzeichnet, dass eine ungünstigere Entscheidung droht. Auch eine teilweise Rücknahme ist möglich – etwa die Beschränkung auf die Strafhöhe bei gleichzeitigem Verzicht auf die Anfechtung des Schuldspruchs.
Die Rücknahme erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Gericht. Sie bedarf keiner besonderen Form und kann auch mündlich in der Hauptverhandlung erfolgen. Nach der Rücknahme kann der Einspruch nicht erneut eingelegt werden. Die Entscheidung sollte daher wohlüberlegt sein und die aktuelle Verhandlungssituation berücksichtigen.
Praxis-Tipp: Verhandlungsstrategie vorher festlegen
Definieren Sie vor der Hauptverhandlung klare Ziele und Grenzen. Ab welchem Punkt würden Sie den Einspruch zurücknehmen? Welche Auflagen wären Sie bereit zu akzeptieren? Diese Überlegungen helfen, in der Verhandlung schnell und besonnen zu reagieren, wenn das Gericht oder die Staatsanwaltschaft Vergleichsvorschläge unterbreiten.
Folgen einer Verurteilung und Eintrag im Führungszeugnis
Wird der Strafbefehl rechtskräftig oder ergeht in der Hauptverhandlung ein Schuldspruch, trägt der Verurteilte eine Vorstrafe. Diese wird im Bundeszentralregister eingetragen und erscheint – je nach Höhe der Strafe – auch im Führungszeugnis. Die Folgen können erheblich sein: berufliche Nachteile, Probleme bei der Wohnungssuche oder Einschränkungen bei der Einreise in bestimmte Länder.
Im einfachen Führungszeugnis erscheinen Geldstrafen erst ab einer Höhe von mehr als 90 Tagessätzen. Darunter liegende Verurteilungen bleiben für Arbeitgeber und Vermieter unsichtbar. Im erweiterten Führungszeugnis, das für Tätigkeiten mit Kindern oder Jugendlichen verlangt wird, gelten jedoch andere Regeln. Dort können auch geringere Strafen erscheinen, insbesondere bei einschlägigen Delikten.
Die Eintragung im Bundeszentralregister bleibt länger bestehen als die Sichtbarkeit im Führungszeugnis. Geldstrafen werden nach drei bis fünf Jahren getilgt, je nach Höhe und Vorstrafen. Erst nach der Tilgung gilt der Betroffene als nicht vorbestraft. In dieser Zeit können erneute Straftaten zu einer deutlichen Verschärfung der Sanktionen führen.
Auswirkungen auf Beruf und Karriere
Bestimmte Berufsgruppen sind besonders von strafrechtlichen Verurteilungen betroffen. Im öffentlichen Dienst kann eine Vorstrafe zur Entlassung führen oder die Einstellung verhindern. Für Beamte gelten strenge Anforderungen an die persönliche Eignung, die durch eine Verurteilung wegen Glücksspieldelikten in Frage gestellt werden können. Auch im Finanzsektor oder bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten drohen Konsequenzen.
Selbstständige und Freiberufler müssen mit gewerberechtlichen Auswirkungen rechnen. Eine Verurteilung kann die Zuverlässigkeit im Sinne der Gewerbeordnung in Frage stellen und zum Widerruf von Erlaubnissen führen. Insbesondere bei Berufen, die mit Glücksspiel oder Finanztransaktionen zu tun haben, ist erhöhte Vorsicht geboten.
Checkliste: Nach einer Verurteilung prüfen
- Führungszeugnis beantragen und Eintrag kontrollieren
- Tilgungsfristen im Bundeszentralregister berechnen
- Berufliche Auswirkungen mit Arbeitgeber oder Kammer klären
- Reiseplanung anpassen – Einreisebestimmungen prüfen
- Weitere Straftaten unbedingt vermeiden – Rückfall wiegt schwer
Tilgung und Löschung der Eintragung
Die Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt automatisch nach Ablauf der gesetzlichen Fristen. Bei Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen beträgt die Frist fünf Jahre, sofern keine weiteren Eintragungen hinzukommen. Mit der Tilgung entfällt auch die Auskunftspflicht gegenüber privaten Stellen. Der Betroffene darf sich dann als nicht vorbestraft bezeichnen.
Eine vorzeitige Löschung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Das Bundeszentralregistergesetz sieht keine allgemeine Begnadigungsregelung vor. Lediglich bei offensichtlichen Fehlern oder rechtswidrigen Eintragungen kann eine Berichtigung verlangt werden. In der Praxis bleibt daher meist nur das Abwarten der regulären Tilgungsfrist als Option.
